warfen um 2 Uhr nach Mittag in dem schönen Hafen von Lavaletta Anker.
Kaum hatte die Fregatte durch die gewöhnliche Salve ihre Gegenwart
verkündet, so waren die hochgelegenen Mauern der Stadt mit Zuschauern
aller Art angefüllt; mehr aher als dieser Anblick überraschte uns jener
eines Haufens nackter Menschen, welche zunächst dem Ufer in den ausgehöhlten
Kalkfelsen ihre nothdürftigsten Kleider trokneten. Es war die
Mannschaft eines Schiffes, das am vorhergehenden Tage im Hafen selbst
Schiffbrüch gelitten hatte. Wir mufsten uns doppelt glücklich schätzen,
der drohenden Gefahr bei der Einfahrt in diesen engen Hafen entgangen
zu seyn, und jetzt-die, durch ihre Lage zwischen Africa und Europa so
merkwürdige Insel besichtigen zu können.
Lavaletta gehört unter die ruhmvollsten Denkmäler jenes zur Zeit
der Kreuzzüge gestifteten, geistlich-weltlichen Ordens der Johanniterritter,
dessen Grossmeister, seit Carl- V. bis in die neueste Epoche, hier ihren
Sitz hatten, nachdem sie von Palästina aus immer mehr westwärts bis
nach Malta vertrieben worden waren. Dieser welthistorische Bund war die
schönste Frucht des alten Rittergeistes, und seine Glieder, durch christlichen
Glauben und heldenmüthige Thaten zur Sicherung Europa’s gegen die Ungläubigen
vereinigt, haben in ihm ein Document universell-europäischer
Bildung hinterlassen. Die Einfahrt in den Hafen von Lavaletta flösst Ehrfurcht
und Bewunderung ein. Auf den Seiten des schmalen Einganges
erheben sich, über den hohen Kalksteinfelsen, steile Bastionen und Castelle,
welche drohende Reihen von Feuerschlünden auf das Meer richten.
Hinter denselben führt eine breite Strasse in die Höhe und dann erscheint
die Stadt mit ihren flachen Dächern in abwechselnden Terrassen erbaut.
Vom Pallaste des General-Gouverneurs auf der Höhe der Stadt geniesst man
einer schönen Aussicht auf das Meer. Er enthält noch viele Erinnerungen an
den Orden, unter andern die Porträte der Grossmeister, die Ordensbibliothek,
welche an altern Werken aus dem Fache der Theologie, Archäologie und
Jurisprudenz reich seyn soll, und das Zeughaus, in welchem man noch viele
von den Ungläubigen erkämpfte Trophäen, und unter andern den kleinen,
aber schweren Harnisch des edlen Meisters L avalette erblickt. Die Kirche
des heiligen Johannes auf einer niederen Anhöhe der Stadt, in einem
manierirten Style erbaut und mit Verzierungen überladen, zeichnet sich
besonders durch ihren Reichthum an italienischen, griechischen und morgenländischen
Marmorarten, so wie an aegyptischen Porphyren und Serpentinen
aus. Die Gemälde, unter welchen die des Math. P r e t i , genannt
il Calabrese, die vorzüglichsten sind, gehören grösstentheils neapolitanischen
Meistern an. Die einzelnen Zungen des Ordens haben abgesonderte
Seitenkapellen in der Kirche , welche, wie auch die Gruft , manche schöne
Denkmäler enthalten.
Von Lavaletta führt der Weg nach Citta vecchia über kahle
Felder zwischen einer unzähligen Menge kleiner. Landhäuser hin. Hier
in der alten Stadt zeigt man den Fremden vor Allem die Kirche des heiligen
Apostels Paulus, welcher gemäss der Apostelgeschichte an dem Orte einer
Gegenströmung (Dithalasson), nach der Tradition des Volkes nahe an
der Insel, Schiffbruch gelitten hat. Alle Umgebungen haben hiedurch ein
frommes Interesse für das Volk gewonnen. Auch der vorgebliche Mangel
an Schlangen auf der Insel wird von dem Volke als Folge der bekannten
Begebenheit bei der Ankunft des Apostels erklärt; wogegen wir indessen
bekennen müssen,, auf dem Felde eine Schlange gesehen zu haben. Die
Kirche des h. Paulus ist in neuerem Style, jedoch mit Ueberladung aller
denkbaren Zierathen von Vergoldung, Lapis Lazuli und Marmor erbaut.
Nicht weit von der Kirche befindet sich die Grotte des.h. Paulus, in
welcher der Apostel in Lebensgrösse abgebildet ist. Der Stein, aus dem
die Höhle besteht, nach der Meinung der Bewohner mit der Wunderkraft
begabt, alle Fieber zu heilen, ist ein sehr neuer, mergelartiger, leichter,
weisser, zerbrechlicher Kalk, in welchem man Spuren von Versteinerungen
noch jetzt lebender Seemuscheln, als des Mytilus esculentus und einiger
Arten von Cardium findet. Obgleich schon Tausende von Meisein den
heilbringenden Felsen angegriffen haben, bemerkt der fromme Volksglaube
dennoch keine Verminderung desselben. Wir durften die alte Stadt nicht
verlassen, ohne die berühmten Katakomben gesehen zu haben. Ihr Eingang ist
nahe bei der S.Pauls-Kirche meinem Garten. Es sind sehr weitläufige, vielfach
verschlungene, bald nur wenige Fuss breite und mannshohe, bald sich in
grosse Gewölbe erweiternde Gänge, die in den weichen Felsen gegraben
Theil I. M