ligkeit die hohen, gleichförmig dahinrollenden Wogen noch in der Richtung
nach West. Der frische Ostwind dauerte fort, und Segel und Verdeck
wurden mit Thaue benetzt; wir legten gewöhnlich neun Seemeilen
in einer Stunde zurück. Obgleich der erste Anblick des grenzenlosen Elementes,
der auf ihm so herrlich auf- und untergehenden Sonne, so wie
des Mondes und des gestirnten Himmels begeisternd auf das Gemüth des
Betrachters wirkte, so bot doch das gegenwärtige Seeleben wenig Abwechslung
und Unterhaltung dar. Die Phosphorescenz war in dieser Breite
sehr unbedeutend und gewährte, da sie nur von wenigen einzelnen Thieren
herrührte, nicht jenen imposanten Anblick, den wir im Mittelmeere gehabt ,
hatten. Um so angenehmer war es uns aber, dass sich, je frischer und
günstiger der Wind wurde und je schneller das Schiff dahineilte, die Seekrankheit,
woran so Viele von uns während der Fahrt durch das Mittelmeer
gelitten hatten, immer mehr verlor, und es jetzt Allen erlaubt w a r, ohne
Uebelbefinden auf dem Verdeck zu verweilen.
Die Seekrankheit ist ein lästiges Uebel für Reisende auf dem Meere.
Nicht Alle werden von ihr auf gleiche Weise ergriffen; im Allgemeinen
scheinen Personen von starker Constitution und an Seeküsten lebende weniger
von ihr zu leiden, als Leute von schwächlichem Körperbaue und Bewohner
des inneren Continentes oder der Gebirge. Man sieht jedoch auch Beispiele
von dem Gegentheile, ja dass sogar Matrosen durch viele Seereisen abgehärtet,
bei heftigen Stürmen von ihr befallen werden. Gewiss ist es ,
dass die Ursache dieser Krankheit weniger in dem Anblicke des unermesslichen
Gewässers, in der dadurch erregten Furcht vor Gefahr, in
dem üblen Gerüche , welcher sich aus dem im Schiffsräume eingeschlossenen
und sogleich faulenden Wasser entwickelt, in dem Heimweh u.s.w.,
sondern hauptsächlich, wenn nicht allein, in der schaukelnden Bewegung
des Schiffes liegt. Der Eindruck, den der Reisende durch die schwankende
Bewegung des grossen, flüssigen Elementes erhält, ist ganz dem
ähnlich, welchen manche Personen beim Fahren oder. Schaukeln zu Lande
empfinden, und Viele verlässt er selbst dann nicht immer, wenn sie sich
schon wieder einige Stunden auf dem festen Lande aufgehalten haben. Gewöhnlich
beginnt die Krankheit mit einem dumpfen Drucke im Kopfe und
mit Beklommenheit, und geht bald durch eine Reihe der unangenehmsten
Sensationen bis zu mehr oder weniger schmerzhaften Krämpfen des
Magens über, welche mit heftigem fortwährenden Erbrechen endigen.
Bisweilen ist letzteres so stark, dass es Blutsturz zur Folge hat, oder es
geschieht wohl auch, dass die Kranken bei andauerndem Ekel, der selbst
schon durch Geruch oder Anblick von Speisen erregt wird, aus Mangel
hinreichender Nahrung in Abzehrung und, bei langwierigen Seereisen, in
Lebensgefahr gerathen. Wer die Marter dieser Krankheit erfahren hat,
weiss, dass man von ihr befallen, alle irdische Glückseligkeit mit einer einzigen
Stunde auf dem Lande vertauschen möchte, und wird sie daherals einen
nicht unwichtigen Gegenstand in der Beschreibung einer Seereise ansehen.
Zur Beseitigung oder Linderung dieser lästigen Krankheit hat man verschiedene
Mittel vorgeschlagen. Die Seeleute empfehlen vorzüglich den Genuss der
Pomeranzen und des Rostes vom Anker. Die bewährtesten Regeln zur Abwendung
dieses Uebels sind diätetisch, und fordern vor allem, sich so
viel als möglich auf dem Verdeck in freier Luft und zunächst dem Mittelmaste,
wo die schaukelnde Bewegung weniger empfunden wird, aufzuhalten , die
Oberfläche des Meeres gar nicht, oder doch nicht mit fixirtem Blicke, zu
betrachten , sich, statt flüssiger , besonders warmer, an feste, kalte,
vorzüglich an saure und viele Verdauungskraft erfordernde Speisen, z. B»
an gesalzene Fische, Schinken u. s. w. zu gewöhnen, überhaupt aber die
ersten Anwandlungen der Krankheit, ja selbst sich einstellendes Erbrechen
sogleich durch den, mit Ueberwindung zu erzwingenden Genuss schwerer
Speisen und durch eine muntere Zerstreuung zu besiegen. Vor Allem hüte
man sich, das Verdeck des Schiffes zu verlassen, und sogleich beim ersten
Kopfwehe seine Zuflucht zu dem dumpfigen und übelriechenden inneren
Schiffsraum oder nach der Cajüte zu nehmen. Hat sich aber demungeachtet
die Krankheit so heftig eingestellt, dass man muthlos sich kaum mehr zu
bewegen vermag, so ist nur von einer ganz horizontalen Lage und dem
dann eintretenden Schlafe Erleichterung zu erwarten. In derselben Lage
ist es nach einiger Erholung räthlich, Porterbier, feste und kalte Speisen,
z. B. Schinken zu sich zu nehmen, und darauf in die frische Luft zurückzukehren.
Vorsatz und Zerstreuung vermögen hier Vieles, so wie umgekehrt
Nachdenken und geistige Anstrengung, besonders bei schwächlichen Personen,