Fischen denken die Bewohner dieser Gegend selbst nicht einmal daran,
durch Anbau des sie umgebenden fruchtbaren Waldes den nöthigen Unterhalt
zu gewinnen; kaum pflanzen sie hinlänglichen Mais, um so mehr aber
Wassermelonen, Bataten und Zuckerrohr, welches letztere jedoch nicht ausgepresst,
sondern roh von ihnen ausgesogen wird. Bei dieser dürftigen
Lebensart in einer feuchten, keinem Windwechsel ausgesetzten, dagegen
an ungesunden Ausdünstungen reichen Gegend, darf man sich nicht wundern,
die Bewohner kränklich und blass herumschleichen zu sehen.
Als wir, von diesem merkwürdigen Thale zurückkehrend, die Ebene
von S. Cristoväo wieder zu erreichen suchten, kamen wir auf dem
andern Abhänge des Berges zur Kaffeplantage des Hrn. Dr. L esesne, der
ein grosses Stück Landes gepachtet und mit sechzigtausend Bäumchen bepflanzt
hat. Nach der Anweisung dieses erfahrnen Pflanzers säet man die
frischen Bohnen vorzüglich im Schatten anderer Haffebäume, und hebt
die Pflänzchen sammt der Erde aus, sobald sie eine Höhe von zehn bis
zwölf Zöllen erreicht haben. Man will bemerken, dass Abstreifung der
Erde von den zarten Wurzeln das Wachsthum um ein ganzes Jahr zü-
rücksetze, denn man erhält von den auf diese Weise behandelten Bäumchen
die ersten Früchte erst nach zwei und dreissig Monaten, während andere
solche schon nach zwanzig liefern. Die jungen Pflanzen werden im Quincunx
gesetzt. Viele Pflanzer stecken die Stämme in einer Distanz von sechs Fuss,
andere aber von vier, indem sie dabei als Grund anführen, dass einzelne Bäume
immer aus den Reihen aussterben. Man lässt die Bäume, durch Ausschneidung
ihrer geilsten Schösslinge in der Mitte, nur zwölf Fuss hoch wachsen, damit die
Früchte leichter zu pflücken sind, und die Aeste sich mehr in die Breite ausdehnen.
Nach vier bis fünf Jahren sind die Lesen schon beträchtlich genug,
und man stellt dann für je tausend Bäume einen Neger an. Früher, so lange
die Bäume noch nichts oder wenig tragen, reicht ein Neger hin um zweitausend
Bäume in Ordnung zu halten und das Unkraut auszujäten. Es
giebt drei Lesen, welche fast das ganze Jahr hindurch beschäftigen; die erste
fangt in Rio de Janeiro im Monat April an. Man nimmt nur die ganz reifen
rothen Beeren, die sich leicht vom Stiele ablösen und deren Saamen sich
ohne Mühe vom Fleische trennen. Diese Kirschen werden nun nicht, wie
sonst gewöhnlich geschah, auf einen Haufen geschüttet und der Fäulniss
überlassen, sondern die ganze Frucht wird, wenn man besonders sorgfältig
verfahren will, mit ihrem Fleische getrocknet, ausserdem eine Art von Oel-
mühle angewendet, um das Fleisch wegzunehmen, und die nackten Saamen
werden bis zur vollkommenen Trocknung über einen Monat lang der Sonne
ausgesetzt. Zu diesem Zwecke baut man auch Tennen von fünf und zwanzi»
bis dreissig Fuss im Gevierte von Backsteinen oder von gestampftem Lehm,
die zum Ablaufen des Regens convex gemacht sind, wobei man die Bohnen vor
dem plötzlichen Regen durch tragbare Strohdächer zu sichern sucht. Auf jede
Tenne von jener Ausdehnung können etwa dreissig Arrobas aufgeschüttet
werden. Die Zahl der Neger, von denen jeder täglich eine Arrobe auflesen
kann, bestimmt so die Zahl der nöthigen Tennen. Der ganz dürre
Kaffe wird in geflochtenen Körben an trockenen, dem Winde ausgesetzten
Orten aufbewahrt. Die Pflanzer in Brasilien, besonders in Rio, gemessen
den Vortheil vor jenen auf den Antillen, dass die Reife der meisten Beeren
in die trockene der Einsammlung günstige Jahreszeit fällt.
Einigemale verfolgten wir die Strasse von der Bucht Bota-Fogo
gegen die eine Stunde entfernte Lagoa de Roderigo Freitas, an welcher
die königliche Pulverfabrik und eine Pflanzschule für ausländische
Gewächse liegt, die den Namen eines botanischen Gartens führt. Der
Weg bald am Abhange des Granitgebirges zwischen anmuthigen Blüthen-
gebüschen von Myrten, Tournefortien , Securidaken und Paullinien, auf
welchen Gesträuchen wir zum ersten Male den Juwelenkäfer (*) lebendig
erblickten ,- bald am Ufer des Meeres sich hinziehend und mit hohen
Farnkräutern(*a) , tropischen Gräsern und Orchideen bedeckt, bietet die
lieblichste Abwechslung dar und ist, weil mehrere Einwohner der Stadt
m dieser Gegend Landhäuser besitzen, fast nie menschenleer. Die Meeresküste
lieferte uns zwar einige Ausbeute an Seesternen, Seeigeln, mehreren
Muscheln, Insecten und Seekräutern(*h) ; allein schon hier drang sich uns
die Bemerkung auf, welche sich im Verfolge der Reise überall bestätigte,
(*) Curculio imperialis. — (**) Acrostichum aureum kommt hier besonders häufig vor.__
( ) Ophiurus. Scutella sexforis Lam., quinqueforis Lam. Echinus esculentus. Cicindela maritima
nol). Fucus Maximilian! Schrad, Opuntia L., Seaforthi Turn., sedoidesBr.
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