Diese Fabrik bearbeitet den eisenglanzhaltigen Glimmerschiefer, der hier
beträchtliche Lager auf und in dem weissen Quarzschiefer bildet, und wovon
hie und da grosse Blöcke auf der Oberfläche umherliegen. Nicht selten wird
er von rothem Bisensteinflötze bedeckt. Das Gestein ist sehr reich, von
sechzig bis achtzig Procent, und man könnte von hier aus ganz Minas mit
Bisen versehen; da aber viele Fazendeiros ihren Bedarf an Bisen selbst
bereiten, auch ausserdem mehrere kleine Oefen in den verschiedensten
Gegenden der Provinz bestehen, und zur Zeit ein grosser Theil des Eisens
von Rio de Janeiro eingeführt wird, so beschränkt sich das tägliche Er-
zeugniss auf eine bis zwei Arrobas, welche sogleich in Beile, Aexte, Waldhauen
, Messerklingen, Hufeisen und Nägel verarbeitet werden. Die Arroba
rohen Eisens wird hier und in der Nähe zu tausend achthundert Reis verkauft.
Unser Freund v. E s c hw e g e beklagte sich öfters über die Schwierigkeiten
, welche sich in diesem Lande bis jetzt einer jeden Fabrikanstalt
entgegensetzen, und nannte als Hauptgrund die Abneigung der ärmeren
Volksklasse, sich an ein gewisses Geschäft zu binden.
Von der Eisenfabrik gingen wir nach dem, in der Richtung von
N. O. zwei und eine halbe Legoa entfernten, Arraial de Bento Rodriguez.
Die Gegend ist bergig, und die Oberfläche des Bodens, grösstentheils von
der Formation des goldhaltigen Eisensteinflötzes bedeckt, beurkundet durch
häufige Gräben und Schürfarbeiten den Fleiss der Goldwäscher. Um so
befremdender war es uns, in diesem Dorfe wie in vielen anderen wenige
Spuren von Wohlhabenheit anzutreffen. Die Häuser sind baufällig, im
Innern ärmlich, und die Bewohner sehen sehr kümmerlich aus; Alles
verräth, dass die Blüthezeit dieses Districts schon vorüber, und nur noch
zerstreute Reste des ehemaligen Reichthums übrig sind. Die Sonne war
schon untergegangen, und die dunkle Tropennacht eingetreten, als wir über
ein sehr ungleiches und deshalb gefährliches Terrain bis zu dem bedeutenden
Dorfe Inficionado gelangten, wo wir übernachten wollten. W ir fanden eine
grosse Menge der Bewohner unter den erleuchteten Marienbildern versammelt,
um das Ave zu beten. Diese Sitte des Mutterlandes wird jeden Abend
überall in Brasilien mit Eifer und mit einer fast theatralischen Feier geübt;
die Mulatten, denen im Allgemeinen eine eben so bewegliche Zunge,
als starke Lunge zu Gebote stehen, übernehmen dabei das Amt des Vorsängers
oder des Geistlichen. Inficionado ist der Geburtsort des Padre
Düraö, Dichters der Caramuru, welche die Entdeckung Brasiliens besingt. (*)
Bei Anbruch des folgenden Tages verliessen wir den, mit dem Nachlassen
der Minen allmälig verarmenden Ort, und machten uns nach der
Serra do Caraça auf. Durch einen uns von Rio de Janeiro aus bekannten
Steinhändler, der, wie man uns später erzählte, durch Häscher
verfolgt, sich eiligst von dem Diamantendistricte entfernte, erfuhren wir
unter Wegs, dass es gut sey, die Nacht in dem Hause des Guarda-Mör
I n n o c e n z io , am nordwestlichen Abhange des Gebirges zuzubringen, und
des andern Tags den Berg zu besteigen. Das Gebirge der Serra do Caraça
lag zu unser v Linken. Es erstreckt sich in einer Länge von
fast drei Legoas von Nord nach Süd, und ragt mit seinen schroffen,
kühnen Umrissen über alle Nachbarn hervor. H W ir umgingen mehrere
steile Abhänge desselben, und erblickten endlich die Fazenda des Guarda
Mör, welche auf einem Vorsprunge, von weitem einem stattlichen Castelle
ähnlich, die Gegend beherrscht. Als wir auf dem geräumigen Hofe ankamen,
hiess uns der Hausherr mit Herzlichkeit willkommen, und führte
uns , nachdem er die schöne Aussicht auf das zu unseren Füssen liegende
Arraicd de Catas A lta s, auf die an Amethysten reiche Serra de Itaberava
und auf den fernen Itambé gezeigt hatte, in einen Vorsaal, dessen Wände
mit geographischen und historischen Karten behängen waren. Ein Globus und
mehrere Bücher Verriethen, dass der Besitzer sich auch mit wissenschaftlichen
Studien (die Guarda- Möres sind Vermesser und Taxatoren der Grundstücke ,
besonders der Minen) beschäftige. In dem Betragen unseres Wirthes,
eines ehrwürdigen Greises, lag etwas Feierliches, und unwillkührlich
mussten wir an die Quaker denken. In der That gehörte er auch der
Secte der Sebastianistas an, welche die Wiederkehr des in der Schlacht
von Alcazar gegen die Mauren gebliebenen Königs D o n S e ba st ia ö ,
und damit die glorreichste Epoche des portugiesischen Reiches noch
immer erwarten. Die Anhänger dieser Secte, die sich durch Fleiss,
« (*) Caramuru, poema epico do descubrimento da Bahia composto por Fr. José de S. Rita
Uurao. Lisboa 1781. 8.