zähne mit stumpfen, oft. verbreiterten Kronen, welche aber nur den Zweck haben, ha rte Schalen
und Panzer, durch welche die Nahrungstiere geschützt sind, vor dem Verschlucken zu zertrümmern.
Sie sind aber weniger dazu da, um nach dieser Leistung die aufgenommenen Bissen im Munde noch
weiter in kleine Teile zu zerreißen oder zu zerquetschen, was bei den Landtieren der eigentliche
Zweck des Kauens ist. Es scheint mir, daß die Verdauungssäfte den unverletzten Körper eines
Wassertieres leichter zu durchdringen vermögen, als den eines Landtieres. Jedenfalls is t das bei
konservierenden Flüssigkeiten wie Alkohol oder Formol der Fall. Ein Krebs, ein Fisch, selbst ein
Frosch, die in ganz unverletztem Zustande in eine solche Flüssigkeit gelegt werden, lassen sich auf
diese Weise noch ziemlich befriedigend konservieren, wenn man ihrem größeren Wassergehalt Rechnung
träg t, während ein Reptil oder Säugetier gleicher Größe, selbst ein großes In sek t bei gleicher
Behandlung sehr geneigt sind, in Fäulnis überzugehen, wenn bei ihnen nicht durch Einschnitte
Sorge dafür getragen wird, daß die Konservierungsflüssigkeit leicht ins Innere dringt. Vielleicht ist
dies die Erklärung, warum das typische Gebiß eines reinen Fischfressers allgemein nur aus Fangzähnen
besteht u nd ein Zerkauen der Nahrung unnötig ist. Einige Robben, und bezeichnenderweise
gehören gerade die größten Arten dazu wie Seeelefant un d Walroß, zeigen nur noch kleine, fa s t
rudimentäre Backzähne, was sich wohl dahin deuten läßt, daß ihre Beutetiere schwach sind und
sich fast ohne Widerstand fangen und schlucken lassen. Die Nahrung des Walrosses besteht
in d e r T a t vielfach aus Muscheln, deren Schalen es mit den kleinen, stumpfen Backzähnen
zerdrücken kann.
Größere, kräftige Fische und ähnliche Beutetiere im Wasser einzeln zu verfolgen Und sie dann
unzerstückelt zu verschlingen, das stellt eine bestimmte Entwicklungsstufe der Nahrungsaufnahme
dar, auf der der größte Teil der Robben heute steht. Auf dieser Stufe stehen auch die meisten
Delphine. Sie haben aber dazu ein Gebiß, das n u r noch aus einwurzligen Fangzähnen besteht.
Bei den Pinmpediern bedeutet ein solches Gebiß den fortgeschrittensten Zustand, auf dem noch nicht
die Hälfte der lebenden Arten erst angelangt ist, während dieser Zustand der altertümlichste ist,
den die lebenden Cetaceen noch zeigen.
Die Cetaceen sind eben den Pinnipediem in der Anpassung an das Meeresleben weit voraus.
.Sehr viel früher als , die Pinnipedier haben sich die Vorfahren der heutigen Cetaceen entschlossen,
ih r Jagdgebiet vom Land in das Meer zu verlegen. Der Zustand der Anpassung an das Meeresleben,
auf dem die viel später diesem Beispiel folgenden Pinnipedier heute noch verharren, is t von vielen
lebenden Cetaceen längst überholt worden. Die Notwendigkeit, wenigstens noch zur Geburt der
Jungen das trockene Land aufzusuchen, das Festhalten am Haarkleid, an Krallen, an Stimm -
äußerungen und zahlreiche andere Eigentümlichkeiten in ihrem Bau und ihrer Lebensweise zeigen,
daß die Pinnipedier die Erinnerungen an das ursprüngliche Landleben viel weniger abgelegt haben
als die Cetaceen. Das gilt auch von der Nahrungsaufnahme. Die Möglichkeiten bequemsten N ahrungserwerbes,
die das Meer seinen tierfressenden Bewohnern in unendlich viel reicherem Maße bietet,
als es das feste Land vermag, sie sind von den Cetaceen in viel weitergehendem Maße aufgefunden
und ausgenutzt worden als von den Pinnipediem.
Letztere jagen mit wenigen Ausnahmen immer noch auf einzelne größere, kräftigere Tiere,
die sie eben noch unzerstückelt verschlingen können. Von den Cetaceen tu t das nur noch der größere
Teil der Delphine, die m it ihren zahlreichen gleichartigen Fangzähnen hauptsächlich größere Fische
verfolgen. Nur von einer der größten Arten, der berüchtigten Orca yladiator, wird erzählt, daß sie
große Wale angreift, um mit ihren besonders kräftigen Fangzähnen Stücke aus deren Körper zu
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reißen. Aber auch ihre gewöhnliche Nahrung sind Fische, kleinere Delphine und Robben, die sie
unzerstückelt hinunterschlingen.
Viele andere und zwar meist größere Cetaceen aber sind schon dazu übergegangen, kleinere
und schwächere Tiere, die in ungeheuren Schwärmen die Meere bevölkern, als Hauptnahrung anzunehmen.
Solche lassen sich ohne Mühe einzeln in beliebiger Zahl wegschnappen und ohne merkliche
Gegenwehr verschlucken. Zähne sie festzuhalten sind kaum mehr nötig. Wir kennen eine größere
Zahl von Cetaceen, die ihre Zähne bis auf geringe Reste aufgegeben haben, wie Narwal, Weißwal
und die meisten Ziphioiden.
Die allerbequemste Art des Nahrungserwerbs im Meer is t aber sicherlich die, die kleinen B eutetiere
nicht mehr einzeln zu schnappen, sondern sich mitten in einen der dichten Schwärme von
kleinen Fischeük Mollusken oder Krebsen zu legen, das von diesen Tieren wimmelnde Wasser durch
ein Sieb zu schicken und die im Sieb zurückgebliebenen Dutzende oder Tausende von Tieren mit
einem Schluck in den Magen zu befördern. Auf diese wenig aufregende Weise ernähren sieb die
Bartenwale, bei denen als Sieb ihre ungeheure, von Barten umstellte Mundhöhle dient. Eine Bezahnung
haben diese Wale vollständig abgelegt.
Daß diese Ernährungsweise die denkbar günstigste u nd gedeihlichste ist, bezeugt die Tatsache,
daß zu den heutigen Bartenwalen die größten und massigsten aller Tiere gehören, die jemals auf der
Erde lebten, und daß sie in großen Scharen die Weltmeere belebten, ehe'der Mensch sie m it m odernen
Vernichtungsmitteln verfolgte und einige der größten Arten nahezu ausrottete.
Man k ann geradezu als Regel aufstellen, daß die im Wasser jagenden Raubsäugetiere im allgemeinen
um so größer sind, je kleiner verhältnismäßig ihre Beutetiere sind. Am kleinsten sind die
im Wasser jagenden Landraubtiere wie der Fischotter, dessen Beutetiere vielfach so groß sind, daß
er sie nur stückweise verzehren kann. Ganz beträchtlich größer sind durchschnittlich Robben und
Delphine, deren Beutetiere so groß sind, daß jedes nur einen Bissen dafstellt, der auf einmal verschlungen
wird. Weitaus am größten sind im Durchschnitt die Bartenwale, deren Beutetiere so
klein sind, daß eine größere Anzahl von ihnen auf einen Schluck verschlungen werden.
Diese Größenzunahme entspricht auch der phylogenetischen Entwicklung, indem am kleinsten
diejenigen sind, die noch auf der Stufe der Landtiere stehen, die größten diejenigen, d i e |t c h am
weitesten von diesem Zustand entfernt haben.
Selbstverständlich ist hier der Fischotter nur als der bekannteste Repräsentant einer bestimmten
Entwicklungsstufe der N ahrungsaufnahme u nd d|s;sGebisses gedacht, auf der die V orfahren
der Robben oder der Waltiere einmal gestanden haben dürften, und nicht etwa als die Stammform
einer* dieser beiden Tiergruppen selbst. Wenn überhaupt ein lebendes Säugetier genannt werden
mag, das einigermaßen den Vorstellungen entspricht, die man sich von Ahnen der Cetaceen machen
darf, als sie noch zu den Landbewohnern zählten, so is t das Potamogalevdox, ein fischfressender
Insektivore aus Kamerun. Dieses merkwürdige und sehr primitive Säugetier besitzt bereits infolge
seines langen, dicken, vom Rumpfe gar n ich t abgesetzten, am Ende komprimierten Ruderschwanzes
die spindelförmige Fischgestalt, die auch die Waltiere auszeichnet, und die außer ihm kein mir bekanntes
Landsäugetier erkennen läßt. Auch das Gebiß, wie es für Protocetus (Fig. 30), die ursprünglichste
Form der bisher bekannten Cetaceen, angenommen werden kann, läß t sich von einem Gebiß,
das mit dem von Potamogale (Fig. 31) in den wesentlichsten Zügen übereinstimmt, leichter ableiten
als von dem irgend eines andren bekannten Landsäugetiers. Vor allem erinnern die zu beiden
Seiten der langen und schmalen Schnauze in Abständen hintereinander angeordneten Schneide-,