dieses K riterium aussclialten und an meiner A nsicht festhalten, wonach der Carotisverlauf bei Marsu-
pialiern der primitive, bei Echidna und Reptilien vorhandene ist, zumal da ich nachweisen konnte,
daß die Carotis bei Didelphys sofort in das primäre Schädelcavum eintritt. Es ist ja auch zum
mindesten höchst unwahrscheinlich, daß bei Perameles, nachdem embryonal die sekundäre Lateralverschiebung
der Carotis, wie sie höhere Säuger zeigen, bereits vorhanden ist, die Arterie im Laufe
der postembryonalen Entwicklung wiederum medial verschoben sein sollte, wie es sein müßte, um
zu dem definitiven Foramen caroticum im Basisphenoid zu gelangen. Betrachten wir nun einmal das
F o r a m e n c a r o t i c u m s e l b s t und seine Beschaffenheit in den verschiedenen Altersstufen.
Auf dem jüngsten Stadium (siehe Seite 46, Figur 17) ist es so eng, daß es nur eben die noch winzig
kleine Carotis hindurchläßt. Am Modell ist es ein klein wenig weiter, und ein kleiner Zipfel des Sinus
intercavernosus posterior hängt von der Dorsalseite her hinein; es wird aber durch die Gefäße auch
völlig ausgefüllt. Während die Carotis an der Ohrkapsel heraufsteigt, liegt sie ventral und lateral
vom Abducens, durch den Schädelboden von ihm getrennt. Auf seine mediale Seite tr i t t sie etwa
dort, wo sie in medial-oraler Richtung umbiegt, d. h. immer noch auf der Ventralseite der Schädelbasis,
kurz hinter der Fossa hypophyseos. Der E in tritt in den Schädel erfolgt weit medial vom
Abducens. Betrachten wir zum Vergleich nun einmal die Carotidenbahn des Pferdes. Die Lage des
Foramen caroticum brauche ich nicht ausführlich zu schildern, sie ist genau so, wie wir sie von Lepus
kennen. Das Foramen caroticum liegt hinter dem Processus alaris und wird lateral durch die Com-
missura alicochlearis abgeschlossen. Nach dem E in tritt in das Schädelcavum durch das Foramen
caroticum finden wir die Carotis eine Zeitlang im Cavum epiptericum nach vorn verlaufend, wobei
sie gleich nach ihrem E in tritt einen Knick in medial-oraler Richtung macht. Während ihres ganzen
intracraniellen Verlaufes, was ja allein hier in Betracht kommt, liegt die Carotis m e d i a l vom
Abducens. Dieser bleibt beim Pferde während seines ganzen Verlaufes im Cavum epiptericum, dem
Ganglion semilunare ziemlich eng angeschmiegt. Aus der Lage der Carotis zum Nervus abducens
beim Pferde ziehe ich den Schluß, daß dieses Kriterium für eine primäre oder sekundäre Carotisbahn
kein absolut einwandfreies ist. Denn im vorliegenden Falle erfolgt der E in tritt der Carotis in den
Schädel m e d i a l v o m A b d u c e n s , während es sich ganz offenbar um einen s e k u n d ä r e n
V e r l a u f handelt. Die Ursache für diese Lage beim Pferde dürfte wohl in dem engen Anschluß
des Abducens an den Trigeminus und die Augenmuskelnerven liegen. Eine Serie durch den Kopf
eines Embryo von Mus rattus zeigte dieselben Verhältnisse wie Lepus, wenn auch nicht in so ausgeprägter,
extremer Form. Was nun die Eintrittsstelle der Carotis in das Schädelcavum betrifft,
so vertrat, wie erwähnt, V o i t die Ansicht, es handle sich bei den Monodelphiern um eine Neubildung
des Foramen caroticum, d. h. die Commissura alicochlearis wäre eine Neuerwerbung der
höheren Säuger und ihr Fehlen eine Zwischenstufe zwischen dem primären und dem sekundären
Foramen caroticum. G a u p p dagegen hä lt an seiner Ansicht fest, daß das ursprüngliche Gefäßloch
nur in lateraler Richtung verlagert worden sei. Betrachten wir einmal auf Schnitten, wie diese
Gegend bei Lepus (V o i t Tafel 7, Figur 19), wie bei Didelphys (Figur 17, 18) aussieht, so wird uns
der Unterschied ohne weiteres klar. Das Foramen caroticum von Didelphys, das als das primäre
anzusehen ist, stellt, wie ich schon oben beschrieb, nichts weiter als ein richtiges Gefäßloch dar, das
von dem durchtretenden Gefäß auch wirklich ausgefüllt wird, und genau ebenso s teht es bei Echidna.
Bei Lepus dagegen erblicken wir eine weite, von lockerem Bindegewebe erfüllte Lücke, durch deren
medial vordere Ecke die Carotis in den Schädel eintritt. Außer der viel größeren Weite des Foramen
caroticum bei Lepus bestimmt mich gerade dieser letztere Umstand, die beiden Foramina carotica
als einander nicht homolog anzusehen. Bei Lepus tritt die Carotis durch die m e d i a l - v o r d e r e
Ecke des Foramen caroticum in den Schädel, d. h. l a t e r a l und k a u d a l von ihr ist dieses
noch weit geöffnet oder vielmehr nur durch Bindegewebe ausgefüllt. Hätten wir nun in der Commissura
alicochlearis nichts anderes zu sehen, als die durch die Verlegung der Carotis lateral verschobene
seitliche Begrenzung des primären Foramen caroticum, so müßte sie mit ihrem medialen Rande in
nächster Nähe der Carotis liegen. Ich halte es nicht für möglich, daß die laterale Verschiebung der
Knorpelspange sich fortgesetzt hat, während die Carotis sich schon an der Stelle befand, wo sie verbleibt;
denn gerade durch ihr Seitwärtsrücken soll ja auch die Verschiebung des Knorpels sta ttgefunden
haben. Ähnlich steht es, wenn man die Erwägung anstellt, daß kaudal vom Eintritt der
Carotis die Lücke noch eine beträchtliche Weite besitzt. Demnach wäre, wie V o i t es verlangt,
die C o m m i s s u r a a l i c o c h l e a r i s alseine N e u e r w e r b u n g d e r P l a c e n t a l i e r
anzusehen, und ihre A b w e s e n h e i t (Sus) als eine Z w i s c h e n s t u f e zwischen der mit dem
primären eigentlichen Foramen caroticum versehenen ursprünglichen Gefäßbahn der Saurier, Mono-
tremen und Marsupialier und der sekundären der Monodelphier, die auch durch ein Foramen caroticum
in den Schädel geleitet wird, das aber mit dem der Aplacentalier nichts zu tun hat. Was nun
die Art betrifft, auf die die Verschiebung zustande gekommen ist, so vermag ich ein bestimmtes,
durch Beobachtungen gestütztes Urteil nicht abzugeben. Jedoch neige ich mehr G a u p p s Ansicht
zu, daß es sich um eine Durchschneidung des Knorpels durch die Carotis handelt. Freilich bin ich
nicht der Meinung, daß der lateral vom Foramen carotis liegende Knorpelteil davon verschont geblieben
und mit dem Gefäß zugleich lateral verlagert worden ist, sondern ich glaube, daß die Durchschneidung
eine vollständige war, d. h. daß die Carotis auch an s e i n e L a t e r a l s e i t e verlegt wurde,
sodaß wir anstatt von einem allseitig begrenzten Foramen caroticum, das die Schädelbasis durchbohrt,
etwa von einer Umschlagstelle sprechen könnten, wo die Carotis um den Schädelbalken herum an
seiner lateralen Kante von der Ventralseite, die außerhalb des Schädels liegt, auf seine Dorsalseite,
d. h. in das Schädelinnere, eintritt. Dieser lateral und auch etwas kaudal verschobene Carotiseintritt
(er liegt bei Monodelphiern hinter, bei niederen Säugern medial vom Processus alaris) führt, wenn die
Lateralverschiebung groß genug ist, nicht mehr in das primäre Schädelcavum, sondern in das Cavum
epiptericum. Eine solche Konfiguration, wie die eben beschriebene, sehen wir bei Sus und Homo.
Bei vielen ändern Säugern, z. B. Lepus, Mus, Equus, Talpa und Canis, wird sekundär von dem
eigentlich extracraniellen Raum, durch den die Carotis herauftritt, durch die Bildung der Commissura
alicochlearis ein Foramen caroticum abgetrennt, das aber mit dem primären nichts zu tun hat. Das
Gebiet dieses sekundären Foramen caroticum gehört dann mit zur ventralen Begrenzung des Cavum
epiptericum.
c. R e g io o tic a .
Pars otica der Basalplatte. Die Basalplatte bildet den größten Teil des Schädelbodens
in der Ohrregion. Sie ist ein breiter, unpaarer, medianer Balken, der nach hinten sich in der
Occipitalregion bis zum Foramen magnum fortsetzt, und der nach vorn zu in die Trabekelplatte der
Orbitotemporalregion homokontinuierlich übergeht. Etwa in der Mitte der Ohrkapsel besitzt sie
die geringste Breite und wird hier durch einen schmalen, bindegewebig verschlossenen Spalt
von der Ohrkapsel getrennt, durch den mehrere kleine Venen hindurchtreten. Nun ist es eigenartig
zu beobachten, daß dieser Spalt, die Fissura basicochlearis, erst eine sekundäre Bildung ist,
von der bei dem jüngeren Stadium III noch nicht das Geringste zu sehen ist. Während bei Serie I
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