Schlingpflanzen und Parasiten; wir mussten uns aber begnügen, sie in
der unerreichbaren Höhe nur zur Schau prangen zu sehen. Gegen Mittag
befanden wir uns in der Nähe der Aldea do Morro Grande, wo mehrere
Familien der Coroados wohnen, und schlugen auf den Rath unseres Soldaten
den Seitenweg zu ihnen'ein, nachdem wir Maulthiere und Waffen in
der benachbarten Fazenda eines Weissen zurückgelassen hatten. Nur das
Vertrauen auf die Erfahrung des leitenden Soldaten vermochte uns auf dem
engen , vielfach verschlungenen Wege zu erhalten, bis wir endlich aus
dem Dickicht in eine etwas lichtere Gegend an einen Bach gelangten, in
welchem wir eine nackte, mit allerlei Zeichen schwarzblau bemalte Indianerin
erblickten. Sie war beschäftigt, sich mit Wasser zu übergiessen,
und bei unserer Erscheinung eben so sehr vom Staunen ergriffen, wie
wir. Ihr schwarzglänzendes Haupthaar hing wie ein Mantel auf die roth-
braunen Schultern herab, und mannichfaltige Zeichnungen und schwer zu
deutende Figuren zierten Gesicht und Brust. Auf den Wangen hatte sie einen
Kreis und darüber zwei Striche, unter der Nase mehrere einem M ähnliche
Züge, von beiden Mundwinkeln bis in die Mitte der Wange zwei parallele
Striche und unter diesen zu beiden Seiten viele gerade Streifen gemalt;
unter und zwischen den Brüsten waren einige zusammenhängende Kreisbögen
und längs den Armen herab die Figur einer Schlange dargestellt.
Ausser einer Hedsschnur von Affenzähnen trug diese Schöne keinen weiteren
Schmuck. Kaum hatte sie sich bei unserer Erscheinung von dem ersten
Erstaunen erholt, so eilte sie schleunigst zur Hütte zurück. Wir bemerkten,
dass auf ihre Nachricht von unserer Ankunft die meisten Indianer sich in
die Hangmatten warfen oder in der Hütte sich verbargen, einige Andere,
aber in den benachbarten Wald entflohen. Als wir bei den Hütten ankamen,
war ausser einigen alten Frauen keine weibliche Person zu sehen; die
Männer lagen stumm, bewegungslos und uns den Rücken zukehrend in ihren
Hangmatten. Unser militärische Führer ging in die Wohnungen voraus;
grösste die Wilden, und gab ihnen, soweit es seine Fertigkeit in ihrer
Sprache erlaubte, zu verstehen, dass w ir aus weiter Feme gekommen seyen,
sie zu besuchen, und uns mit Einsammeln von Vögeln, Schmetterlingen
und Pflanzen beschäftigten. Diese Erklärung schien wenig Eindruck auf sie
zu machen; wie vorher schaukelten sie stumm in ihren Hangmatten, und
sahen uns nur mit verstohlenen Blicken an. Selbst gute Worte und Geschenke
vermochten nichts über sie. Auf unsere Bitte um einen Trunk frischen
Wassers drehte Einer von ihnen den Kopf herum, und zeigte mit
rüsselartig vorgeschobenem Munde, unter einer verdrüsslichen Pantomime auf
den benachbarten Bach hin. Wahrend dieser stummen Unterhaltung hatten
wir Zeit, die häusliche Einrichtung dieser Waldmenschen zu beobachten.
Ihre Hütten waren über dem kahlen Boden auf vier Eckpfeilern von zwölf
bis fünfzehn Fuss Höhe erbaut, und etwa dreissig bis vierzig Fuss lang.
Die Wände aus dünnen, mit Flechtwerk verbundenen Latten bereitet, und
zuweilen mit Lehm beworfen, hatten auf zwei Seiten mannshohe, mit tragbaren
Thüren aus Palmwedeln versehene Oeffnungen; das Dach war aus Palmblättern
und Maisstroh; auf der Windseite war die Hütte geschlossen, oder das
Dach lief, wo die Seiten ganz offen waren, viel weiter und tiefer herab. In
jeder Hütte befanden sich an mehreren Plätzen des Bodens Feuerstellen für die
verschiedenen, hier wohnenden Familien. Einige hatten auch zeltähnliche
Hütten aus blossen Palmblättern. Für den Rauch war kein anderer Ausgang,
als durch das Dach und die Thüre gelassen. Hangmatten aus, baumwollenen
Schnüren verfertigt, welche die Stelle des Tisches, Bettes und der Stühle
vertreten, hingen einen Fuss über dem Boden ringsum an den Pfosten
der Hütten; sie sind das vornehmste Hausgeräthe, und dienen dem Mann,
der Frau und dem Kinde oft zur gemeinschaftlichen Schlafstätte. Einige
irdene Töpfe, einige Körbe von Palmblättern, mit Bataten, Mais, Mandiocca-
wurzeln und anderen Früchten des Waldes angefüllt, Trinkschaalen {Cajas) ,
Schaalen mit Orlean - und Genipapofarbe, ein ausgehöhlter Baumstamm,
um Mais zu stampfen, war Alles, was noch in den Kreis ihrer häuslichen
Bedürfnisse gehörte. Die Waffen der Männer, Bogen und Pfeile, lehnen
an den Wänden umher. In der Hütte des Häuptlings hängt ein an der
Spitze abgeschnittenes Ochsenhorn, durch dessen Ton er den zerstreuten
Nachbarn Nachricht von der Ankunft eines Weissen oder von einem andern
Ereignisse giebt, oder sie zu Festen und Krieg herbeiruft. Die JMaracä,
eine mit Maiskörnern gefüllte, an einem Handgriffe befestigte, längliche Kür-
bisschaale, womit sie bei ihren Tänzen wie mit Kastagnetten klappern, einige
Büschel, oder Kränze von bunten Federn, um bei Festlichkeiten den
Kopf und die Arme zu zieren, vollenden den einfachen Hausrath. Viele