in der Nacht, nachdem alle Coroados sich in ihre Hütten zurückgezogen
hatten, herbei und zeigten sich, durch Geschenke ermuntert, zum Tanze
bereit. Sie gingen ganz nackt, wie sie von der'Natur geschaffen waren.
Einige Weiber hatten Schlangen ähnliche Zeichnungen auf den* Armen
und andere Figuren von schwarzer und. rother Farbe im Gesichte. Aus
angebornem Schamgefühle versteckten sie sich hinter den Männern, oder
gingen mit verschränkten Schenkeln. Wir gaben ihnen Stecknadeln,
schmale Bänder, bleierne Soldaten und Reiter ü. s. w. Sie banden letztere
an Fäden und hingen sie üm den Hals. Hiebei hatten wir Gelegenheit,
die Unmündigkeit dieser Leute zu bedauern. Nachdem sie dieses Geschenk
mit gierigen Blicken empfangen und lange betrachtet hatten, befühlten sie
den Kopf, den Mund, die Füsse des Pferdes und der Bleisoldaten, und
schienen sich allmälig durch immer neues Betrachten und Betasten überzeugen
zu wollen, ob das Vorgestellte Täuschung oder Wahrheit wäre. Als sie
durch reichliche Gaben von Branntwein, den sie wie alle Indianer leidenschaftlich
lieben, zutraulich gemacht und erhitzt waren, begannen sie Nachts auf
einem freien Platze nicht weit von der Fazenda Guidouoald ihren Tanz,
Hatte schon vorher der gedrungene kleine Wuchs, die braunrothe Farbe, das
kohlschwarze, unordentlich herabhängende Haar, die unangenehme Bildung
des breiten, eckigen Gesichtes und der kleinen schief einwärtsstehenden, unstät
blinzelnden Augen, endlich der trippelnde, kurze, leise Gang dieser Waldmenschen
in uns die wehmüthigsten Gefühle über die Verkümmerung des Menschlichen
an ihnen erregt, so steigerten sich diese noch durch den melancholischen
Ausdruck ihrer Festlichkeit bei dem nächtlichen Dunkel. Die Männer
stellten sich neben einander in Linie ; hinter ihnen standen gleichfalls in Linie
die Weiber. Die männlichen Kinder, oft zwei und drei, umfassten sich und
die V äter, die weiblichen die Mütter von hinten um die Lenden. In dieser
Stellung, wie sie unter der Aufschrift: „Tanz der Purfs“ im Atlas
abgebildet sind, begannen sie ihr düsteres , in der Musikbeilage aufgezeichnetes
,,Han - jo - h ä , hä - ha - hä.u (*) Unter schwermüthigem
(*) Es ist merkwürdig, dass die Melodien, welche Lery vor mehr als zweihundert Jahren
bei den Indianern in der Nähe von Rio de Janeiro anfzeichnete, sehr viele Achnlichkeit mit
den von ans bemerkten haben. Man vergl. Lery h is t nav. in Brasil. Genev. 1594.
375
Affecte wurden Gesang und Tanz einigemal wiederholt, und beide Reihen
bewegten sich langsam in einem gemessenen Dreischritt vorwärts. In den
ersten drei Schritten setzten sie den linken Fuss vor und neigten die linke
Seite; heim ersten und dritten Schritt stampften sie mit dem linken, beim
zweiten mit dem rechten Fusse; in den folgenden drei Schritten setzten sie
zuerst und zuletzt den rechten Fuss vor, indem sie sich rechts neigten.
Auf diese Weise bewegten sie sich abwechselnd in kleinen Schritten etwas
weniges vorwärts. Sobald ihr Thema zu Ende war, liefen sie, die Weiber
mit den Töchtern zuerst, und dann die Männer mit den Knaben, wie in
einer Flucht, unordentlich rückwärts. Sie stellten sich hierauf von neuem
Und begannen so wiederholt dieselbe Scene. Ein Neger, welcher lange Zeit
unter den Paris gelebt hatte, legte uns die bei diesem Tanze gesungenen
Worte als eine Klage aus, wie sie nämlich eine Blume vom Baume hätten
pflücken wollen, aber herabgefallen seyen. Keine Deutung hätte uns bei diesem
melancholischen Auftritte näher liegen können, als die von dem verlornen
Paradiese. Je länger die Paris ihren Tanz fortsetzten, desto lebhafter
wurden sie dabei und desto lauter erhoben sie die Stimme. Später begannen
sie die Melodie mit einigen anderen zu verwechseln, und der Tanz nahm
allmälig einen andern Charakter an. Die Weiber fingen an, das Becken
stark zu rotiren und abwechselnd nach vorn und hinten, die Männer aber
nach vorn zu stossen; letztere sprängen auch, vom Gesänge besonders hin-
gerissen, aus ihrer Reihe zu den Umstehenden, um sie mit einem Stosse mittelst
des Bauches zu begrüssen. Dieses geschah einmal gegen Einen von uns mit
solcher Heftigkeit, dass er sich durch die Freudenbezeigung halb ohnmächtig
hinwegbegeben musste, worauf unser Soldat an dessen Stelle den Stoss, wie
es die Sitte erheischte, zu erwiedern sich angelegen seyn liess. Dieser
Tanz, dessen Pantomime instinctärlig die Verhältnisse des Geschlechts auszudrücken
scheint, hat viele Aehnlichkeit mit der äthiopischen Baducca,
und ist vielleicht von den Negern auf die Americaner übergegangen.
Alle Indianer, welche wir hier von den Stämmen der Paris, Coropös
und Coroados zu sehen bekamen, waren von einander in Körperbau und
Gesichtsbildüng auffallend wenig unterschieden, und die individuellen Züge
derselben schienen, vermuthlich aus Mangel an Ausbildung, von dem allge