besonders an vielen arzneikräftigen Pflanzen sehr wichtig. Die ächte Brechwurzel
{Poaija) wird hier ziemlich häufig gefunden; sie kommt von einem niedrigen
Halbstrauche (Cephaelis Ipecacuanha R ieh.) , der überhaupt auf dem
grössten Theile der Serra do mar von Rio de Janeiro nach Norden bis in die
Capitanie von Bahia in den Wäldern an feuchten, schattigen Plätzen, und
zwar immer gesellschaftlich wächst. Jetzt, im Monate April, hatte die Pflanze
fast reife Beeren. Die Einsammlung der Wurzel geschieht durch Indianer und
durch die schwarzen Sclaven der benachbarten Fazendeiros während des ganzen
Jahres, vorzüglich aber unmittelbar nach der Regenzeit, weil dann der
weichere Boden die Wurzeln leichter ausziehen lässt. Die Indianer nehmen
dabei keine Rücksicht auf die Fortpflanzung des Gewächses, sondern sammeln
schonungslos alle Wurzeln, deren sie habhaft werden, wodurch in einiger Zeit
Mangel dieses geschätzten Arzneikörpers eintreten dürfte, wenn man nicht anfängt,
ihn aus Saamen zu erziehen. Die ausgerissenen und gewaschenen Wurzeln
werden in Bündel gebunden, an der Sonne getrocknet, und an die benachbarten
Fazendeiros, oder an Wurzelhändler, welche von Rio de Janeiro und
aus den Campos von Goytacazes hieher kommen, verhandelt. Der Preis ist in
den Wäldern sehr gering, etwa zweihundert Reis für das Pfund; die Indianer
nehmen jedoch kein Geld, sondern nur Tauschartikel, als Branntwein, Eisen-
geräthe, baumwollene Tücher u. dgl. dafür an. Man versicherte uns, dass
diese Natursöhne den Gebrauch der Brechwurzel von dem Trara, einer Marderart,
erlernt hätten, der gewohnt sey, wenn er zuviel von dem unreinen •
oder salzigen Wasser mancher Bäche und Teiche getrunken habe, das Kraut
und die Wurzel zu kauen, um sich dadurch Brechen zu erregen. Doch ist
dieses vielleicht nur eine der vielen ungegründeten Sagen, welche die Portugiesen
ohne Prüfung von den Indianern angenommen haben. Hier, wie überall
in Brasilien pflegt man die Ipecacuanha am meisten in kalter Infusion zu nehmen,
welche zwölf Stunden gestanden hat, und zwar ist. die Dose gewöhnlich
grösser als in Europa, weil die Wurzel noch mehr wässerige Theile enthält.
Nebst der Brechwurzel beherbergen die Wälder von 5. Joäo Baptista viele
andere geschätzte Arzneipflanzen, wie die Anda-agu, die Bicuiba (M y r i-
stica ojjficinalis M art.) , die Piriguaja, Bdtua, Salsa, Raiz preta {Chiö-
cocca anguifaga Mart. *), deren Gebrauch bei den Portugiesen nicht minder,
(*) IJeber die brasilianischen Brechwurzeln sehe man M artxus Specitnen Materiae medicac
brasiliensis. Dissert. 1. in den Denhschr. d. Münchner Ab ad. 1823.
als bei den Indianern eingefuhrt ist. Eine der schönsten Zierden ist die Sapu-
cäya, der Topfbaum, (Lecythis Ollaria L.). Ihr ungeheurer Stamm ist
von mehr als hundert Fuss Höhe und breitet sich in eine majestätische
rundgewölbte Krone aus, welche im Frühling beim Ausschlagen durch die
rosenfarbenen Blätter, in der Blüthezeit durch die grossen, weissen Blumen
die Wälder schmückt. Die dickschaaligen Nüsse sind von der Grösse eines
Kindskopfes, mit einem oben sich ringsum lösenden Deckel versehen, der
endlich, wenn ihn die Schwere der Frucht nach unten kehrt, abspringt,
und die Saamen herausfallen lässt. Bei starkem Winde machen diese Nüsse
ihres schweren und hohen Falls wegen den Aufenthalt im Walde gefährlich.
Die Saamen werden von den Indianern als eine Lieblingsspeise in grosser
Menge gesammelt, und entweder roh genossen, oder geröstet und zermalmt in
Töpfen aufbewahrt, die Schaalen Selbst als Becher gebraucht. Die Bewohner
des Presidio, und namentlich der Geistliche, welcher mit seinen meisten
Pfarrkindern die braune Farbe gemein hatte, bemühten sich, uns den Aufenthalt
in ihrer Wildniss angenehm und nützlich zu machen; sie'brachten
uns täglich einige Thiere oder Pflanzen, die sie unserer Aufmerksamkeit-
werth hielten. W ir mussten bei dieser Gelegenheit die genaue practische
Kenntniss bewundern, welche alle diese im Umgänge mit der Natur gebildeten
Söhne der Einsamkeit entwickelten; fast jedes Thier, jeden Baum,
jedes Kraut des Waldes wussten sie mit einem eigenen Namen zu bezeichnen,
und von den Kräften vieler derselben ausführliche Kunde zu geben.
Am 10. April verliessen wir das Presidio und reisten in Begleitung
eines Soldaten nach der Fazenda Guidowald ab. Kaum schien der, obgleich
mit etwas mehr Sorgfalt ausgehauene Weg anzuzeigen, dass wir
uns der Wohnung des Generaldirectors näherten; im Gegentheile hatten
wir einigemal Mühe, ohne Schaden zu leiden, über die tiefen Gruben und
Löcher zu setzen. Ein finsterer Urwald überschattete uns, und die sonderbarsten
Töne verschiedener Thiere drangen aus der Ferne zu üns heran.
Die zauberhafte Einsamkeit und der bewunderungswürdige Reichthum des
Waldes hielten unser Gemüth gleichsam schwebend zwischen den Gefühlen
von Furcht und Freude. Mit Erstaunen erblickten wir in den Wipfeln der
Bäume mancherlei buntes Gefieder und reiche Guirlanden der schönsten