2. Regio orbitotemporalis.
Basaler Knorpel der Regio orbitotemporalis, Verschmelzung einzelner Knorpelzentren.
Der basale Knorpel der Regio orbitotemporalis zeigt bei allen lieyapieroembryonen starke
regionäre Verschiedenheiten, die sich in allen Stadien sehr ähnlich wiederholen. Das relativ
hochgestellte Nasenseptum geht stets erst in einen sehr breiten Teil über (etwa zwischen den Augen)"
ehe es die charakteristische breit-herzförmige
oder dreieckige Gestalt der Basalplatte vor
und zwischen den Schneckenkapseln annimmt.
Der "Übergang vom Nasenseptum in das hier
so enorm verbreiterte Septum interorbitale ¡§j
das seinen Charakter als Septum teilweise
beinahe verloren h a t — vollzieht sich beim
jüngsten Embryo ganz allmählich (Fig. 26).
Das rü h rt daher, daß sich hier noch kein so
hohes und schlankes Nasenseptum ausgebildet
ha t, wie bei den älteren Stadien. Dagegen ist
die auffallende Breite des Septum interorbitale
beim Embryo I I I noch deutlicher ausgeprägt
als bei den älteren Feten. Zwischen
den Forämina optica ist der basale Knorpel hier ungefähr dreimal so breit als hoch. (Vgl. Fig. 25.)
Die gleiche Figur zeigt uns eine sehr merkwürdige Eigentümlichkeit des jüngsten Megaptera-
schädels, nämlich eine h o r i z o n t a l e vorknorpelige Trennungsschicht im basalen Knorpel. Diese
Trennungsfläche beginnt nur wenige Schnitte weiter vom in der Mitte zwischen den Foramina
optica und zieht beiderseits bis zur
Ansatzstelle der Radix posterior
der Ala orbitalis (Fig. 11). Aus
diesem Befunde geht hervor, daß
hier eine Verschmelzung von ü b e r e
i n a n d e r liegenden Knorpelteilen
stattgefunden haben muß. Das obere
Skelettstück h a tte homokontinuierliche
Verbindung mit den beiden
Hinterwurzeln der Ala orbitalis und
muß bald hinter dem Ansatz der
Wurzeln ihr Ende gehabt haben.
- Ala orbitalis
Cart. Meckel.
Mandibula
Es erhebt sich nun die Frage, ob dies Verhalten, das sicherlich ursprünglich ist, schon bei
einfacheren Formen anzutreffen ist. Die Betrachtung des Schädelmodells von Lacerta ogüis zeigt
uns sofort ein Skelettstück, das dem soeben beschriebenen Knorpelgebilde höchst wahrscheinlich
homolog is t: es ist die von G a u p p (1900, S .471) als Subiculum infundibuli bezeichnete Knorpelp
la tte (vgl. auch N i c k , 1912, S. 110). Die Ähnlichkeit ist architektonisch so groß, daß es kaum der
Heranziehung weiterer topographischer Einzelheiten bedarf, um die Übereinstimmung zu beweisen.
Vorn geht diese Knorpelplatte bei Lacerta kontinuierlich in das Septum interorbitale über und knickt
hinten rechtwinklig in die Taenia metoptica um, ohne sonst eine Verbindung mit den Trabekeln einzugehen.
Beim älteren Lacertaembijo von 47 mm Gesamtlänge findet sich freilich eine knorpelige
Verbindung mit den Trabekeln, a b e r n u r a u f d e r r e c h t e n S e i t e , und beim jüngeren
Embryo von 31 mm Gesamtlänge f e h l t s i e a u f b e i d e n S e i t e n (Ga u p p ) . Dazwischen
findet sich das Chiasma und lateral der Austritt des Sehnerven. I n a l l e n P u n k t e n b e s t e h t
a l s o v ö l l i g e Ü b e r e i n s t i m m u n g m i t d e n f ü r n o c h j ü n g e r e S t a d i e n
v o n i U e j a p i e r « . a n z u n e h m e n d e n V e r h ä l t n i s s e n .
Bei diesen Betrachtungen haben wir vorausgesetzt, daß das Solum (Planum) supraseptale der
Saurier der Ala orbitalis der Säugetiere homolog ist, was G a u p p (1900, S. 539; 1902, S. 194)
gezeigt hat.
Freilich fehlt bei Lacerta noch eine paarige Anordnung der die Foramina optica oral begrenzenden
Knorpelteile, aber wir müssen nunmehr wohl annehmen, daß einerseits die starke kaudal-
wärts gerichtete Weiterentwicklung der Nasenkapsel sowie die Vergrößerung des Großhirns bei
Säugetieren eine Verlagerung des Planum (Solum) supraseptale der Saurier nach unten hinten und
außen bewirkt hat. Besonders die starke Entwicklung des Gehirns h a t diese P latten wahrscheinlich
immer mehr auseinander gedrängt (und zwar besonders vorn), so daß allmählich der „scharfe Hinterrand“
des Septum interorbitale, der die vordere Begrenzung der Fenestra optica bei Lacerta bildet
( G a u p p 1900) und der natürlich mit den vordem Wurzeln der Ala orbitalis bei Säugetieren zu
vergleichen ist, allmählich auch in einen rechten und einen linken Teil auseinander gespalten wurde.
Dieser in der Stammesgeschichte anzunehmende Vorgang zeigt sich bei Lacerta bereits deutlich
ontogenetisch angedeutet, indem hier der ältere von G a u p p modellierte Schädel schön eine Spaltung
des Solum supraseptale in zwei Plana supraseptalia aufweist.
Wenn auch die eben beschriebenen morphologischen Verhältnisse des basalen Teiles der Regio
orbitotemporalis sich nur beim jüngsten Embryo I I I und auch hier nur andeutungsweise finden, so
sind diese Andeutungen, wie ich gezeigt zu haben hoffe, doch deutlich genug, um Beziehungen zum
Reptilienschädel nachzuweisen.
Während nun in anderen Fällen die scheinbare Primitivität einzelner Organe oder Organteile
bei Walen sich bei näherer Untersuchung oft als sehr komplizierte sekundäre (oder tertiäre) Umbildung
erweist, haben wir es hier zweifellos mit einem recht ursprünglichen Verhalten zu tun, das
bei dem sonst funktionell und morphologisch so stark spezialisierten Walschädel besonders auffallend
erscheint.
Ala orbitalis.
In allen drei untersuchten Stadien von Megaptera ist die Äla orbitalis gut ausgebüdet und
zeigt ein typisches Verhalten, nämlich den Besitz von zwei Wurzeln und ferner die übliche Verbindung