P e t e r s war der erste, der fand, daß sich das Tympanicum bei den Marsupialiern als Deckknochen
des Unterkiefers anlegt, und daß wir es wohl als Homologon eines derartigen Skelettstückes
der Reptilien aufzufassen haben. Welchem freilich das Tympanicum homolog zu setzen ist, dafür
bieten auch die Verhältnisse bei Diddphys keine neuen Anhaltspunkte, es h a t jedoch die von
v a n K ä m p e n zuerst durchgeführte Homologisierung mit dem Angulare der Reptilien viel
Wahrscheinlichkeit für sich.
D. Ergebnisse.
Ehe ich daran gehe, die Hauptergebnisse der vorstehenden Arbeit zusammenzufassen, möchte
ich noch eine Frage allgemeiner Natur behandeln, die sich mir bei den Untersuchungen aufgedrängt
hat. Wenn wir die ontogenetische Entwicklung von Diddpliys studieren, so fällt uns sofort auf,
wie außerordentlich früh das Primordialcranium zur V e r k n o r p e l u n g gelangt. Stadium IV,
ein Beuteljunges von 19 mm Länge, dessen Köpfchen nur 4 mm maß, zeigte bereits eine völlig verknorpelte
Basalplatte, ja, bis auf einzelne Partien der Ohr- und Nasenkapsel u nd das Tectum
synoticum, die sich noch in vorknorpeligem Zustande befinden, macht die äußere Umwandung des
Primordialcraniums einen fertigen Eindruck. Auch die Deckknochen sind fast alle bereits angelegt.
Fragen wir uns nun, was wir von dieser außerordentlich frühen Versteifung des Schädels zu halten
haben, so müssen wir sagen, daß der Grund wohl in erster Linie darin liegen wird, daß die Tiere so
außerordentlich früh geboren werden; stellt doch selbst Stadium IV keinen Fetus mehr, sondern
bereits ein Beuteljunges dar. Is t nun das Junge auch während des Aufenthalts im Beutel noch
geschützter als außerhalb, so ist seine Sicherheit d o rt doch mit der des intrauterinen Lebens nicht
zu vergleichen. Daher erhalten die Skeletteile des Schädels, denen der Schutz so zarter Organe wie
des Gehirns obliegt, ontogenetisch schon sehr frühzeitig eine möglichst große Festigkeit durch Verknorpelung
und später durch verhältnismäßig ebenso frühe Verknöcherung.
Gehen wir nun zur Zusammenfassung der einzelnen Ergebnisse dieser Arbeit über, so müssen
wir sagen, daß sich, wie das bei einem im System so niedrig stehenden Säuger nicht anders
zu erwarten war, eine große Anzahl primitiver Merkmale auch am Schädel gezeigt ha t, die seinen
Anschluß an reptilienähnliche Formen gestatten. Es überwiegen jedoch die Säugermerkmale en tschieden,
wie wir ja überhaupt in dem Primordialcranium von Diddphys einen typischen Säugerschädel
zu sehen haben. Außer diesen beiden Kategorien von Eigenschaften, die ihn für die Phylo-
orenie der Säuger sehr interessant machen, besitzt der Schädel noch eine d ritte Gruppe von Merkmalen
und zwar die, welche auf einer einseitigen Ausbildung einzelner Organe oder dem Schwunde
einzelner Teile beruhen und teils für die ganze Ordnung der Marsupialier, teils für die Organisation
der Art charakteristisch sind. Im ganzen können wir sagen, daß der Knorpelschädel von Diddphys
ein typisches Säugerprimordialcranium darstellt, das in vieler Beziehung durch primitive Merkmale
zu saurierähnlichen Formen hinüberleitet. Einseitige Spezialisierungen zeigt er weniger als die systematisch
niedriger stehende Echidna, und darum ist er zu einem Vergleich mit den Sauriern einerund
den Säugern andererseits ganz besonders gut geeignet. Auch gegen Peramdes, den einzigen
Marsupialier, dessen Knorpelschädel bisher eingehender untersucht worden ist, zeigt Diddphys in
der Hauptsache primitive Eigenschaften. Nur bei wenigen müssen wir sagen, daß die bei Peramdes
Vorgefundenen Bildungen den primären Zustand gegenüber den entsprechenden bei Diddphys
darstellen.
In dem Nachfolgenden will ich nun die Hauptergebnisse meiner Untersuchung kurz zusammenfassen.
I. Die am weitesten o r a l g e l e g e n e n P a r t i e n des Primordialcraniums zeigen in
der großen Vollständigkeit ihrer Knorpelteile Verhältnisse, wie wir sie schon bei den Nichtsäugem
finden, und wie wir sie als die primitiven anzusehen haben. Auch die Fenestra narina besitzt in ihrer
Konfiguration und der Zweiteilung durch die Processus alares Merkmale, wie sie schon bei Raim
vorhanden sind und bei Reptilien,ispwie einem großen Teil der Säuger noch erhalten bleiben. Tritt
ein Schwund der oralen Knorpelpartien ein, so ist die Ursache hierfür in verschiedenen Momenten
zu suchen. Die Beanspruchung als Spürorgan kann dazu führen, doch kann auch die starke Vergrößerung
aufgelagerter Deckknochen den Knorpel zum Schwinden bringen, der dann auch ontogenetisch
meist nicht mehr angelegt wird.
II. Der P a r a s e p t a 1 k n o r p e 1 zeigt durch eine orale Fortsatzbildung im Innern der
Zona annulaxis und durch einen Knorpelstab, der ihn w ährend einer kurzen Strecke zur Röhre schließt,
eine besondere Ausbildung. Der äußere Knorpelstab is rn ic h t als Muschelbildung, sondern nur als
Umwandung der Eingangsöffnung für den Ductus nasopalatinus aufzufassen.
II I. Der S c h w u n d d e s m i t t l e r e n T e i l s d e s P a r a s e p t a 1 k n o r p e 1 s
ist weder auf die Fixierung der hinteren Nasenkuppel, noch ausschließlich auf den Ausbildungsgrad
des Jacobsonschen Organs zurückzuführen. Ich bin der Meinung, daß die phylogenetisch zwischen
dein Reptilien- und dem Säugerstadium stattfindende, mediale Verlagerung des Vomer vom Para-
Septalknorpel an den Unterrand des Septum nasi zum Schwunde dieses eng benachbarten Knorpelteils
beiträgt.
IV. Die h i n t e r e N a s e n k u p p e l von Diddphys zeigt sich insöferh gegen die primitiven
Verhältnisse abgeändert, als sie zum größten Teil mit dem Septum verschmolzen ist. Während am
Nasendach und am Nasenboden eine sehr feste Verbindung vorhanden ist, zeigt der Hinterrand des
Septum keine Verschmelzung mit der Cupula. Wir haben dies als letzten Überrest der freien Nasenkuppel,
wie sie bei Reptilien und einzelnen Säugern vorhanden ist, aufzufassen.
V. Der ganze o l f a k t o r i s c h e T e i l d e s N a s e n g e r ü s t s %eigt durch seine starke
Ausbildung deutlich an, daß wir Diddphys zu ¡ ¡ |n makrosmatischen Säugern zu rechnen haben. Die
Musohelzahl ist zwar nich t übermäßig vermehrt, doch sind die Ethmoturbinalia sehr gut entwickelt
und auf einen großen Raum verteilt. Die Siebplatte liegt fast horizontal unter dem Gehirn und ist
außerordentlich lang.
VI. Die A l a o r b i t a l i s ist nur durch, eine Wurzel mit dem Schädelboden verbunden.
Diese Eigentümlichkeit besitzen alle Marsupialier im Gegensatz zu den meisten übrigen Säugern.
Dem ursprünglichen Zustand gegenüber, bei welchem außer dieser Taenia prooptica noch eine Taenia
metoptica entwickelt ist, stellt dies ein einseitig spezialisiertes Verhalten dar.
VII. Von der W u r z e l d e r A l a o r b i t a l i s gehen im Lauf der späteren Entwicklung
Bildungen aus, die schließlich zu der bei älteren Schädeln allgemein bekannten Verschmelzung des
Keilbeinkörpers mit der Hinterwand der Nasenkapsel führen. Es handelt sich um plattenartige
Fortsätze, die im Anschluß an die Wurzel der Ala orbitalis als Bindegewebsverknöcherungen entstehen
un'd sich an die noch knorpelige Rückwand der Nasenkapsel eng anlegen.
V III. Daß der v o r d e r e T e i l d e s S c h ä d e l b o d e n s in der Orbitotemporalregion
als Homologon des S e p t u m i n t . e r o r b i t a l e der Reptilien aufzufassen ist, zeigt deutlich
seine ontogenetische Entwicklung. Bei jüngeren Stadien besitzt es noch die Form eines Verhältnis