oder Ordnung der Theile , welche von Natur aus zusammen gehören.
Cuvier ('•'), dem wir eine genaue Untersuchung dieser Petrificate verdanken,
hat diese Knochen, als von Wiederkäuern und Nagethieren, seiner Ver-
muthung nach von Antilopen oder Hirschen, sibirischen Hasen und Ratten
abstammend erklärt. Nach einigen wenig beglaubigten Nachrichten (**) soll
man auch Theile eines menschlichen Skeletes unter den Resten jener Thicre
gefunden; haben; uns ist es jedoch nicht geglückt, in Gibraltar solche
Knochen irgendwo zu sehen, oder in dem Gesteine selbst aufzufinden. Auch
haben W ill, und J ohn Hunter diese früheren Angaben Anderer späterhin,
nach den ihnen zugeschickten Exemplaren, dahin gedeutet, dass die vermeintlichen
Menschenknochen Wiederkäuern angehören.
Auf die beschriebene sinterige Schichte ist eine noch jüngere Kalknagelfluh
aufgelagert, die auf der Oberfläche des Bodens, hie und da.in
einzelne Felsenblöcke zerrissen, daliegt. Sie besteht aus einem graulich-
weissen und gTauen Kalksteine, zersplittertet calcinirten Muscheltheilchen,
höchst seltenen Knochentrümmern und einem mehr röthlichen, körnigen,
mörtclartigen Bindemittel; die Kalksteinstücke sind hier kleiner, im Durchmesser
eine halbe bis sechs Linien gross, und die obenerwähnten Quarzkörner,
welche hier ganz fehlen, werden durch weissliche, perlenartige
Kalksinterkügelchen, ähnlich den sogenannten karlsbader Erbsensteinen, ersetzt.
Die calcinirten Muscheln sind hier viel zahlreicher, und bilden in dem
Gesteine gleichsam dünne Lagen; man kann zwar unter denselben keine ganz
erhaltenen Schalen finden, sie scheinen jedoch vermöge ihrer Dicke und
breiteren Fläche der gemeinen Auster, andere vermöge des gerippten Gefüges
und der Wölbung vielleicht einer Herzmuschel (Cardium) , also Seeconchylien
anzugehören. Das Wasser und die Luft üben, besonders auf dieses weichere
und wahrscheinlich immer noch entstehende Gebilde einen grossen Einfluss,
da man nahe am Meere tiefe Höhlungen in demselben findet. Diese gesammte
Breccienformation mag an dem Kalkberge kaum einige hundert Fuss in die
(•) Rapport sur les Ireches osseoses. Annales du Mus. d’hist not Tom. 13. 180Q.
(•») Dmnkwater history of the late Siege of Gibraltar. Lond. 1780. 4. S. 36---- I mrie,
■ Trans, of the R. Society of EcLimb. Tom. 4. 1798.
Höhe steigen, und in ihrer grössten Mächtigkeit etwa fünfzig Lachter
messen. Das Vorkommen der petrificirten Knochen in derselben ist, so
weit man die Gegend bis jetzt kennt, sehr beschränkt. Am häufigsten trifft
man sie in dem Felsen bei Rosia-Bay-, und südlich von dem Landhause
des Gouverneurs, am Fusse des Meeres, welches sich hier mit Ungestüm
an den dreissig bis vierzig Fuss hohen Klippen bricht.
Wir glaubten unserer Schilderung der Knochenbreccie von Gibraltar
diese Ausführlichkeit geben zu müssen, weil die gleichartige Formation in
vielen Gegenden am mittelländischen und'adriatischen Meere ihr ein sehr
bedeutendes geognostisches Interesse verleiht. Ausser Gibraltar bieten
nämlich einige Orte von Corsica, Cette, Antibes, Nizza{f) im südlichen
Frankreich, Fuslapidama auf Corfu, Nona bei Zara und Ragosnitza
in Dalmatien, die Inseln des Golfo di Qaarnero, Osero, Cher s o , Sansego
u.s.w. ganz dieselbe Breccie dar, welche aus den Trümmern der Kalkgebirge
gebildet wurde, die in einer Kette längs der Küste des Mittelmeeres hinlaufen.
Die späte Entstehung dieser Formation wird vielleicht noch um so
gewisser beurkundet, wenn durch fortgesetzte genaue Untersuchungen die von
Mehreren (™) angenommene Gegenwart von Menschenknochen in derselben
dargethan werden könnte, welches nicht ganz unmöglich ist, nachdem das
Vorkommen von Artefacten, wie deren z. B. Germar erwähnt (***), in ihr
nachgewiesen worden ist. Die grössere Masse von Knochenbreccie aber,
welche Spallanzani (****) auf der Insel Cerigo zu einem beträchtlichen
Berge aufgehäuft schildert, und die vielleicht nicht unähnlichen Fossilien von
Ficentin, Verona und von Concud in Aragonien verdienten deswegen ebenfalls
die genauere Untersuchung der Naturforscher. Vorzüglich wichtig bei
(*) F aujas st, fond, Annal. du Mus. Tom. 10.
(**) James history of the herculean Strait. London 1773. —— Donati Storia del mar
adriatico.— F ortis Saggio d’osservazioni sopra l’isola di Cherso ed Osero. Venez. 1771. 4. p. 99*
(***) Reise nach Dalmatien un d Ragusa. Leipz, 1817. 8. S. 310 ff., wo er die gesammte
Formation dieser Kalkbreccie u n ter dem Namen eines Schuttgebirges darstellt. E r zeigt unter
den in der Masse gefundenen Körpern auch eiji Stück Glas an. Eiserne Nägel sind ebenfalls
darin gefunden worden.
(»♦**) Physicalische Beobachtungen über die Insel Cerigo.