Leuten von einer Vogelspinne gebissen wurde. Obgleich diese Thiere
allgemein als giftig verschrieen sind, so hatte doch die Wunde, nachdem
sie auf glühenden Kohlen ausgebrannt wurde, keine weiteren Folgen.
Die zahlreichen Sclaven der Fazenda feierten ein Fest, das bei Tanz,
Gesang und lärmender Musik von Sonnenuntergang bis tief in die Nacht
andaüerte. Das Getöse ihres Atabaque, einer Art Trommel, und des
Canza, eines mit eisernen Querleisten versehenen dicken Rohres, auf dem
sie durch Hin- und Herfahren mit einem Stocke einen schnarrenden Ton
hervorbringen, störte uns ebenso sehr, als der heftige Platzregen, welcher
durch den Sturmwind von allen Seiten unter unsern Hangard getrieben,
uns oft plötzlich die Lagerstätte zu verändern nöthigte. Mit dieser Nacht
begannen für uns die Unannehmlichkeiten einer Reise während der Regenzeit,
welche sich von jetzt an in strengerer Continuität nicht bloss Nachts, sondern
auch Nachmittags einzustellen schien. Ringsum eingeschlossen von waldigen
Bergen, die jeden Morgen bis tief herab in dichte Nebel'eingehüllt waren,
fanden wir bald eine bedeutende Zunahme des hygroscopischen Zustandes
der Atmosphäre. Der Fischbeinhygrometer, welcher sich in den
früheren Monaten elastischer erhalten hatte, stand jetzt sehr oft auf 60#
bis 65° und zeigte am Abend und am Morgen mehr als 70°. Für die
Bewohner selbst erschien die nun eintretende nasse^ Jahreszeit willkommen,
denn die abgetriebenen Waldplätze waren während der letzten trockenen
Monate in Asche gelegt worden und wurden jetzt für die neuen Pflanzungen
benützt. Uns dagegen musste der die Nacht hindurch bald in reichlichen
Strömen, bald in feinem Nebel herabkommende Regen und die ihn begleitende
Kälte sehr lästig seyn. Unser Gepäck, unter den gesammelten
Naturkörpern am meisten Insecten und Pflanzen, litt sehr durch diese
plötzlich zunehmende Feuchtigkeit und überzogen sich mit einem gelblichen
Schimmel (*) , dessen plötzliche Entstehung durch keine Sorgfalt abgewendet
werden konnte. Wir hofften zwar nach Uebersteigung der zweiten Gebirgskette
, die sich in der Richtung von N. W. nach S. O. gegen das Meer hin
erstreckt, ein günstigeres Klima zu finden, sahen uns aber hierin getäuscht,
(*) Es war dasselbe Eurotium herbariorum Link, welches sich auch bei uns während
feuchter Witterung in den Herbarien ansetzt.
denn das anhaltende Regenwetter verfolgte uns von jetzt an mehrere Wochen
hindurch. Die Wege, meistens im schweren Thonboden gebahnt, wurden
grundlos, und die Anschwellung der reissenden Waldbäche, durch
welche die Bagage sehr oft auf dem Rücken der Treiber gebracht werden
musste, verzögerte die Reise ungemein.
Dieser zweite Gebirgszug, aus dessen nördlichsten Thälern zwei der
Hauptquellen des Paraiba, der Paratininga und der kleinere Rio Turbo
herabkommen, besteht wie der erstere ganz aus Granit, der sich an einigen
Stellen durch flasrigen Bruch in Gneiss umgestaltet. An mehreren Plätzen
vor dem an einen Hügel gelehnten Pfarrorte (Freguezia) Bananal zeigte
das Gebirg ein Streichen in Stunde 3 und 4 , einen Fallwinkel von etwa 30°.
Der Granit. bestand hieraus vielem grauen und silberfarbenen Glimmer,
weissem Quarze und weissem oder röthlichem Feldspathe. Diese Gegenden,
obgleich nur sparsam bevölkert, scheinen jedoch fleissiger bebaut
als die vorher durchreisten. Man erblickt hie und da sehr ausgedehnte
Pflanzungen von Mais, dem wichtigsten Erzeugnisse in diesen Bergen, das
hier fünfzig bis sechzigmal die Aussaat wiedergiebt. Mehrere europäische
Ansiedler haben in den kälteren Regionen dieser Berge auch den Anbau
des Leines mit sehr günstigem Erfolge versucht, doch möchte die Cultur
dieser Pflanze bei der Häufigkeit der Baumwolle und dem geringeren Absätze
der Leinenzeuge, welche bei dem Brasilianer bis jetzt weniger im Gebrauche
sind, sobald noch nicht grosse Fortschritte machen. Auf einer beträchtlichen
Höhe hinter Bananal bemerkt man einen deutlichen Uebergang des Gneisses
in Glimmerschiefer, der in Stunde 3 streicht. Als Fündling kam uns
auf der Strasse häufig ein dichter Brauneisenstein vor, welcher in drüsigen
Glaskopf übergeht. Südlich von Bananal laufen noch mehrere Gebirgszüge
fast parallel mit einander und insgesammt dicht bewaldet von W. gegen
den Ocean hin. Die ersteren derselben von mehr abgerundeten Umrissen
und gefälligem Charakter, zwischen denen sich einige lichte Thäler mit
Teichen und üppigen Grasfluren öffnen, ■überstiegen wir in zwei Tagmärschen.
Man bemerkt überall dieselbe Gebirgsart eines ziemlich grobkörnigen
Granites mit vielem grauen und silberweissen Glimmer. In den
Thälern haben sich an kleinen Bächen mehrere Colonisten niedergelassen,
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