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Für die kaltblütigen Wirbeltiere gibt Tigerstedt (1909) auf Seite 607 an, daß für sie bei der
Wärmeabgabe die Wasserverdunstung vor allem wichtig ist. Indessen finden sich zwischen verschiedenen
Arten in dieser Beziehung sehr bemerkenswerte Verschiedenheiten.
Ich habe im Vorstehenden eine Anzahl von Beispielen zusammengestellt, die sich natürlich noch
vermehren ließen, um kurz zu zeigen, wie v e rsch ied en sich in bezug auf das S chw itzen die
S ä u g e tie r e gegen über dem Menschen ve rh a lten . Der Mensch a lle in s ch w itz t in dem
S in n e , den wir diesem Worte b e izu leg en p flegen. Bei ihm ist daher in der Tat das Schwitzen
für die Wärmeregulierung von wesentlicher Bedeutung. Wie wir gesehen haben, ist der Mensch das
ausgesprochenste „e-Drüsen-Tier“, die sonstigen Säugetiere sind als „a-Drüsen-Tiere“ zu bezeichnen
und nur die Affen scheinen eine Art von Übergang, eine Mittelstufe zu bilden, wenigstens so weit
ich nach den drei von mir untersuchten Ostaffenarten urteilen kann. Man darf wohl als sicher an-
nehmen, daß diese verschiedene Art des Schwitzens bei Mensch und sonstigen Säugetieren zurückzuführen
ist auf die so verschiedene Art der Verteilung der a-Drüsen und der e-Drüsen. Ob und wie
stark die Affen „schwitzen“ ist mir nicht bekannt, es ist aber nach der Drüsenverteihmg bei ihnen
wohl möglich, daß sie es deutlich tun. D ie e -D rüsen sind a u g en s ch e in lich d ie jen ig en D rü sen
, welche w irk lich zu „ schw itz en “ ve rm ö g en , d. h. größere Mengen eines tropfbar flüssigen
Sekretes abzusondem vermögen. Wo wir bei Tieren e-Drüsen finden, finden wir auch ein richtiges
Schwitzen, so an den Pfoten der Katze, so an der Büsselscheibe des Schweines usw. Die zahlreichen
Drüsen, welche sonst sich über den Körper der Katze hin ausbreiten, und welche a-Drüsen sind,
schwitzen nicht, auch nicht nach Pilokarpin. Eine gewisse Ausnahmestellung scheint das Pferd einzunehmen,
dessen zahlreiche a-Drüsen immerhin so viel Schweiß liefern, daß die Haut des Pferdes
infolge des Eiweißgehaltes dieses Schweißes mit Schaum bedeckt erscheint.
Wie weit bei dieser Schweißerzeugung der e-Drüsen die Drüse selbst beteiligt ist, wie weit der
epitheliale Teil ihres Ausführungsganges, muß vorläufig dahingestellt bleiben. Das Wesentliche ist,
daß nur diese Drüsen wirklich zur Schweißerzeugung geeignet sind. Wenn beim P ferd e die a-Drüsen
bis zu einem gewissen Grade etwas Ähnliches leisten, so tun sie es g ew isserm aßen nur v e r tr
e tu n g sw e ise : die Wirkung war für das Pferd ein Bedürfnis, und so haben sich seine a-Drüsen
diesem Bedürfnisse angepaßt. Vielleicht ist es noch richtiger, zu sagen, infolge einer uns noch unbekannten
Besonderheit in dem Körperbaue oder in dem Stoffwechsel des Pferdes legten sich seine
a-Drüsen so an, wie wir sie finden, und infolgedessen waren sie auch befähigt, eine Art von Wärmeregulierung
auszubilden, die sich bei der Lebensweise des Pferdes bis zu dem jetzt vorhandenen Grade
entwickelt hat. Es tritt durch diesen Fall um so klarer hervor, wie wenig die Drüsen der meisten
anderen Säuger hierfür geeignet sind.
Nun ist eine gute Wärmeregulierung für einen Warmblüter zweifellos etwas sehr Wichtiges. Die
ersten Säuger, welche sich aus Amphibien oder auf einem wohl nur kurzen Umwege aus Beptilien
entwickelten, werden wahrscheinlich schon Warmblüter gewesen sein und Haare gehabt haben. Haare
waren für den Warmblüter nötig wieder wegen der Wärmeregulierung. Wahrscheinlich werden zuerst
weder die Erhöhung der Bluttemperatur noch das Haarkleid besonders entwickelt gewesen sein. Aus
den primären Epithelkeimen legten sich die Haare an und mit ihnen zusammen die a-Drüsen und
etwas später die Haardrüsen. Welchen früheren Gebilden die primären Epithelkeime entsprechen,
entzieht sich unserer Kenntnis. Wann und unter welchen Umständen sich die e-Drüsen angelegt
haben, und welchen früheren Gebilden sie entsprechen, ist ebenfalls noch unbekannt. Jedenfalls waren
sie von vornherein etwas ganz anderes als die a-Drüsen. Im Laufe der weiteren Entwickelung der
Säuger verteilten sich die beiden Drüsenarten verschieden auf die verschiedenen Tierstämme. Bei
den allermeisten überwogen die a-Drüsen, bei einem oder ganz wenigen Stämmen die e-Drüsen. Wahrscheinlich
wird diese Verschiedenheit schon ganz nahe der Wurzel der Stämme eingetreten sein. Der
Stamm, bei dem die e-Drüsen sich stärker anlegten, besaß die Anlage zu einer vollkommeneren Wärmeregulierung
und war hierdurch schon zu einer günstigeren Entwickelung befähigt. Er wurde zum
Primatenstamme; voraussichtlich natürlich n ich t nur infolge der e-Drüsen, sondern weil er noch weitere
günstige Eigenschaften besaß, aber auch die e-Drüsen wirkten dabei als ein günstiges Moment mit,
da sie den Stamm leistungsfähiger und widerstandskräftiger machten und seine Fähigkeit verstärkten,
sich über weite Gebiete der Erde auszubreiten, wodurch dann wieder die Differenzierungsmöglichkeit
erhöht wurde. Am vollkommensten war mit diesen e-Drüsen schließlich ausgerüstet der Ast dieses
Primatenstammes, der zum Menschen auswuchs, und dieser Menschenstamm wurde auf diese Weise
erst recht leistungsfähig und widerstandskräftig und besaß die Fähigkeit, sich über weite Gebiete
der Erde auszubreiten, in höchstem Maße. Hieraus folgte dann wieder eine hochgradige Differenzierung,
die wir in der weitgehenden Bassenbildung des Menschen heute vor uns sehen. Die jetzigen
Affen sind als weniger günstig gestellte weitere Äste des Primatenstammes anzusehen. Hieraus fo lg t
dann aber w ieder, daß der Grund der V e rb re itu n g der a-Drüsen gegenüber den e-Drü-
sen in der H au t der je tz ig en Menschenrassen in der T a t n ic h t u nw e sen tlich is t zur
B estim m u n g der Höhe ihrer E n tw ick e lu n g . Wahrscheinlich werden die e-Drüsen während der
phylogenetischen Entwickelung allmählich an Menge zugenommen haben, aus der Untersuchung europäischer
Embryonen geht aber weiter hervor, daß die a-Drüsen in der T a t m it der weiter
fo r ts ch r e iten d en höheren p h y lo g en e tisch en E n tw ick e lu n g mehr und mehr zurückgegangen
sind. Wir finden sie embryonal noch angelegt bei Stämmen, bei denen sie im erwachsenen
Zustande fehlen, bei denen sie also während der späteren embryonalen oder der kindlichen Entwickelung
zugrunde gegangen sein müssen. Wir erkennen aus ihrer embryonalen Anlage aber, daß sie bei den
Vorfahren noch vorhanden waren und daß sie erst bei der weiteren phylogenetischen Entwickelung
zugrunde gegangen sind und zwar wahrscheinlich vor verhältnismäßig noch nicht so sehr langer Zeit,
da sie noch bei älteren Embryonen, so im siebenten Monate, wahrscheinlich sogar noch länger, vorhanden
sind. Warum sie zugrunde gegangen sind, ist freilich eine schwer zu beantwortende Frage.
Ob eine gewisse Bivalität zwischen den beiden Drüsenarten besteht, oder ob die Stoffwechselverhältnisse
bei der höheren Entwickelung der Stämme sich so geändert haben, daß die a-Drüsen mehr überflüssig
wurden, oder ob noch irgend welche anderen Gründe vorliegen, das ist zurzeit noch völlig
dunkel. Daß die a-Drüsen und die e-Drüsen in beiderseits starker Entwickelung unmittelbar zusammen
Vorkommen können, lehrt der Bau der menschlichen Achselhöhle. Das würde gegen eine
Bivalität zwischen den beiden Drüsenarten sprechen. Man wird nach dem bisher Gesagten
aber m it einem gew issen B e c h te annehmen kön nen, daß Menschenrassen, bei denen
die a-Drüsen in größerer V e rb re itu n g Vorkommen, als bei and eren, en tw ic k e lu n g s g
e sc h ic h tlic h auf einer tie fe r en S tu fe stehen g eb lieb en sind. Allerdings wird man auch
in dieser Beziehung wieder sehr vorsichtig sein müssen, denn da die Drüsen augenscheinlich aufs
engste verbunden sind mit dem Stoffwechsel des ganzen Körpers, so werden bestimmte Stoffwechselverhältnisse
vielleicht als Erklärung für das Vorkommen der a-Drüsen bei bestimmten Menschenrassen
heranzuziehen sein, ohne daß man deshalb die Basse im ganzen als tiefer stehend anzusehen
braucht. Dazu kommt weiter, daß, wie wir später sehen werden, sowohl die a-Drüsen wie die e-Drüsen
für g e sc h le c h tlich e B eizw irku ng en in Betracht kommen, und zwar die a-Drüsen wahrscheinlich