Ansicht geht dahin, daß der p r i m ä r e S c h ä d e l a b s c h l u ß nach hinten und oben der O h r-
r e g i o n angehört, wie ich es im nächsten Abschnitt noch näher ausführen werde; die Verbindung
mit der Occipitalregion dagegen halte ich für sekundär. Bei Didelphys entsteht der Anschluß des
Tectum synoticum an die Ohrregion auch ontogenetisch früher als der sekundäre an die Occipital-
pfeiler, doch ist es wohl möglich, daß hierin bei höheren Säugern eine Abänderung eintritt. Bei
Diddphys IV ist das Tectum synoticum noch gar nicht verknorpelt, jedoch bereits vorknorpelig in
fester Verbindung mit der Lamina supracapsularis beider Seiten. Ob es später von einem unpaaren
oder von paarigen Zentren aus verknorpelt, ist nicht zu sehen und ja auch unwesentlich. Eine Verbindung
des Tectum mit den Occipitalpfeilern is t d o rt überhaupt noch nicht vorhanden.
d . R e g io o c c ip ita lis .
Wie bei den übrigen Regionen des Primordialcraniums von Diddphys, so lassen sich auch
an der Occipitalregion vorwiegend primitive Charaktere nachweisen. Vor allen Dingen sehen wir
dies an der Z w e i z a h l d e r H y p o g l o s s u s l ö c h e r , der v e r t i k a l e n S t e l l u n g
des E o r a m e n m a g n n m und der s t e i l e n L a g e der O c c i p i t a l p f e ü e r . Das
Vorhandensein zweier Durchtrittsstellen für den Hypoglossus findet sich bei Marsupialiern nicht
allgemein. Nach C o r d s besitzen Peramdes und mitunter auch Dasyurus nur ein gesondertes
Foramen, während B r o o m für Trichosurus und Dasyurus deren zwei angibt. Ich kann die Liste
noch dahin vervollständigen, daß ich an Schädeln von Macropus und Halmaturus zwei, bei Thylacinus
dagegen nur ein Hypoglossusloch fand. In der Mehrzahl dieser Foramina haben wir bekanntlich
eine Andeutung der Metamerie des hintersten Schädelabschnitts zu sehen, und in ihrem Zusammenfluß
nichts weiter als eine Durchschneidung der trennenden Skelettbrücke.
Die O c c i p i t a l p f e ü e r zeigen, wie ich oben beschrieb, bei Diddphys noch die ursprüngliche
Vertikalstellung, wie wir sie bei Echidna und Lacerta finden. Bei allen übrigen bekannten
Formen sind sie durch die Vergrößerung des Gehirns mehr oder weniger nach hinten umgebogen
und dadurch in eine schräge Lage gekommen, was zugleich eine Umlagerung des Foramen magnum
aus der vertikalen in eine geneigte Lage bedingt. Bei Didelphys besitzt auch dieses noch die ursprüngliche
Lage. Nur die Incisura intercondyloidea, in der der Zahnfortsatz des Epistropheus ru h t, ist
horizontal gelagert. Die Occipitalpfeüer sind wie bei Echidna m it der Ohrkapsel homokontinuierlich
verbunden. Hierdurch unterscheiden sie sich wesentlich einerseits von Lacerta, wo sie ihr nur
anliegen, und andererseits von den höheren Säugern, wo sie, zum Teil wenigstens, durch die Fissura
occipito-capsularis von ihr getrennt sind. Bei Stadium IV sehen wir noch deutlich, daß die Verschmelzung
auch bei Diddphys nur sekundär ist. Überhaupt zeigt die Occipitalregion dieses jungen
Tieres eine überraschende Ähnlichkeit mit Lacerta. Wir sehen ihrer ganzen Ausdehnung nach
die Occipitalpfeüer zunächst basal durch einen Spalt, später mehr dorsal durch ein deutliches Peri-
chondrium von der Ohrkapsel getrennt, während sie mit der Basalplatte homokontinuierlich verbunden
sind. Genau wie bei Lacerta legen sich die Occipitalpfeüer dem Kaudalpole der Ohrkapsel
von der Medialseite her an und ziehen vertikal nach oben, wo sie frei enden. Der hintere Pol der
Ohrkapsel dagegen geht homokontinuierlich in die Anlage des Tectum synoticum über. (Siehe
Fig. 24 und 25.) Aus diesen Befunden bei Diddphys IV erhebt deutlich, daß wir das e i g e n t l
i c h e Tectum synoticum der Oticalregion zuzuzählen haben. Seine erste Anlage bei Didelphys IV
stellt erst einen schmalen, vorknorpeligen Streif dar, der in Lage und Ausbildung dem gleichen
Skelettstück bei Lacerta genau entspricht. Die große Ausdehnung, die das Tectum [posterius bei
Didelphys I besitzt, ist, wie wir oben gesehen haben, erst ein Erwerb der späteren ontogenetischen
Entwicklung. Die neu hinzukommenden
Partien sind dann sowohl mit dem dorsalen,
’ig. 24. Schnitt durch die Anlage des Tectum synoticum.
Serie. IV. Vergr. 22,5 : 1 .
ein Teil des Spaltes zwischen beiden bestehen bleibt,
zur Ohrregion gehörigen Abschnitt
des Tectum posterius als auch m it den
Occipitalpfeilern verbunden. Bei Echidna
läßt sich die Zugehörigkeit des Tectum
posterius zur Ohrregion nicht mehr
ontogenetisch nachweisen, dagegen ist
deutlich ersichtlich, daß auch d o rt die
Verschmelzung der Occipitalpfeüer mit
den Ohrkapseln erst sekundär eintritt.
In dieser Beziehung zeigen die Placen-
talierschädel (Lepus, Canis, Sus, Talpa,
Megaptera) wie Peramdes, bei denen
einen ursprünglicheren Zustand.
Mit der Steilstellung der Occipitalpfeüer hängt zusammen, daß auch die Ebene des Foramen
magnum nahezu vertikal steht. Das A t l a n t o - o c c i p i t a l - G e l e n ' k macht im Laufe
der Entwicklung starke Veränderungen durch. Zunächst bei Stadium IV, I I I und II ist es noch
einheitlich und fließt mit dem Atlanto-epistropheal-Gelenk zusammen, bei I dagegen ist sowohl das
erstere in zwei Gelenkhöhlen geschieden, als auch gegen das letztere Gelenk abgeschlossen. Wir
finden also dieselben Verhältnisse, wie sie Talpa zeigt, wo auch im Laufe der ontogenetischen E n twicklung
die zunächst einheitlichen Gelenkhöhlen gegeneinander abgegrenzt werden, im Gegensätze
zu Echidna, wo ihre Vereinigung auch im erwachsenen Zustande persistiert.
2. Visceralskelett.
Nur wenige Worte will ich noch über
den U n t e r k i e f e r und die G e h ö r k
n ö c h e l c h e n sagen. Um die erste
Anlage von Hammer und Amboß nachzuprüfen,
waren die vorliegenden Stadien sämtlich
schon zu weit entwickelt. Daher will
ich auf die Befunde von F u c h s nicht ein-
gehen, nach denen der Beginn der Entwicklung
vom Meckelschen Knorpel getrennt vor
sich gegangen sein soll.-Später bei Besprechung
Tectum synoticum.
der Deckknochen werde ich allerdings auf die von F u c h s bei Diddphys gefundenen Verhältnisse
der Knorpelbildung im Unterkiefer zurückkommen müssen. Jedenfalls haben mich seine
Ausführungen nicht zu überzeugen vermocht, und ich habe keine Ursache, die von den meisten
Forschern anerkannte und vorzüglich gestützte Reichertsche Theorie für unrichtig zu halten.
Von M a 11 e u s und I n c u s ist wenig zu sagen. Der erstere steht auch bei Stadium IV