Das Dorf Mandü, in einer niedrigen und grösstentheils mit "Wald
bedeckten Gegend, war vor fünf und zwanzig Jahren von einem Capitäo
angelegt worden, weil der Ort für den Handel von Taubaté und Quaran-
tinguèta nach Mihaä gühstig liegt. Die Paulisten fuhren auf dieser Strasse
europäische Waaren ein, und nehmen dagegen Käae, Marmelade, etwas
Taback und grobes Baumwollenzeug zurück. Die Caldas da Ramha,
eine warme Schwefelquelle, welche zwei Tagereisen westlich von hier entfernt
ist, und seit kurzem grossen Ruf erlangt hat, vermehrt ebenfalls die
Frequenz des Ortes, der übrigens nur aus einigen ärmlichen Lehmhütten
besteht. Nördlich von. Mandü hatten wir am folgenden Tage ähnliche
Passagen zu bestehen, die der Austritt, des Rio Servo verursachte. Die
waldigen Gründe waren vier bis sechs Fuss unter Wasser gesetzt, und der
gleichfalls überschwemmte Weg zu tiefen Löchern ausgehöhlt. Da jedes
Thier einzeln hindurch geführt werden musste, so konnten w ir an diesem
Tage nicht mehr als drei Legoas bis zu dem anmuthigen Hügel, auf welchem
der Ort S. Vincente mit einigen Häusern liegt, zurücklegen. Von jetzt an
stellte sich eine andere Plage ein, nämlich die der Carabatos ( ^ c a r n s ) , eines
eckelhaften, plattgedrückten, bräunlichen Insectes mit spitzigem Säugrüssel,
von dem es mehrere Arten, ganz kleine von der Grösse einer Nadelspitze
(Carabato miado) und grössere giebt; letztere erhalten beim Saugen an
Pferden und Hornvieh öfters die Grösse einer halben Haselnuss, Die Einwohner
halten die kleinen und grossen fälschlich für eine und dieselbe
Art und bloss durch das Alter verschieden. Gewöhnlich hängen sie unsichtbar
zu Tausenden an Gräsern, und theilen sich beim leisesten Berühren
dem Reisenden mit, welcher alsbald durch das heftigste Jucken
fast in Verzweiflung geräth.
Nördlich von Rio Servo und etwa zwei Meilen von Mandü entfernt,
zeigten sich die ersten Spuren der Goldwäscherei. . Das Gebirge
ist ein quarziger, weisser oder weisslich grüner Glimmerschiefer, der hie
und da ein Streichen von S. W . nach N. O. ze igt, ünd auf welchem eine
bedeutende Masse von dem rothen, schweren Lehm liegt, aus welchem das
Metall geschlemmt wird. Der Glimmerschiefer, in welchem Lager von
Quarz mit schwarzem gemeinen Schörl Vorkommen, scheint auf Siemt zu
liegen, der an einigen Puhcten, besonders in tiefen Thälern uftd Abhängen
losgerissen, zu Tage geht. Der grösste Theil dieses Gebiets ist mit
niedriger Waldung bedeckt, welche die neuen Pflanzungen von Mais,
Mandiocca und etwas Zuckerrohr einschliesst. Die übrigen Producte des
Landbaues werden hier vernachlässigt, weil sich die Einwohner die meisten
ihrer Bedürfnisse durch Ankauf mit dem von ihnen ausgeschlemmten
Golde verschaffen.
Bei 5. Anna de Sapucahy, zwei Legoas nördlich von S. Vicente,
fanden wir die Goldwäschereien (Laoras) schon von bedeutenderem Umfange.
Von Ferne glichen sie künstlich aufgeworfenen Verschanzungen.
An terrassenförmigen Abhängen waren nämlich mehrere Fuss tiefe und
breite Gräben gezogen, durch welche das Regenwasser in die eröffneten
Flanken des rothen Lehms geleitet wurde. Der äusgeschlemmte Lehm war
hie und da in hohe Haufen zusammengeführt, oder überdeckte in weiten,
künstlich gefurchten Flächen und Abhängen das Land. Das Ganze stellt
ein trauriges Bild wilder Zerstörung dar, wobei auch selbst der Strassen
nicht geschont ist, und die Betrachtung desselben fällt dem Reisenden um
so schmerzlicher, als ihm an dem ersten Orte, wo er Gold gewinnen
sieht, statt des haaren Metalls Papiergeld und alles Elend, was davon
stammt, entgegenkommt. In der Capitanie von Minas . Geraes hat
man nämlich seit etwa fünfzehn Jahren statt der kleineren Currentmünzen
von zehn, zwanzig, vierzig, achtzig, hundert und sechzig, dreihundert
und zwanzig Reis gedruckte Zettel in Umlauf gesetzt, die nach dem
Goldfusse (ein Vintem Gold zu sieben und dreissig und einem halben,
nicht zu zwanzig Reis) gelten, und von den vier Goldschmelzen der
Capitanie ausgegeben werden. Durch diese Einrichtung wollte man theils
dem wirklichen Mangel an Kupfermünze abhelfen, theils war es auch
Vortheil der Regierung, die geringsten Quantitäten Goldstaubes, welche
als Scheidemünzen im Curse waren, gegen solche Scheine an sich zu
ziehen. Der Nachtheil, welchen diese Maassregel auf den Privatcredit und
auf die Moralität ausübte, ward durch die Erscheinung einer grossen
Menge von falschem Papiergelde bald noch verdoppelt. Bei der Einfachheit
jenes Papiergeldes war die Möglichkeit der Verfälschung, welche der Hass
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