königlichen Landgute und in königlichen Geschäften musste er sich doch mit
einer elenden Lehmhütte als Wohnung und mit einer spärlichen Kost begnügen.
Beides theilten wir gerne mit unserem wackeren Freunde, indem
die Gespräche über das Vaterland und manche angenehme Erinnerungen jede
Entbehrung vergessen machten. Wir durchwanderten in seiner Gesellschaft
die Umgebungen von «S. Cruz, grösstentheils sumpfige, von einzelnen
niedrigen Waldparthien unterbrochene Wiesengründe, auf denen wir zum
ersten Male den hochbeinigen americanischen Storch (Jaburu) in grosser
Anzahl umherschreiten sahen. Ueber unserem Haupte schwebte mit
eintönigem Geschreie der Wiedhopf (Vanellus cayennensis), und die an
den Sümpfen sich auf haltenden Spornflügler (Parra Jacanci) liefen haufenweise
herum. Es war uns jedoch versagt auf sie Jagd zu machen,
weil solche eine Legoa im Umkreise von S. Crux verboten ist. Bei
einer andern Gelegenheit dehnten wir unsere Excursion bis Sabati aus,
und fanden auf den sandigen Dünen und zwischen behaarten Mimosengesträuchen
einen fast anderthalb Fuss langen Ophisaurus. In dieser Gegend
wachsen auch viele Seifenbäume [Sapindus Saponaria), deren Früchte
häufig nach der Stadt gebracht werden. Die ärmere Völksclasse bedient
sich derselben statt der Seife, da die feinere, grösstentheils aus Nordamerica
eingefiihrte unter die kostbareren ökonomischen Artikel gehört. In manchen
Jahren liefert ein einziger dieser Bäume, gemeiniglich von der Grösse
unserer Nussbäume, viele Scheffel der durch die Menge des seifenartigen
Schleimes ausgezeichneten Früchte. Es finden sich hier mehrere Arten noch
höherer Bäume, welche das Material für die hiesigen Kohlenbrennereien geben.
Letztere werden ganz auf dieselbe Weise wie in Europa, vorzüglich in
den trockensten Monaten vom Julius bis zum September veranstaltet, und
sind bei dem Mangel des niedrigen, in der Hauptstadt 'gebräuchlichen Brennholzes
sehr einträglich. Sie sind erst jetzt mit Nachdrucke betrieben,
seitdem Hr. F eldner durch die Untersuchung der Steinkohlenminen bei Bahia
dargethan hat, dass von diesen wenig Ausbeute zu erwarten sey.
Noch unerfahren mit dem Reisen hier zu Lande hatten wir in Rio
viel überflüssiges Gepäck mitgenommen, und sahen uns jetzt in die Noth-
wendigkeit versetzt die Thiere an Last zu erleichtern. Nachdem daher
alle unnöthige Bürde ausgewählt und zurückgelassen war, brachen wir
am 11. December von S. Cruz auf und wurden eine Strecke Wegs von
unserem Freunde begleitet. Die schön gebahnte Strasse führt südwestlich fast
in gerader Linie bis zu einer Brücke, wo eine Barrière (Registo Real) zur
Controlle der innerhalb Rio de Janeiro und S. Paul Reisenden, vorzüglich aber
zur Verhütung des Unterschleifes von Goldstaub aus dem Innern nach der
Küste errichtet wurde. Die Gegend ist offen, eben, durch häufige Bäche
und Teiche bewässert und wird im S. und W. von der Serra do mar
begrenzt, welche in grösserer oder kleinerer Entfernung längs dem Meere
hinläuft und hier einen Ast fast in der Richtung von W. nach O. sendet,
der sich unter dem Namen Serra da Rha grande bis zur Bai Angra dos
R e y s erstreckt, und dessen Fortsetzung den Kern der Ilha grande bildet.
Die Nacht vom 12. auf den 13.December brachten wk* in Taguahy ( ;:) ,
einer grossen Zuckerfabrik, zu, deren Umgebungen in einer unglaublichen
Mannichfaltigkeit von Vegetation prangen. Eine kleine Kirche auf der Anhöhe
beherrscht das Thal. Nicht weit von derselben ist ein grosser See,
welcher von den verschiedensten Wasservögeln belebt wird. Zum ersten
Male bemerkten wir hier eine Art Specht [Picus garrulus nob.), welche
sich nur in den Campos ähnlichen Gefilden aufhält, und mit zänkischem
und verrätherischem Geschreie dem Reisenden vorauseilt. Am folgenden
Morgen, als wir unsere Maulthiere beladen Hessen, mussten wir eine neue
traurige Erfahrung von der Schwierigkeit des Transportes in diesem Lande
machen. Ein Lastthier, welchem man den blechernen Cylinder mit Barometerröhren
aufgebunden hatte, ward plötzlich scheu, rannte in den nahen Wald
und konnte nicht eher eingefangen werden, als nachdem es alle Bürde abgeworfen
und die Instrumente vernichtet hatte. Dieser Verlust war uns um
so schmerzlicher, da er während der ganzen Reise bis S. Paul nicht wieder
ersetzt werden konnte, wohin wir jedoch glücklicher Weise einige Barometer-
(*) Taguahy hat seinen Namen von den brasilianischen Wörtern Taud, gelb, und Hy ,
Wasser. In den südlichen Provinzen wird unter den mancherlei Modificationen der Lingua geral
bemerkt, dass die ii l ihr so häufigen Vocale durch dazwischen geschobene Consonanten getrennt
werden. Es entscht so Tagud aus Taua; Jaguareté aus Jauareté, die Onze u. s. w.