Produkte als Abfallstoffe wieder abgibt. Ein Teil der aufgenommenen Nahrungsstoffe wird ja verwandt
zum Ersatz einer entsprechenden Menge abgenützter Gewebestoffe, welche aber dafür an seiner
Stelle oxydiert werden. Ein anderer Teil kann in Form von Reservestoffen im Körper längere Zeit
abgelagert werden, kommt aber zu seiner Zeit auch wieder zur Oxydation. Auch die in Form von
Verdauungssäften in den Darmtraktus entleerten Stoffe kehren zum allergrößten Teil aus dem Darm
wieder in das Blut zurück.
Wenn also ein Säugetier dauernd im gleichen Zeitraum eine mehrfach größere Menge von
Nahrung verdaut und in sein Blut aufnimmt als ein gleich großes Reptil, dann muß auch dauernd in
den Geweben seines Körpers eine entsprechend größere Menge von Stoffen, teils von n eu eingeführten
oder in Reserve gehaltenen Nahrungsstoffen, teils von abgenutzten Gewebestoffen, oxydiert und
ausgeschieden werden. Der Stoffwechsel muß daher beim Säugetier ein sehr viel lebhafterer sein als
beim Reptil. Infolgedessen steigt auch der Bedarf an Sauerstoff ganz erheblich. Um diesen zu
decken, muß beim Säügetier eine beträchtliche Vergrößerung der Lungenoberfläche vorhanden sein,
verbunden mit einer bedeutend erhöhten Atem- und Pulsfrequenz. In innigem Zusammenhang
mit diesen Anforderungen steh t auch die Durchführung einer vollständigen Trennung der beiden
Herzkammern, wodurch eine Vermischung des arteriellen und venösen Blutes völlig ausgeschlossen
und der Blutkreislauf der Säuger vollkommener wird.
Da nun die Oxydation stets u n te r Wärmeentwicklung von sta tten geht, muß bei der erheblichen
Steigerung der Oxydationen im Säugetierkörper dauernd eine beträchtlich größere Menge von
Wärme erzeugt werden als in dem des Reptils, und die Folge muß eine dauernde Erhöhung der
Körpertemperatur sein. J e mehr Nahrungsstoffe dem B lute durch die Verdauung dauernd im gleichen
Zeitraum zugeführt werden, um so höher muß seine Temperatur steigen. Welche Bedeutung h a t
nun die Wärme für den Organismus?
7. Die Körperwärme, ihre Herkunft und ihre Vorteile.
Alle Lebewesen bedürfen der Wärme, um ihre Lebenskraft entfalten zu können. Bei den
Tetrápoda vor allem ist eine gewisse, bei den verschiedenen Formen außerordentlich verschiedene
Höhe der Körpertemperatur nötig, damit die Lebensäußerungen sowohl des ganzen Tieres wie seiner
einzelnen Organe sich in geeigneter Weise abspielen können. Die Wärmequellen können außerhalb
oder innerhalb des Organismus liegen. Die nötige Wärmemenge kann daher direkt von außen
bezogen werden. Entweder ist nämlich das umgebende Medium, Wasser oder Luft, schon warm
genug, oder das Tier muß sich der direkten Sonnenbestrahlung aussetzen. Die nötige Wärmemenge
kann aber auch im Körper des Tieres selbst erzeugt werden, indem darin befindliche Stoffe, Träger
potentieller Energie, einen Oxydationsprozeß durchmachen und verbrennen. Die Ergiebigkeit dieser
Wärmequelle ist vollkommen abhängig von der Menge der aufgenommenen Nahrung, welche die
oxydierten Stoffe fortdauernd zu ersetzen hat.
I s t nun die Nahrung nicht sehr reichlich und die Zufuhr neuer Nahrungsstoffe ins Blut etwas
spärlich, wie es in der Regel bei Reptilien der Fall ist, so wird damit allein der Wärmebedarf des
Tieres nicht gedeckt; bei ihnen ist daher höhere Luft- oder Wassertemperatur, bezw. stärkere
Sonnenbestrahlung notwendig, um die Lebensgeister des Tieres genügend zu wecken. Je höher nun
die Zufuhr an Wärme ist, die den Tieren aus diesen Quellen zukommt, desto lebhafter werden alle
ihre Lebensäußerungen, bis ein Optimum in der Durchwärmung des Körpers erreicht ist. Eine
Steigerung der Temperatur über dieses Optimum ist verhängnisvoll für das Leben und wird mit
allen Mitteln vermieden. J e tiefer aber die Körpertemperatur unter diesem Optimum bleibt, desto
träger werden alle Lebensäußerungen, bis bei einer gewissen niederen Temperatur ein Erstarrungszustand
e intritt, bei dem alle Lebensäußerungen nahezu ganz aufhören. Innerhalb dieser beiden
Temperaturgrenzen zeigen die Reptilien jedoch normale Lebensäußerungen. Nur gilt allgemein
für sie der Grundsatz: „je wärmer, desto lebhafter“ .
Die Steigerung der Lebensenergie bei höherer Temperatur bezieht sich auch auf die Nahrungsaufnahme
und Verdauung, die bei höherer Temperatur sehr ausgiebig ist, bei niederer schließlich ganz
unterbleibt.1) Reptilien sind außerordentlich abhängig von den A ußentemperaturen und vom Sonnenschein,
da diese die Hauptquellen der ihnen nötigen Körperwärme sind, welche durch die Nahrung
nur zum geringsten Teil gedeckt wird. Aber gerade, wenn die Außentemperatur niedrig ist, versagt
die Nahrungsaufnahme als Wärmequelle ebenfalls ganz. Reptilien sind daher am lebhaftesten im
Sonnenschein und in warmen Klimaten; in unseren Breiten verfallen sie alle in Winterschlaf.
Umgekehrt b ildet bei den Säugetieren die Nahrung die Hauptquelle der nötigen Körperwärme.
Bei der viel reichlicheren Nahrungsaufnahme bleibt ein großer Teil davon verfügbar lediglich zur
Befriedigung ihres Wärmebedarfs. Der Körper der Säugetiere ist daher nicht oder viel weniger
angewiesen auf außerhalb des Körpers liegende Wärmequellen. E r ist wenig von der Außentempera
tu r abhängig. Auch bei den Säugern besteht ein Optimum der Körpertemperatur. Dieses muß
aber bei. ihnen unter allen Umständen erreicht sein, wenn ihre Lebensäußerungen überhaupt normal
vor sich gehen sollen. Dies Optimum schwankt bei jeder Art nur unbedeutend. Die Körpertempera
tu r muß daher konstant bleiben, Säugetiere sind homöotherm. Es ist eine auffallende Erscheinung,
daß die warmblütigen Tiere, auch die Vögel, dauernd eine gleichbleibende Körpertemperatur haben
müssen. Ein merkliches Sinken ihrer T emperatur unter dieses Optimum bedeutet die gleiche Lebensgefahr
für sie wie ein merkliches Steigen darüber.
Im Gegensatz dazu vertragen die kaltblütigen Wirbeltiere, denen ein merkliches Steigen ihrer
Körpertemperatur ebenso verhängnisvoll wird wie den Warmblütern, ohne weiteres das Sinken ihrer
Körpertemperatur im weitestgehenden Maße; ja bei vielen von ihnen dürfte während ihres ganzen
Lebens das Optimum ihrer Körperwärme nur selten erreicht werden.
Zweifellos besitzen die Säugetiere in der Homöothermie einen großen Vorzug gegenüber den
poikilotherm gebliebenen Reptilien, obwohl es feststeht, daß diese K altblüter bei einem viel geringeren
Nahrungsbedürfnis in geeigneter Umgebung gleichfalls vorzüglich gedeihen. Es ist aber ein ungeheurer
Vorteil der Warmblüter, daß sie unabhängig von der wechselnden Außentemperatur, die gewöhnlich
niederer ist als das Optimum ihrer Körpertemperatur, dauernd im Vollbesitz ihrer Lebenskräfte sind,
während die von der Außentemperatur abhängigen Kaltblüter vielfach einen großen Teil ihres Lebens
das Optimum ihrer Körperwärme nicht zu erreichen vermögen und daher als Poikilotherme in dem
Vollbesitz ihrer Lebenskräfte sich n ur dann befinden, wenn die Witterung ihnen besonders günstig ist.
Säugetiere zeigen in den Tropen wie in kalten Zonen, zur warmen wie zur kalten Jahreszeit,
bei Tag, wenn die Sonne scheint, wie zur Nacht durchschnittlich die gleiche volle Lebensintensität.
Mit Ausnahme von einigen, meist kleinen winterschlafenden Arten ist die große Mehrheit der Säuger
verhältnismäßig unabhängig von der Außentemperatur in der Fähigkeit, ihre Lebenskraft zu äußern;
i) Bei einer großen Riesenschlange, Python molurus, nahm nach H. M. Phipson die Dauer der Verdauung einer großen
Beute während der heißen Zeit 8 Tage in Anspruch (von der Mahlzeit bis zur Kotentleerung), während kälterer Witterung bis
88 Tage. Ähnliche Zahlen gibt Vaillant für Eunectes murinus an. In der kalten Zeit blieb P. molurus 113 Tage ohne Nahrung.
Zoologien. Heft 71. 4