Was aber hier einen noch einträglicheren Culturzweig abgeben könnte, ist
die Cochenillezucht, denn man findet den Cactus coccinellifer mit dem
ihm eigenthümlichen Insecte an vielen Orten der Provinz von S. Paul,
besonders auf sonnigen Triften. Doch möchte die Scheu der Einwohner
beschwerliche Arbeiten zu unternehmen, während sie andere reiche Gaben
der Natur ohne Mühe erndten können, der Cultur der Cochenille vorerst
ciitgegenstehen.
Die Umgebungen von S. Paulo sind schön, jedoch in einer mehr
ländlichen Art als jene von Rio. Für den grossartigen Anblick des Meeres
und massiger Berge, die sich unter malerischen Formen dort erheben,
wird der Wanderer hier durch die weite Aussicht auf ein Gebiet entschädigt,
dessen abwechselnde Hügel und Thäler, lichte Wälder und sanft
grünende Grasmatten alle Reize einer gefälligen Natur darbieten. Vielleicht
hat nebst dem glücklichen Klima die Schönheit der hiesigen Natur den Sinn
der Paulisten für Gartenanlagen geweckt, deren mehrere sehr anmuthige sich
in der Nähe der Stadt befinden. Nebst den inländischen Früchten, der Gu-
java, Guabiroba, Grumijama, Jabuticaba, Acaju u.s. w. baut man hier auch
Wassermelonen, Orangen, Feigen und andere Früchte Europa’s. Besonders
ant gedeihen die Quitten, die Kirschen und Weichsein, die Pfirsiche und einige
Arten von Aepfeln. Auch mit Wallnüssen und Castanien hat man günstige
Versuche angestellt. Dagegen scheinen der Weinstock und der Oelbaum das
neue Vaterland zu verschmähen, oder bis jetzt der zweckmässigen Pflege zu
entbehren. Die Trauben, welche wir kosteten, waren säuerlichen Geschmackes.
Für den Weinstock möchte der Boden zu stark und feucht seyn. Der
Oelbaum trägt fast nie Früchte, vielleicht auch weil seine Fruchtreife gerade
in die nassen Monate fällt. Europäische Küchenkräuter kommen vortrefflich
fort; die Zwiebeln von *S. Paul sind, wie die der Insel S. Catharina, wegen
ihrer Grösse und Menge berühmt. Obgleich der Unterschied der Jahrszeiten
hier schon bemerkbar ist, und sich auch in der Entwickelung der Blumen
und der Ausbildung der Früchte kund thut, so scheint er doch noch keinen
Einfluss auf die Bildung des Holzes zu haben. Man findet auch hier, wie
unmittelbar unter der Linie, das Holz von der grössten Dichtigkeit und
fast ohne Spur von Jahrringen.
Dié geognostischen Verhältnisse bieten in der Nähe der Stadt wenig
Mannichfaltigkeit dar. Die herrschende Gebirgsart ist ein Sandeisenstein, in
welchem nicht selten theils runde, theils eckige Trümmer eines weissen
Quarzes Vorkommen, und der deshalb eine Breccie darstellt. In einer unbeträchtlichen
Tiefe ruht dieses Gestein auf dem gneissartigen Granite, der nur
selten zu Tage ausgéht, und mit welchem zum Theile die Strassen der Stadt
gepflastert sind. Zwischen und über ihm kommen mehrere Lager von
Steinmark von ziegel-und bräunlich-rother, ockergelber und lavendelblauer
Farbe, eben so wie sie auch längs der Strasse von Rio hie und da, z. B.
bei Paranangaba erscheinen,, vor. Diese Fossilien gehören einer sehr weit
verbreiteten Formation an, welcher wir an vielen Orten in Minas Geraës
wieder begegneten, und die überall goldhaltig ist. Das Metall ist in kleineren
und grösseren Körnern durch die Masse, besonders des eisenschüssigen
Bindungsmittels, eingesprerigt. Früher wurden sowohl in der nächsten
Nachbarschaft als besonders in den Bergen von Jaraguä, zwei Meilen
südlich von der Stadt, diese Goldminen häufig benützt. NachMawe’s Bericht
sollen auch jetzt die Armen das Gold, welches nach heftigem Regen
aus dem Stadtpflaster ausgewaschen wird, zusammensuchen. Sonst lieferte
das Schmelzhaus von S. Paul eine beträchtliche Quantität Goldes, gegenwärtig
aber ist es eingegangen, und das wenige Metall, welches hier
etwa noch gefunden wird, muss in einer der Schmelzen von Minas zu Gute
gemacht werden. Die Paulisten haben jetzt ihre Neigung zum Berghaue
verloren, oder vielmehr scheint es, dass derjenige Theil der Bevölkerung,
welcher sich zu jener unsicheren Beschäftigung hingezogen fühlte, allmälig
nach dem reicheren Minas, Goyaz, und Matto-Grosso ausgewandert sey.
Der zurückgebliebene Theil, glücklich genug die metallischen Reichthümer
unter seinen Füssen zu vergessen, widmet sich ganz den sicheren Beschäftigungen
der Viehzucht und des Ackerbaues.
Das Klima der Stadt 5. Paul ist eines der angenehmsten auf der Erde.
Sowohl die Lage, fast gerade unter dem Wendekreise des Steinbockes, der
nur anderthalb Meilen nördlich von ihr läuft, als auch ihre Erhöhung von
zwölfhundert Fuss über dem Niveau des Meeres bei Santos, verschaffen der
Stadt alle Reize eines tropischen Himmels, ohne die Unannehmlichkeiten