und womit die Coroados das Zuckerrohr und andere Nationen die Pisang-
frucht bezeichnen, wollen Viele mit Recht nicht als ursprünglich indianisch
anerkennen, sondern halten es, so wie die Idee von Gott selbst, im Gegensätze
mit dem, dämonischen Principe, dem Teufel, erst durch die Missionäre
den Indianern beigebracht. Da ihnen überhaupt alle Religionsbegriffe und
die Ideen einer Offenbarung gänzlich mangeln, so müssen alle Bezeichnungen
, welche hieher gehören, aus der Sprache der Missionäre entlehnt,
oder dem indianischen Sprachbau analog von neuem gebildet werden.
Selbst von Gegenständen, die in den Kreis ihrer Sinnlichkeit fallen,
liegen ihnen manchmal die Bezeichnungen so ferne, dass man sie nur mit
Mühe ablockt. Will man z. B. von dem Indianer das Wort „Erde“ erfahren,
so muss man zuerst auf Wasser deuten, und dann im Gegensätze
von diesem auf den Fussboden zeigen, um so den Sinn der Frage in ihm
rege zu machen. Auf die Frage, was Luft heisse, hat uns, wie oft wir
sie auch wiederholten, und wie deutlich wir sie zu Versinnlichen bemüht
waren, kein Indianer geantwortet, wohl aber auf die Frage, was Wind
heisse. Für das Licht pflegen sie bei Tage die Sonne oder das Feuer auf
dem Heerde zu bezeichnen. Von Hauptwörtern haben sie höchstens nur
die Namen einzelner concreter Naturgegenstände, als Berg, Thal, Wald,
Wasser, Fluss u. dgl. Dass ihnen für Gegenstände, die ihnen durch die
Europäer bekannt wurden, z. B. für König, General, weisser Mensch,
Tisch, Stuhl, Hut, Tuch, Glas, Kleider, Pferd, Ochs, Schaaf, Schweinu.s.w.
die Worte fehlen, ist ohnehin begreiflich. Nach und nach nehmen sie dafür
die portugiesischen Bezeichnungen an, die sie mehr oder weniger umändern.
So nennen sie das Pferd (Caval lo)- Cavarrü, den Schlüssel (Chave) Schavi,
' den Geistlichen (Vigario) Uäre u. s. w. Dem Ochsen geben sie die Bezeichnung
eines bei ihnen einheimischen Thieres, des Tapirs, Tapira, Ihre
Pronomina sind ganz, einfach auf Ich, Du, W ir, Mein und Dein beschränkt.
Von der Beugung der Haupt- und Zeitwörter ist hier natürlich nicht, noch
weniger von einer Construction der Sätze die Rede. Sie sprechen immer
im Infinitiv, mit, oder grösstentheils ohne Pronomen oder Hauptwort.
Die Betonung, meistens auf der zweiten Sylbe, die Länge oder Kürze der
Aussprache, gewisse Zeichen mit der Hand, dem Munde, oder andere Gebärden
müssen der Rede die bestimmte Vollendung geben. Will der Indianer
z. B. sagen, „ich will in den Wald gehen“, so spricht er: Wald-gehen,
und zeigt dabei mit rüsselartig vorgeschobenem Munde auf die Gegend
hin, welche er meint. Auch in Betreff der Zahlen ist ihr^&prache nicht
ausgebildet. Sie zählen gemeiniglich nur nach den Gelenken der Finger,
also nur bis drei. Jede grössere Mehrheit drücken sie mit dem Worte
„Viel“ aus. Eben so einfach ist ihre Zeitrechnung bloss nach der wiederkehrenden
Reife der Früchte des Waldes, oder nach den Mondphasen,
von welchen letzteren sie jedoch nur die Erscheinung, ohne alle Beziehung
auf die Ursachen derselben, mit Wörtern zu bezeichnen wissen.
Dass bei dieser Einfachheit der Sprachen gewisse Laute Aehnlichkeit oder
Uebereinstimmung mit den Wörtern europäischer Sprachen verrathen,
wie z. B. das erwähnte Handti oder das Ja der Coropös mit den deutschen
Worjtern Handtuch und unserer Bejahung Ja; JBoeman, Weib, mit dem
englischen Woman, oder das E iv ir, Viru der Coroados mit dem deutschen
Bier, das IMange, Essen, und N y e ’, Nase, mit dem französischen
Manger und Nez, verdient immer eine besondere Berücksichtigung des
Sprachforschers. Uebrigens geschieht die Aussprache von den Indianern
grösstentheils mittelst der Kehle und besonders durch die Nase, weshalb
sie zur Erlernung der portugiesischen, spanischen Sprache u. s. w. mehr
Anlage zeigen, als vielleicht zur deutschen, englischen u. s. w.
Wir besuchten die Aldeas der Coroados zu allen Stunden, und erhielten
so einen lebendigen Eindruck von dem ganzen Tageslaufe dieser
Naturmenschen. Sobald das Sonnenlicht die Hütte des Indianers erhellt,
erwacht e r, steht sogleich auf und tritt unter die Thür, wo er gewöhnlich
einige Zeit mit Ausrecken und Reiben der Glieder hinbringt, bis
er sich endlich in den Wald begiebt, um ein natürliches Bedürfniss zu
befriedigen, dessen Spur er, den Katzen gleich, immerhin alsbald zu
bedecken pflegt. Hierauf geht er zur Hütte zurück, wo er die noch fortglimmenden
Kohlen des gestrigen Feuers hervorsucht, oder es mittelst zweier
trockenen Holzstäbe, deren einen er quirlend auf dem andern bis zur
Entzündung reibt, und durch Vorhalten dürren Grases oder Strohes‘von
neuem anmacht. Der gesammte männliche Theil der Bewohner nimmt hier