auf ähnliche Art wie die Capitâes mères die Ordnung in den Milizen. Die
Competenz der beiderseitigen Chefs ist ganz getrennt. Die Milicianos können
auch bei nicht militärischen Vergehungen vor ein Kriegsgericht gestellt
werden, was sie selbst gewöhnlich dem Verfahren der bürgerlichen Justizstellen
vorziehen. Die Ordenanzas dagegen sind dem Civilgerichte als ihrer
Behörde zugetheilt. Dass die Ordenanzas dazu dienen sollten, einen kriegerischen
Geist in der Masse des Volkes zu wecken und zu unterhalten, ist zwar
die Absicht; der Regierung bei Einführung derselben gewesen, sie scheinen
aber solches bis jetzt noch nicht bewirkt zu haben, und es ist durch diese
Einrichtung im Grunde mehr das Vertrauen des Einzelnen auf seine Waffe
und die Zuversicht, sie in seinen eigenen Angelegenheiten mit Vortheil
zu gebrauchen, als das patriotische Gefühl, sich ihrer in Gefahren des Vaterlandes
mit Erfolge zu bedienen, geweckt worden. Uebrigens haben die
Milizen von S. Paul vorzugsweise das Lob eines kriegerischen Gemeingeistes,
welchen sie auch in der neuen Unternehmung gegen Buenos-
Ayres bestätigten. Beide Institute der Milizen und Ordenanzen empfehlen
sich in einem jungen und noch armen Lande vorzüglich auch dadurch,
dass sie sich aus eigenen Mitteln verwalten. Die Officiere beider Corps
erhalten vom Staate keine Besoldung, mit Ausnahme der Majors der Milizen,
welche immer Officiere von der Linie sind und die militärischen
Uebungen leiten.
Die Capitanie von S.Paal ist nicht im Stande, aus eigenen Abgaben
die Kosten der Verwaltung zu bestreiten, sondern bedarf eines jährlichen
Zuschusses von sechzig Millionen Rëis. Seit der Ankunft des Königs, der
mit väterlicher Fürsorge eine strengere und schnellere Gerechtigkeitspflege,
eine gleichförmigere Erhebung der Steuern, eine ausgedehntere und deshalb
kostbarere Nationalerziehung im ganzem Lande einzuführen wünschte, haben
sich die Ausgaben der Provinz zwar vermehrt, aber die Einnahme, deren
wichtigste Quellen die Ausfuhrzölle der Colonialproducte und die Gewerbesteuer
sind, ward nicht in gleichem Maasse erhöht. Eine ähnliche Erfahrung
musste die portugiesische Regierung seither an mehreren Orten machen,
was darauf hinzudeuten scheint, dass die zweckmässige und glückliche Organisation
eines jungen Landes vielmehr von der Zunahme der Bevölkerung
als vorerst von der seines Handels und seines inneren Reichthums bedingt
werde. Vielleicht sind in keiner Provinz Brasiliens so solide und hoffnungsreiche
Fundamente für das Glück seiner künftigen Bewohner gelegt als hier,
wo die natürliche Beschaffenheit und das Klima des Landes unversiegbare
Quellen des Wohlstandes eröffnen. Hieher, nach S .Pa u l, in die kühlen zur
Viehzucht besonders geeigneten Campos versetzt, würde die Schweizercolonie,
deren Errichtung in Canta - Gallo grosse Summen ohne entsprechenden Erfolg
gekostet hat, gewiss ein baldiges Aufblühen gewonnen haben, allein die
Rücksicht der Regierung, ihre Auslagen durch Bezug von Ausfuhrzöllen
der von den Ansiedlern erzeugten Colonialproducte bald zurückzuerhalten,
scheint der Begünstigung einer allerdings langsamen, aber auch sicheren und
einträglicheren Landescultur durch Viehzucht entgegen zu seyn.
Eine sehr wohlthatige Einrichtung, die ebenfalls mit der Niederlassung
des Hofes in Rio begann, ist ein regelmässiger Postenlauf von 5. Paul
nach der Hauptstadt mittelst reitender oder gehender Boten, welche die
ihnen von dem k. Postbureau verschlossen übergebenen Briefsäcke innerhalb
vierzehn Tagen richtig überbringen. Seitdem sich ein portugiesisches Armeecorps
im südlichsten Theile Brasiliens befindet, ist auch von S. Paul bis
Montevideo der Postenlauf organisirt worden.