Die Bai von Rio de Janeiro, einer der schönsten, geräumigsten
Häfen der Welt und ’der Schlüssel zu dem südlicheren Theile Brasiliens,
ist von den Portugiesen seit längerer Zeit mit Sorgfalt befestigt worden.
Die plötzliche Einnahme der Stadt durch die Franzosen unter Duguay-
Trouin (1710), der sie um 240,500,404 Reis (gegen 800,000 fl.) brandschatzte,
mag zuerst auf die Nothwendigkeit solcher Anstalten aufmerksam
gemacht haben. Der Eingang wird vorzüglich durch die Festung de
S. Cruz, welche auf einer östlichen Landzunge an dem steilen Berge Pico
gebaut ist, und durch die, derselben gegenüber nördlich vom Zuckerhut
liegenden, Batterien von S. Jodo und 5. Theodosio vertheidigt. Die durch
beide Puncte gebildete Enge, nur fünftausend Fuss breit, wird überdies durch
die Canonen eines Forts auf der niedrigen, fast mitten im Eingang gelegenen
Felseninsel, Ilha da Lagern, bestrichen. Im Innern der Bai sind das Forte
de Villegagnon und das der Ilha das Cobras, beide auf kleinen Inseln nicht
weit von der Stadt, die wichtigsten Vertheidigungsanstalten. Auf der letzteren
Insel werden auch die Staatsverbrecher in Haft gebracht. In der Stadt
selbst befinden sich das Forte da Conceigaö im nordwestlichen und die
Batterien von Monte im südöstlichen Theile derselben; sie sind jedoch nicht
im bessten Zustande. Die Bucht von Bota-Fogo wird durch die Linien
der Pray'a vermelha gedeckt. (*)
(*) Hier war es, wo einst Martin Affonso de Souza , auf seiner von Johann HL angeordneten
Entdeckungsreise, ans Land stieg (Jan. 1531), und der Bai ihren jetzigen Namen
heilegte. Die Praya vermelha hiess deshalb sonst Porto de Martim Affonso. Wer zuerst diesen
Theil der Küste von Brasilien besucht habe, ist nicht mit Sicherheit zu bestimmen; doch
scheint Joao de Solis der Erste gewesen zu seyn, der hier (1515) einlief. * Als Fernando de
Magalhaes, in Begleitung seines Landsmannes Ruy Falleiro die ganze Ostküste von Südamerica
befuhr ', warf er hier (Dec. 1519) Anker und nannte die Bai Bahia de S. Lucia. Martim
Affonso verliess den Platz bald wieder, wahrscheinlich aus Furcht vor den zahlreichen und
kriegerischen Urbewohnern, den Tamoyos. Erst durch die Besitznahme der Bai durch Nicolas
Durant de Villegagnon, der vom Admiral Coligny hierher gesendet, sich durch Anlegung*
eines Forts festgesetzt hatte, wurden die Portugiesen auf die Wichtigkeit des Platzes aufmerksam.
Nachdem der General-Gouverneur von Brasilien, Mem de Sa', am 15. März 15Ö0 die Anlagen
der Franzosen genommen und zerstört hatte, gelangte die Bai in die Hände der Portugiesen, welche
alsbald die Stadt an ihrem gegenwärtigen Platze zu erbauen aniingen. Die Ureinwohner sollen die
Bai, von ihrem engen Eingänge Nelhero - Hy oder Nithero -Hy, d. i. verborgenes Wasser, genannt
haben. (Patriota 1813. M ai, p. 63. Corografia brasilica.il. p. 1.) Lery nennt sie.Ganabara.
Das Binnenwasser von Rio de Janeiro theilt mit dem Ocean Ebbe und
Fluth. In den Voll- und Neumonden tritt das Hochwasser, welches eine
Höhe von vierzehn bis fünfzehn Fuss erreicht, um vier Uhr dreissig Minuten
ein. Die Ebbe dauert bisweilen ohne Unterbrechung einen ganzen Tag an,
wobei die Strömung auf der Westseite der Bai stärker ist; dagegen wird’
mit Beginn der Fluth, eine wirbelnde Strömung längs der Ostseite bemerkt.
Die Fluth dauert kürzere Zeit, als die Ebbe, und pflegt mit einer
Geschwindigkeit von drei bis vier Seemeilen in der Stunde zu rinnen.
Durch diese mächtige Fluth haben sich schon einige Male Schiffer verleiten
lassen, zu nahe am Ufer zu ankern, und litten, bei eintretender Ebbe;
Schiffbruch, indem ihre Fahrzeuge nicht mehr hinreichende Wasserhöhe
hatten. Ein englisches Schiff, welches mit einer sehr glücklichen Fahrt
von Liverpool, während unserer Anwesenheit, angekommen war, und ganz
nahe der Ilha das Cobras geankert hatte, verunglückte auf diese Weise
im Hafen selbst, und die grösste Anstrengung der zu Hülfe gerufenen
Mannschaft der Fregatte Austria konnte nur einen Theil der Waaren retten,
weil das Schiff in Wenigen Stunden an dem Felsengrunde zerschellte. Die
See nimmt, wenn sie hoch steht, besonders während der Aequinoctien,
an mehreren Gegenden um die Stadt die sandigen Vertiefungen und Lagunen
ein, welche mit Rhizophora, Conocarpus und Avicennia-Bäumen bewachsen
sind. So verwandelte sich auch die Sandebene zwischen der
S. Anna-Vorstadt, wo, wir wohnten, dem Busen von Sacco d !A lf er es und
der Hauptstrasse nach St. Christoph einigemal in einen See und beschränkte
unsere Ausflüge durch das Thal. Der Salzgehalt dieses Meerwassers ist
etwas geringer, als der des Oceans an den äusseren Küsten, und es
wird deshalb, so wie auch, weil der verunreinigenden Beimischung zu viel
ist, in der Nähe von Rio kein Salz bereitet. Der grösste Theil des zu
verbrauchenden Salzes wird aus den reichen Salzlagunen von Setuval hier
emgeführt. Es empfiehlt sich für heisse Klimate vor dem spanischen und
sardimschen durch geringere Neigung zur Deliquescenz. Ein kleiner Theil
kommt auch aus der Nachbarschaft von Cabo Frio nach der Hauptstadt.
Bei einem Handelsverkehr von solcher Ausdehnung, als der hiesige.
ist es natürlich, dass der Reisende überall rege Thätigkeit und Geschäfts