Arieiro zu Pferde angeführt. Letzterer giebt Befehl zum Aufbruch, zum
Rasten oderUebernachten der Truppe, sieht auf das Gleichgewicht der Lasten,
auf die gute Beschaffenheit der Tragsättel {Cangalhas) , bessert diese aus,
wenn sie verwunden, heilt die kranken Thiere und sorgt für das Beschläge.
Ihm sind die Treiber {Toccadores) , deren jeder gewöhnlich einen Haufen
{Lote) von sieben Maulthieren besorgt, untergeordnet. Sie gehen zu Fusse,
laden auf und ab, füttern und tränken die Thiere, führen sie auf die Weide
und besorgen die Küche. Der Arieiro, gewöhnlich ein freier Mulatte, wacht
auch häufig über denVerkauf und Einkauf der Waaren in der Stadt und handelt
als Commissionär des Eigenthümers der Truppe. Die Treiber sind meisten-
theils Schwarze, die sich bald in diese Beschäftigung finden und solche
wandernde Lebensart den Arbeiten der Gold Wäschereien und der Pflanzungen
vorziehen. Der wichtigste Handelsartikel, welchen die Bewohner von
Minas Geraes {Mineiros) hieher bringen, ist rohe Baumwolle; ausserdem
aber werden eine beträchtliche Menge sehr groben Baumwollenzeuges
zur Kleidung der Negersclaven und zur Ausfuhr nach Rio grande do Sul
und Buenos Ayres, besonders aus den Kreisen {Comarcas) von Sabarä
und S. Joäo d’El Rey, ferner Käse, Speck und Tafeln von Quittenzucker
aus Minas Geraes durch die Karavanen auf dieser Strasse herbeigeführt.
Auch vielerlei Edelsteine kommen aus dem Innern hieher und es wird hier,
wie man uns versicherte, ein starker Contrabandhandel mit Goldstaub und
Diamanten getrieben, obgleich zahlreiche Polizeibeamte strenge dagegen zu
wachen pflegen. Da alle Waaren, welche von Rio nach Minas, Goyaz und
Mato - Grosso versendet werden, ihren Weg ebenfalls über Porto de
Estrella nehmen, so herrscht hier stets eine grosse Handelsthätigkeit; um
so auffallender ist es aber noch kein einziges gutes Wohnhaus und selbst
keine sichere Unterkunft für die Waaren zu finden. Jedermann muss sich
bequemen, in einer ärmlich bedeckten Scheune, welche auch die Ladung
beherbergt, Schutz zu suchen. Wenn der Reisende nicht selbst, wie es
gewöhnlich ist, Nahrungsmittel mit sich fuhrt, so muss er sich aus den Buden
{yendas) , deren es hier einige giebt, mit dem Vorräthigen versehen und für
die Zubereitung der Speisen sorgen. Gewöhnlich besteht das Mahl aus Bohnen
mit Speck gekocht oder aus trocknem gerösteten Rindfleisch; zum Nachtische
kauft man Bananen und Käse. Als Nachtlager dient eine Ochsenhaut, oder
ein in der Erde befestigtes Gerüste von Latten mit einem Strohgeflechte,
oder die Hangmatte und statt der Decke die eigene Kleidung des Reisenden.
Nachdem unser freundliche Führer die nöthigen Pferde und Maulthiere
für unsere Landreise besorgt hatte, verliessen wir das geschäftige Dörfchen
und verfolgten die Strasse, welche von hier nördlich gegen Minas führt.
Bald sahen wir uns in einer ganz neuen Umgebung. Wir ritten in einem
niedrigen Lande auf einer breiten jedoch ungepflasterten Strasse, zwischen
Hecken von den mannichfaltigsten, reich mit Blüthen geschmückten Gesträuchen
hin; zu unserer Linken hatten wir ein mit dichter Urwaldung
bekleidetes Gebirge und vor uns ein mit diesem verbimdenes höheres, dessen
kühn hervorragende nur abwärts bewaldete Felsengruppen der Landschaft
einen eigenen majestätischen Charakter verleihen. Auch auf diesem
Wege begegneten wir, wie früher in der Nachbarschaft der Stadt, keinen
grossen Pflanzungen und Anlagen, indem diese entfernter von der Strasse
in den Waldungen liegen; doch bewiesen uns einzeln’stehende Häuser mit
umzäunten Gärten umgeben, dass man die Fruchtbarkeit dieser reizenden
Gegend zu schätzen.wisse. Das breite, gegen das Meer langsam abfallende
Thal wird durch jene Gebirgskette, die Orgelberge {Serra dos Orgäos) ,
vor den kalten Winden, welche aus dem höheren Lande am Paraibaflusse
herhommen, geschützt und geniesst überdies des Vortheils, durch die von
dem Gebirge zurückgeworfene Sonne doppelt erwärmt zu werden. In
den Niederungen wuchert das Zuckerrohr mit unglaublicher Ueppigkeit, und
einen besonderen Beweis von der Kraft dieses Bodens gab uns die Erscheinung
von fast fussdicken Stämmen, die der Aeste und Wurzeln beraubt
und in mehrere Stücke getheilt, nachdem sie zur Umzäunung eingegraben
waren, sogleich Wurzel geschlagen und neue Aeste hervorgetrieben hatten.
Es waren Stämme von der Pindaiba (Xjrlopia Jrutescens) und mehrere
Crotonen; das Phänomen ist um so auffallender, als die Stücke, welche
verkehrt eingegraben wurden, eben so schnell wie die übrigen fortkamen.
Während die Versuche des Pflanzenphysiologen in unseren unfreundlichen
Breiten nur unter schwierigen Bedingungen Einsicht in die innem Vorgänge
der Vegetation gestatten, übt sich hier die Natur aus freien Stücken
jene Probleme zu lösen, und erlaubt so in ihre geheime Werksätte zu