„ H i e r f ü r spricht einmal die veränderte Reaktion, die Alkalescenz dieser Schweiße, zweitens ihr sehr geringer Gehalt
an organischen Substanzen und ihrer Annäherung an die Zusammensetzung der Blutflüssigkeit.“
Der Eiweißmangel braucht nach Unna von dem Gedanken einer Filtration durch die Stachelzellen
in den Ausführungsgang nicht abzuschrecken (S. 95). Für die mangelnde Schweißsekretion
in manchen Fällen von heißer Haut ist Unna geneigt, die Ausdehnung der Hornschicht durch die
Wärme als Grund anzunehmen (S. 97). Es gibt einen Punkt innerhalb der Hornschicht, an welchem
der Effekt einer Volumsvermehrung derselben bedeutender ausfällt als an irgend einem anderen,
das ist der spaltförmige Durchtritt des Schweißdrüsenkanales durch die basale Hornschicht, durch
Oehls Stratum lucidum (S. 98). Ob diese letztere Annahme wirklich zu begründen ist, erscheint mir
zunächst noch zweifelhaft, sonst wird man aber diesen Betrachtungen von Unna eine gewisse Berechtigung
nicht versagen können. Man wird vor allen Dingen wohl als w ahr sche in lich
annehmen dürfen, daß der zw ischen den S ta ch e lz e lle n b e fin d lich e Gew eb ssa ft in
das Lumen des Ausfü h ru n g sg an g e s ü b e r tr e ten k an n, und zwar n ic h t nur bei hohem
Drucke , sondern auch u n te r g ew öh n lich en V e rh ä ltn is s en , bei hohem Drucke n a tü r lich
in größerer Menge. Der Gewebssaft würde dann mit dem Drüsensekrete zusammen auf der
Haut als „Schweiß“ erscheinen. Bei dieser Annahme würde die verschiedene Menge und die verschiedene
Art des Schweißes, den dieselben Drüsen zu verschiedenen Zeiten und unter verschiedenen
Umständen liefern, der bald sauer, bald alkalisch reagieren kann, auch leichter zu verstehen sein.
Henle (1873) hat die Schw e iß d rü sen n e rv en für die Verschiedenheit der Sekretion herangezogen.
Zweifellos werden diese von Bedeutung sein, sie werden sicher die Menge und die Beschaffenheit
des Drüsensekretes innerhalb bestimmter Grenzen ändern können; darauf, daß der Gewebssaft der
Haut sich in verschiedenen Mengen dem Sekrete beimischt, sind sie aber natürlich ohne Einfluß,
dieser Vorgang ist ganz unabhängig von ihnen und voraussichtlich abhängig von den Gefäßnerven
der Haut. Ich würde es also für w ah r sch e in lich h a lten , daß an der S chw e iß d rü sen sek
re tion b e t e ilig t sind: e-Drüsen und E p id e rm is, Drüsenn erven und Gefäßnerven
der Haut. Wie weit sich der sonstige Ausführungsgang (Anfangsstück und Mittelstück) wahrscheinlich
an dem Vorgänge der Schweißsekretion beteiligen wird, habe ich oben besprochen. Aus dem
bisher Gesagten geht jedenfalls hervor, daß die S ek r e tio n des Schw e iße s ein recht k om p liz
ie r te r Vorgang is t , k om p liz ie r te r als man bisher angenommen h a t, daß man an dem
Schweiße unterscheiden könnte: den „D rüsenschw e iß“ und den „E p id e rm isschw e iß “ , d. h. die
zwischen den Keimzellen befindliche Körperflüssigkeit, die bei dem starken Schwitzen, bei dem sie
zur Geltung kommt, eine andere Beschaffenheit, eine mehr wässerige, haben kann als gewöhnlich, und
daß man daher die „e-Drüsen“ auch bezeichnen könnte als „Drüsen für Schweiß und K ö rp e r f
lü s s ig k e it“, also als die richtigen Verdunstungs- und. Abkühlungsdrüsen, die zugleich aber auch
stark entgiftend durch ihre eigentliche Drüsentätigkeit wirken. Jedenfalls erscheinen sie daher als
außerordentlich wichtige Organe.
Wesentlich anders verhält sich nun das „E ndstück“ bei der a-Drüse. Der an sich schon
weitere Ausführungsgang erweitert sich innerhalb der Epidermis des Haarbalges noch weiter trichterförmig
und tritt geradlinig hindurch. Die Homschicht zieht dabei ziemlich weit in das Innere des
Trichters herab. Auch wenn der Ausführungsgang nicht in einen Haarbalg mündet, sondern frei
auf der Epidermis, sind die Verhältnisse ganz ähnlich. Die Form des in tra ep id e rm o id a len Abs
ch n itt e s is t also bei den a-Drüsen und e-D rüsen w e sen tlich ve rsch ied en . Es folgt
aus dem Gesagten, daß der intraepidermoidale Abschnitt der a-Drüse kaum dazu geeignet ist, Gewebssaft
aus der Keimschicht aufzunehmen. Ich möchte annehmen, daß man bei den a-Drüsen einen
Übertritt des Gewebssaftes gar nicht weiter in Betracht zu ziehen braucht. Bei den a-Drüsen
wird also nur die F u n k tion der Drüse an s ich , zusammen m it der ihres A u sfü h ru n g sganges
im Corium, in Frage kommen, bei den e-Drüsen einmal die F u n k tion der
Drüse s e lb s t , die ihres Ausfüh ru ng sg ang e s im Corium und endlich der e v en tu e lle
Ü b e r tr itt des G ew eb ssa fte s aus der Epidermis in das E n d stü ck des Ausfüh ru ng sganges.
Sind die a-Drüsen in bezug auf ihr D rü sen ep ith e l w e it k om p liz ie rter g e ba
u t als die e -D rüsen, so sind d ie se k om p liz ie r te r in bezug auf den Bau ihres A u sfü
hrungsganges. Jedenfalls unterscheiden sich die beiden Drüsenarten aber deutlich voneinander.
Ich möchte jetzt noch eingehen auf die a-Drüsen der A u g en lid er , die AfoiZschen D rü sen.
Sie sind insofern einfacher, primitiver als die sonstigen a-Drüsen des menschlichen Körpers,
als sie keine Knäuel bilden, und lassen manches für die a-Drüsen Charakteristische recht gut erkennen,
so daß dadurch die bisher hier schon gegebene Beschreibung dieser Drüsenart noch vervollständigt
werden wird.
Virchow (1910) hat diese Drüsen sehr eingehend behandelt. Er spricht sich dabei ganz zuerst
auch über ihre Bezeichnung als „Mollsche Drüsen“ aus. Er sagt darüber S. 381:
„Moll hat an den Drüsen, die nach ihm benannt zu werden pflegen, kein großes Verdienst. Weder hat er sie entdeckt,
noch hat er sie genau geschildert; sie sind nicht einmal aufgenommen in der Figur des Liddurchschnittes, welche
Moll im dritten Bande des Archivs für Ophthalmologie gegeben hat.“
Ferner, ebenfalls S. 381:
„Moll führt auch selbst an, daß schon Koelliker (s. dessen mikroskopische Anatomie, Bd. 1, Fig. 38) die Einmündung
dieser Drüsen in Haarbälge bekannt war.“
Moll (1857) sagt nun S. 261 und 262:
„Auch am freien Rande der Lider kommen Schweißdrüsen vor, von denen* wie Koelliker (Mikroskopische Anatomie,
Bd; 1, S. 143, Fig. 38) bereits angibt, einzelne in dem oberen Teile der Haarfollikel ausmünden können. Wir fanden die
Schweißdrüsen an diesen Stellen von einer sehr eigentümlichen Form. Fürs erste sind sie sehr schmal, Ferner bestehen
sie offenbar nur aus einem einzigen gewundenen Kanal, welcher zuweilen rückwärts verlaufende Schlingen macht,
in anderen Fällen aber nur im Zickzack aus der Tiefe zur Oberfläche verläuft, um als gerader Ausführungsgang sich in eine
Wurzelscheide fortzusetzen.“
Daß Moll diese Drüsen auf seiner Abbildung nicht wiedergegeben hat, ist richtig, daß Koelliker
sie aber vorher schon beschrieben hat, ist nicht richtig. Moll sagt ja in seiner Beschreibung auch
nur, daß Koelliker angegeben habe, daß diese Schweißdrüsen in dem oberen Teile der Haarfollikel
ausmünden können, und mehr sagt Koelliker auch wirklich nicht. Weder in der „Mikroskopischen
Anatomie“ (1850), noch in seinem „Handbuch der Gewebelehre“ von 1852, noch in der fünften Auflage
dieses Handbuches von 1867 macht Koelliker irgendeine Angabe über diese Drüsen mit Ausnahme
dessen, daß Schweißdrüsen in den Balg der Cilien ausmünden können. Die von Moll zitierte
Fig. 38 in der „Mikroskopischen Anatomie“ von Koelliker ist auch gar nicht für die Drüsen gegeben,
sondern für den Haarwechsel und zeigt eine ausgezogene Augenwimper eines einjährigen Kindes,
an der auf der einen Seite an dem Haarbalge drei Gebilde gezeichnet sind, welche von Koelliker als
drei „Schweißkanäle“ bezeichnet werden, die in den oberen Teil des Haarbalges einmünden. Ob
diese Gebilde wirklich alle drei Schweißkanäle gewesen sind, läßt sich jetzt natürlich nicht
mehr entscheiden, sehr wahrscheinlich ist es nicht gerade, denn daß drei a-Drüsen mit ihren Ausführungsgängen
an einer Stelle zusammen in den Haarbalg einer Cilie ausmünden, dürfte, wenn es
überhaupt vorkommt, ein äußerst seltener Fall sein. Wenn dies nun alles ist, was Koelliker über diese