soll früher viel Gold geliefert haben. Die wenigen Häuser, die wir
in seiner Nähe trafen, verriethen keineswegs Reichthum der Besitzer;
doch scheinen die Bewohner dieser schönen und gesunden, von den romantischen
Gipfeln der Mantiqueira beherrschten Gegend, in den Erzeugnissen
zahlreicher Heerden, die Befriedigung ihrer Wünsche zu finden. Die angenehme
Frische und Ruhe, welche man hier athmet, erinnerte an die
Triften unserer vaterländischen Voralpen, und wir zogen mit stets erhöhter
Freude und lebendigerem Interesse weiter, je näher wir dem Mittelpuncte
von Minas kamen. Nördlich und vier Meilen weiter von Rio do Peixe bei
einer einsamen Capelle, Campo Bello genannt, wo wir eine Menge loser,
Haselnuss grosser Granaten fanden, theilt sich der Weg nach der Villa
de S. Joäo do Principe in zwei: der westliche führt mehr im Thale fort,
über Boa-Vista, Brambinho und das Arraial das Lavras de Funil; er ist
mehr bevölkert und etwas länger; der östliche führt durch das Gebirge
auf wenig betretenen Nebenwegen. W ir zogen den letzteren vor, weil
wir ungern aus dieser heiteren Region herabstiegen, wo wir uns ungestört
jenen frohen Gefühlen überlassen konnten, welche auf Bergen die Seele
des Reisenden gleichsam verjüngen. Die freundliche, ächtpatriarchalische
Aufnahme, welche wir auf der Kuppe des einsamen Gebirges in einem
einsamen Meierhofe, der’ Fazenda do Corrego dos Pinheiros fanden,
harmonirte ganz mit unserer Gemüthsstimmung. Man schien hier an die
Gesellschaft der Nachbarn sehr gewöhnt, und Jeder, dem der Eigenthümer
Erlaubniss gegeben hatte, abzuladen, war Gast des Hauses, ohne etwas
Anderes, als den für seine Lastthiere nöthigen Mais bezahlen zu dürfen.
Diese gastfreie Sitte und gleiche Gutmütigkeit findet man in einem grossen
Theile von Minas. „
Wir waren hier kaum eingetreten, als ein Gewitter mit so beispielloser
Wuth losbrach, dass wir uns doppelt Glück wünschen mussten,
unter einem so wirthlichen Dache Schutz gefunden zu haben. Es war
ein plötzlicher Sturm, wie er in der gemässigten Zone nur als seltene
Naturerscheinung vorkommt. In einer Viertelstunde war aber der ganze
Aufruhr der Elemente vorüber, und die Gehänge des Thaies, von denen das
Regenwasser in wilden Bächen herabstürzte, waren nach wenigen Minuten
von der Sonne abgetrocknet. Die zahlreichen Söhne des Hauses bemühten
sich indessen, uns durch den Gesang ihrer einfachen Volkslieder zu unterhalten,
die sie mit der Guitarre begleiteten. Der gefeierteste Sänger von
Minas ist Gonzaga, einst Ouvidor von S. Joäo d'El Rey, darauf aber, als
er sich bei Ausbruch der französischen Revolution zu einer aufrührerischen
Bewegung hinreissen liess, nach Angola verbannt, wo er starb. Nebst
den unter dem Titel „Marilia de Dirceo“ durch den Druck bekannt gewordenen
Liedern dieses Dichters gehen noch eine Menge derselben im
Munde des Volkes, die nicht weniger als jene von der zarten Muse des
Unglücklichen zeugen. Ein solches ist unter anderen das kleine, in der
Beilage mitgetheilte Lied „No regago u.s.w.“, welches wir hier den Sängern
abhorchten. Wenn einst Brasilien eine selbstständige Literatur erhält, so
wird dem Gonzaga der Ruhm gehören, die ersten anakreontischen Klänge
der Lyra an den Ufern des idyllischen Rio Grande und des romantischen
Jequitinhonha versucht zu haben.
Auf dem Corrego dos Pinheiros, welcher einer Tyroler Alpenkuppe
gleicht, fangt eine neue Gebirgsformation an. Auf die bisherige Granit-und
Gneissformation folgt jetzt diejenige Form des Glimmer- oder vielmehr Quarzschiefers,
welche man gewöhnlich elastischen Sandstein nennt, und deren dünne
Schichten hier NS in Stunde 3 streichen, und einen Fallwinkel von 6o° bis 70°
haben. Unten in dem Thalgrunde kam uns zum ersten Male ein ähnlicher blauer
talkartiger Quarzschiefer zum Vorschein. Als wir bei Fortsetzung unserer
Reise am folgenden Tage unweit der Capelia de S. Antonio wieder von einem
Ungewitter überfallen wurden, nahm uns die Fazenda de Parapitinga,
die. eine halbe Legoa vom Corrego dos Pinheiros entfernt ist, auf. Sie liegt
am Fusse der Serra B ranca, eines hohen Glimmerschiefergebirges , dessen
kühne Umrisse schon seit einigen Tagen den Hintergrund unserer Aussicht
gebildet hatten. Von da aus erstiegen wir dieses Gebirge, auf" dessen
Rücken uns der W eg mehrere Meilen weit fortführte. Hier konnte man
sich durch eine ausgedehnte Fernsicht eine richtige Vorstellung von der
Bildung des Hauptgebirges dieser Gegend machen. Links halten wir das
Gebirge von Capivary, rechts die Serra de Ingahy, welche beide parallel
mit der Serra Branca von S. S. W. und S. W. nach N. N. O. und