Aus dem eben Gesagten geht hervor, daß die Sekretion der „ekkrinen“ Drüsen wahrscheinlich
ein recht komplizierter Vorgang ist.
Wie sich diese verschiedenen Abschnitte des Ausführungsganges in der Milchdrüse verhalten,
habe ich noch nicht untersuchen können.
20. Die „apokrinen“ Drüsen entwickeln sich bei allen Säugetieren und dem Menschen vor den
Talgdrüsen, ob hiervon beim Menschen hin und wieder Ausnahmen Vorkommen, wie Carossini annimmt,
müßte erst noch näher untersucht werden.
Die „apokrine“ Drüse legt sich stets nach oben, also distalwärts, von der „Haardrüse“ (Talgdrüse)
an, entsprechend ihrer früheren Differenzierung. Nur bei manchen Hundearten scheint das umgekehrte
Verhalten stattzufinden, soweit man aus den Literaturangaben über Befunde an erwachsenen
Hunden schließen kann; vielleicht auch beim Kalbe ( Leydig). Durch weitere entwickelungsgeschichtliche
Untersuchungen müßten diese Fälle noch näher aufgeklärt werden. Entsprechend ihrer früheren onto-
genetischen Differenzierung aus dem primären Epithelkeime kann man vielleicht annehmen, daß die
„apokrinen“ Drüsen auch phylogenetisch früher entstanden sind, als die „Haardrüsen“ (Talgdrüsen),
daß sie also die primitiveren sind und sich vielleicht bald nach dem Haare, oder mit diesem zusammen
oder auch vielleicht sogar vor ihm angelegt haben. Die „Haardrüsen“ (Talgdrüsen) werden sich wahrscheinlich
erst als eine Begleiterscheinung der Haarentwickelung herausgebildet haben (Maurer) und
daher würde man ihnen auch eine sp e z ifisc h e B e z ieh u n g zu den Haaren zuschreiben müssen.
Hierfür spricht auch der Umstand, daß sie fast nie an den Haaren fehlen, selbst bei den Sinushaaren
vorhanden sind, während die „apokrinen“ Drüsen nicht nur bei den Sinushaaren, sondern auch sonst
vielfach während der Entwickelung verloren gehen. Merkwürdig ist dabei das a u ß er o rd en tlich
w e ch se lnd e G röß en v e rh ä ltn is zwischen den Haardrüsen und den Haaren, für das sich bis jetzt,
so weit ich sehen kann, noch keine bestimmte Begel aufstellen läßt. Man könnte hieraus zunächst
schließen, daß d ie ses V e rh ä ltn is ab h ängig is t von der ganzen K ö rp e rb e sch a ffen h e it der
e in z e ln en Tierarten. Die „apokrinen“ Drüsen werden nach den Literaturangaben auch an den
Sinushaaren entwickelungsgeschichtlich angelegt und gehen erst später verloren.
21. Die „apokrine“ Drüse und die „Haardrüse“ (Talgdrüse) entstehen schon bei der ersten
Anlage regelmäßig auf der „hinteren“ ( Pinkus) Seite des Haarbalges, die gleichzeitig bei den schräg
liegenden Haaranlagen auch die „untere“ ist. Auf dieser selben Seite des Haarbalges bleiben sie auch
weiterhin liegen. Immerhin scheint durch lokale Einflüsse die „apokrine“ Drüse sich auch so weit
herumschieben zu können, daß sie an der rechten oder linken Seite des Haarbalges einmündet oder
sogar auf dessen „vorderer“ (Pinku s), bei den schrägliegenden Haaren zugleich „oberer“ Seite. Die
Drüse würde sich also mit ihrer Ausmündung um 90 bis 180 Grad um den Haarbalg herumschieben
können, also in sehr beträchtlicher Ausdehnung. Hierbei wäre noch zu untersuchen, ob dieses Herumwan
dem um die rechte oder linke Seite des Haarbalges stattfindet, oder um beide. Bei den Cilien
der Augenlider ist die Hautseite die „hintere“ und die Conjunctivalseite die „vordere“, dementsprechend
verhalten sich hier auch die JfoWschen Drüsen, doch scheinen gerade bei diesen verhältnismäßig
oft Abweichungen von der Grandanordnung vorzukommen. Vielleicht ist das darauf zurückzuführen,
daß hier im Lide die verschiedenen Gebilde besonders eng aneinander liegen und sich daher
gegenseitig verdrängen können. Hin und wieder scheinen auch zwei oder sogar drei „apokrine“ Drüsen
zu einem Haarbalge zu gehören. Beim Menschen scheint dieses besonders häufig im Lide vorzukommen,
bei manchen sonstigen Säugetieren scheint es verhältnismäßig oft vorzukommen. Auch die
„Haardrüse“ (Talgdrüse) kann mehrfach Vorkommen, so daß eventuell ein Kranz von solchen Drüsen
um den Haarbalg herumliegt. In solchem Falle liegen die verschiedenen Ausmündungen auch an
verschiedenen Seiten des Haarbalges. In manchen Fällen scheint sogar nach den vorliegenden Angaben
eine obere und u n te r e Anla g e von Haardrüsen an demselben Haarbalge vorzukommen. Die
Art der Entstehung einer solchen müßte erst noch genauer entwickelungsgeschichtlich untersucht
werden.
Zur Entscheidung der Frage, ob eine große ,,Haardrüse*&fTalgdrüse) als eine einzige hoch organisierte
Drüse anzüsehen ist, oder ob sie aus kleineren Drüsen besteht, die in einen zum Ausführungsgange
umgebildeten Drüsenteil eines Haarbalges ausmünden, muß man nach Brinkmann (1914, S. 26/27)
die Entwickelungsgeschichte heranziehen.
Sehr merkwürdig ist es, daß, nach den vorliegenden Angaben, die Milchdrüsen sich stets an
der Seite ihrer Haare anlegen, die nach dem Zentrum der ganzen Drüsenanlage gerichtet ist. Die
Haare mit ihren Drüsen müssen hier also einen engen Kreis bilden, eine Art von Büschel, und die nach
dem Zentrum des Kreises schauende Seite der Haarbälge muß immer die untere sein. Die Ursache
für diese eigenartige Anordnung müßte noch gefunden werden.
22. Die „apokrinen“ Haut-Drüsen haben schon bei ihrer ersten Entstehung in der Säugetierreihe
wohl sicher als „Exkretionsorgane“ gedient, welche daneben vielleicht noch eine besondere funktionelle
Bedeutung für das Haar besaßen, eine Bedeutung, die ihnen bei der weiterhin eingetretenen Entwickelung
der „Haardrüsen“ (Talgdrüsen) in mehr oder weniger hohem Grade von diesen abgenommen
worden ist. Außerdem haben sie wohl von vornherein noch Nebenfunktionen gehabt, auf welche ich
weiter unten noch zu sprechen kommen werde.
23. So weit mau nach der ontogenetischen Entwickelung beim Menschen urteilen kann, müssen
auch die „ekkrinen“ Drüsen als sehr alte, primitive Organe angesehen werden.
24. Aus was für Drüsen Organen der Vorfahren der Säugetiere, seien diese nun mehr amphibienartig
oder mehr reptilienartig gewesen, die „apokrinen“ und die „ekkrinen“ Drüsen hervorgegangen
sind, oder, ob sie mit den Drüsen dieser Vorfahren keinen Zusammenhang haben, sondern neu entstanden
sind bei der Bildung des Haarkleides, läßt sich vorläufig noch nicht sagen. Die hierüber
bisher vorliegenden Untersuchungen geben noch zu wenig Anhalt für irgend welche Schlüsse.
25. Die Entwickelung der „apokrinen“ Drüsen und der „Haardrüsen“ (Talgdrüsen) im Verhältnisse
zu der des Haares tritt nach den vorliegenden Untersuchungen bei den verschiedenen Säugern
verschieden früh ein, was wohl veranlaßt worden ist durch die spezifische Differenzierung der
einzelnen Tierarten.
26. An sich haben die „ekkrinen“ Drüsen gar keine Beziehungen zu den „primären Epithelkeimen“
und damit zu den Haarbälgen, eine rein topographische Beziehung kann aber zustande kommen und
kommt oft zustande dadurch, daß die* Haaranlagen nicht senkrecht, sondern mehr oder weuiger
schräg in die Haut hineinwachsen. In solchem Falle kann die fast senkrecht in die Haut hineinwachsende
Anlage der „ekkrinen“ Drüse auf die „obere“, nach Pinkus „vordere“, Seite des Haarbalges
stoßen. Im erwachsenen Zustande sieht man dann den Knäuel einer „ekkrinen“ Drüse auf
der genannten Seite dem Haarbalge mehr oder weniger dicht anliegen, während der Ausführungsgang,
sich von dem Haarbalge abwendend, mehr oder weniger senkrecht zur Hautoberfläche hinzieht.
Ebenso ist es möglich und kommt vor, daß eine „ekkrine“ Drüse bei ihrer Anlage dicht neben
dem Abtritte einer Haaranlage von der Epidermis in die Haut hineinwächst, dann kann man später
bei einer nicht ganz genauen Untersuchung den Eindruck erhalten, daß eine „ekkrine“ Drüse, in
ähnlicher Weise wie eine „apokrine“ , eine Beziehung zu dem Haarbalge besitzt.
Zoologien. Heft 72. W