Rio de Janeiro besitzt gegenwärtig-, nachdem das Hospital dos
Lazaros auf eine benachbarte Insel verlegt ist, zwei grosse Krankenhäuser,
das der Barmherzigkeit (Hospital da Misericordia) und das königliche
Militärkrankenhaus (Hospital Real militar), beide in der alten Stadt,
nicht weit vom Meere gelegen. Das Erstere ist durch milde Stiftungen
der Burger gegründet und wird von einem bürgerlichen Verwaltungsrathe
administrirt. Dieses Gebäude von zwei Stockwerken beherbergt in vier
Hauptsälen etwa zweihundert Kranke, könnte aber noch mehr aufnehmen.
Die Kranken sind nach ihren Uebeln abgesondert, und die Weiber in einem
grossen Saale beisammen, zu welchem den Fremden der Zugang versagt
wird. Auch einige Irren befinden sich hier unter den Kranken; doch
findet man äusserst wenige derselben in diesem Lande, wo die geistige
Bildung noch nicht sehr weit vorgeschritten ist. Mit diesem Hospital ist
auch eine Anstalt für arme Kinder vereinigt. Das königliche Militärhospital
nimmt die auf einer freien Anhöhe gelegenen Gebäude des ehemaligen
Jesuitencollegiums ein. Es ist auf einige hundert männliche Kranke berechnet,
und besteht mit mehr Ordnung und Reinlichkeit als das Bürgerspital.
Die Bedachung mit leichten Schindeln ist für ein so heisses Klima sehr geeignet,
indem der Luftwechsel durch dieseVorrichtung eben so sehr, als mittelst
Ventilatoren erleichtert wird. In beiden Krankenhäusern wird ein grosser
Theil der Arzneien in gewissen herkömmlichen, eigens eingefuhrten Formeln
gereicht. Ausserdem benützt man hier die Lissaboner, zum Theil auch
die Londner und Edinburger Pharmacopöe. Die Sitte, den Anfang und
Verlauf der Krankheit, die Diagnose, Arzneimittel und Diät auf die Tafel vor
jedem Bette zu verzeichnen, wird eben nicht mit Genauigkeit beobachtet.
Jedes dieser Institute besitzt seine eigene Capelle und Apotheke. Auch die
Engländer haben auf einer Landspitze der östlichen Seite der Bai, der
Stadt gegenüber, wo ihre Magazine für Schiffsbedürfnisse stehen, ein Seehospital
fiir ihre Matrosen errichtet, welches unter der Autorität des brittischen
Consulats von einem englischen Arzte besorgt wird, und auch wohl deutsche
Seeleute aufnimmt.
Nahe am Meere liegt die öffentliche Promenade (Passeio publico) ,
ein kleiner, mit Mauern umgebener und durch einen senkrechten Kai von
Quadern gegen das Meer geschützter Garten. Seine schattenreiche Alleen
von Manga, Jaca oder dem ostindischen Brodbaum, dem Ytó und dem
Rosenäpfelbaum (“•'), zwischen welchen die prächtigen Blumenbüsche der
Poinciane(*a) prangen, sind am Abende, wenn die Seewinde die Hitze
mildern, allerdings sehr einladend. Früher bestand in diesem Garten eine
Zucht von Cochenille auf indischen Feigenbäumen, welche zu dem Ende
längs dem Seeufer gepflanzt worden waren; gegenwärtig aber beschäftigt
man sich mit diesem Producte, welches zu einem äusserst vortheilhaften
Handelszweige erhoben werden könnte, in ganz Brasilien nicht mehr. (*b)
In der Nachbarschaft dieser Promenade bieten auch die Victualien-
märkte dem europäischen Ankömmling einen interessanten Anblick dar.
Vorzüglich reich an den sonderbarsten Gestalten von allerlei Fischen, Krebsen
und Seeschildkröten ist der neue, zunächst dem Meeresufer gelegene
Fischmarkt. Auf der entgegengesetzten Seite dieses Platzes zieht das lärmende
Geschrei der zum Verkaufe ausgestellten Papageien, anderer einheimischer
Thiere und aus fremden Welttheilen hergebrachter Vögel im schönsten Federschmucke
die Aufmerksamkeit auf sich. Auf dem Gemüsemarkt werden neben
den in Europa gebräuchlichen Arten von Kohl, Gurken, Salat, Lauch, Zwiebeln,
auch Vegetabiliën von indischer und africanischer Abkunft feilgeboten.
Die Cajanbohne (’•'*) und mehrere Arten von "Wassermelonen, die Ingwerwurzel
u. a. verdankt Brasilien dem Verkehre der Portugiesen mit Ostindien; eben
so die trefflichen Früchte der Jaca, der Manga und den Rosenapfel. Aus den
africanischen Colonien dagegen scheinen die meisten jener mannichfaltigen
rothen, schwarzen und gefleckten Bohnenarten (*d) und die mandelartige
Mundubibohne (Arachis hypogaea) (2) eingeführt worden zu seyn. Verschiedene
Arten von Bataten und Inhame^'*), die Mandiocca - und die
(*) Mangifera indica, Artocarpus integrifolia, Guarea trichilioides und Eugenia Jambos L.
(*•) Caesalpinia pulcherrima L.— (*b) Man sehe hierüber: Memoria sobre a Cochenille do
Brasil por J. de Amorim Castro in Memorias economicas da R . Academia de Lisboa. Vol. 2 .
p. 135. — (*e) Cytisus Cajan L. oder Cajanus flavus Dec., in Brasilien Andü genannt. —
(*d) Phaseolus derasus' (Schrank Hort. Mon. t. 89.) und Dolxchos sinensis (Curtis Bot. Magaz.
t. 2232.), welche Pflanze mit rothen kleinen runden Bohnen auch die Caffern und Hottentoten
bauen, sind zwei der häufigsten Arten. —* (*•) Convolvulus Batatas, Dioscorea alata L.