setzten Reisetermins nicht räthlich, und obgleich eine Reise während der
nassen Monate mit doppelten Beschwerlichkeiten verknüpft seyn musste, entschlossen
w ir uns dennoch zur baldigen Abreise ins Innere, indem wir berücksichtigten,
dass eigentlich gerade mit der Regenzeit die Thier- und Pflanzenwelt
von neuem erwache und in der reichsten Fülle hervortrete. In einer solchen
Unternehrüung nach dem Innern waren uns während der letzten Jahre
mehrere Reisende vorangegangen. Maw b , welcher von Buenos-Ay res
über 5. Paulo nach Rio de Janeiro gekommen war, hatte von hier aus
seine Reise bis Tejuco im Diamantendistricte ausgedehnt; v. E schwege war,
von seinem Wohnorte Villa Rica aus, westlich vom Rio de S. Francisco
bis zu dem Rio Abaite vorgedrungen, wo er ein Bleibergwerk angelegt
hatte • S. D. der P rinz von N euwied befand sich damals mit F reyreiss und
S ello auf der Reise längs der Küste von Rio nach Bahia ,* Auguste de S. Hi-
laire war ein Jahr früher mit Hrn. v. L angsdorff nach Villa Rica gereist,
hatte, nachdem letzterer Geschäfte wegen zurückkehren musste, noch mehrere
Gegenden der Provinz von Minas, die Indierniederlassungen von Passainha,
Tejuco und den Rio de S.Francisco bei Salgado besucht, und war eben
damals auf der Rückreise nach der Hauptstadt. Im Hinblick auf diese
Männer als unsere Vorgänger und Vorarbeiter, und allen schriftlichen
und mündlichen Erkundigungen gemäss * schien es uns am zweckmässigsten,
vorerst eine Landreise nach der südlich gelegenen Capitanie von 5. Paulo
zu unternehmen, wobei wir uns hauptsächlich an das Klima heisser Länder
allmälig zu gewöhnen, und zugleich die entgegengesetzte südliche gemässigte
Zone kennen zu lernen wünschten. Von der Capitanie von S. Paul aus
gedachten wir durch das Innere von Minas Geraes bis an den Rio de
S. Francisco und nach Goyaz zu reisen, endlich von hier entweder auf
dem Flusse Tocantins nach Para hinabzufahren oder aus dem Innern nach
Bahia und an die Küste zurückzukehren, dort unsere Sammlungen nach
Europa einzuschiffen und dann nochmals in das Innere der Capitanien von
Piauhy und Maranhäo einzudringen, um so endlich nach Para, dem
Ziele unserer Wünsche, zu gelangen. Auf dieser Reise durch einen Theil der
gemässigten sowohl als durch die gesammte heisse südliche Zone hofften wir
letztere und ihre mannichfaltigsten Producte übersehen und interessante
Vergleiche über die Natur verschiedener Breiten anstellen zu können. Muthig
und schnell ward dieser Plan entworfen. Unsere des Landes kundigen Freunde
zweifelten zwar an der Ausführung eines Unternehmens, das sie mit dem
Fluge des Icarus verglichen; sie vermochten jedoch nicht unser eigenes
Vertrauen zu mindern, von welchem inneren Gefühle geleitet wir uns
mit Zuversicht der angenehmen Hoffnung eines glücklichen Erfolgs hin-
gaben. Der Aufenthalt in der Mandiocca und die Wanderungen in der
Umgegend hatten uns mit den meisten Bedürfnissen einer solchen Landreise
bekannt gemacht. Wir dachten daher vorerst an die Anschaffung
einer Truppe von Maulthieren, der wichtigsten Lebensmittel und Geräthe,
welche man auf Preisen hier zu Lande mit sich führen muss, wobei wir
auch die Rathschläge mehrerer Mineiros benützten, die mit ihren Kara-
vanen gerade jetzt in Rio angekommen waren. Als das erste Bedürfniss
nannte man uns einen Arieiro, welchem wir die Sorge für die Thiere
und die Bagage übertragen sollten. Wir bemerkten aber bald, dass es
schwer sey einen brauchbaren Mann dieser Art aufzufinden, noch schwerer
ihn an unser Interesse zu ketten. Nach mehreren fruchtlosen Versuchen,
uns ein entsprechendes Individuum zu verschaffen, waren wir, da sich die
zur Abreise bestimmte Zeit näherte, genöthigt die Truppe einem Mulatten
anzuvertrauen, welcher sich obgleich ohne sichere Bürgschaft des Geschäftes
kundig erklärte, und wir gesellten ihm unseren Negersclaven nebst einem
anderen freien Neger als Gehülfen bei. Wie sehr diese nothgedrungene
Einrichtung die Reise in einem fremden Lande erschweren und uns oft in
die unangenehmsten Lagen versetzen werde, konnten wir freilich' damals
nicht ahnen, sonst hätten wir den Besitz eines unterrichteten und gutgesinnten
Führers gerne mit einiger Wochen Verzögerung erkauft. Dieser Mangel
eines zuverlässigen, der Wege kundigen Anführers ward uns noch fühlbarer,
als auch unser deutscher Diener am Abend vor der Abreise erklärte
dass er uns auf einer so weiten und gefährlichen Expedition bis zu den
wilden Menschen schlechterdings nicht folgen, sondern lieber hier unter
Christen Zurückbleiben wolle.
Während unserer Vorbereitungen zur Abreise traf am 5. November
Ihre K. K. Hoheit die Frau Erzherzogin in Rio de Janeiro glücklich
ein. Welch frohes Gefühl beseelte uns, als wir die erhabene Prinzessin
I. TheiJ.' x