sich die Bewohner von Taubate aus. (*) Es wurde deshalb auch hier eine
königliche Goldschmelze angelegt. Die Taubatenos geriethen aber dadurch in
eifrigen Wettstreit und in unversöhnliche Fehde mit den benachbarten Paulisten
{Piratininganos) , so dass es, wo immer nur beide Partheien auf ihren Zügen
sich begegnen mochten, zu blutigen Händeln kam. Diese Feindschaft soll selbst
bis jetzt noch im Stillen fortdauern* obgleich die Taubatener den Betrieb von
Goldwäscherei in der Fremde jetzt gänzlich aufgegeben haben und in ihrer
goldarmen Heimath nur Feldbau und Viehzucht treiben. Die Weiber verfertigen
aus einer grossen Aristida und aus anderen in der Nähe wachsenden
Grasarten Matten, die durch den Handel nach Rio verführt werden.
Wir hielten in Taubate einen Rasttag , um unsere durchnässte
Equipage wieder trocknen zu lassen. Das Haus, welches ein Bürger des
Fleckens mit uns theilte, war übrigens wenig geeignet, uns ein bequemes
Obdach zu gewähren. Die Häuser überhaupt sind selten mehr als eitlen
Stock hoch, die Wände fast durchgängig von dünnem Gebälk oder von Latten
durch Flechtwerk verbunden, mit Lehm beworfen und mit weissem Thon
[Tabatinga), der sich hie und da an den Ufern der Flüsse findet, bemalt;
das Dach ist mit Hohlziegeln oder Schindeln, selten mit Maisstroh nachlässig
bedeckt, und die Wand nach aussen durch ein oder zwei hölzerne Gitterfenster
geöffnet. Das Innere entspricht der ephemeren Anlage und dem dürftigen Materiale.
Die äussere, gewöhnlich halb oder ganz vergitterte Thüre, führt sogleich
in das grösste Gemach des Hauses, das ohne Fussdielenund oft ohne geweisste
Wände einer Tenne ähnlich ist. Diese Abtheilung dient als Wohn - und
Gesellschaftszimmer. Vorrathskammern, oder auch wohl ein Nebenzimmer
für Gäste nehmen die übrige Fronte des Gebäudes ein. Die Rückseite
enthält die Gemächer für die Frau und die übrige Familie, die sich nach
portugiesischer Sitte bei Anwesenheit von Fremden sogleich hieher zurückziehen
müssen. Von diesen tritt man in das bedeckte Vorhaus
randa), welches gewöhnlich an der ganzen Länge hinläuft und in den
Hof geöffnet ist. Bisweilen ist* auch eine ähnliche Varanda an der Vorderseite
des Hauses. Die Küche und die Gesindewohnungen, meistens
(*) Einer der ersten Entdecker der Goldminen ro n Minas ( 16 Q 3) Antonio Rodriouez
war aus Taubate.
armselige Schoppen, liegen dem Hause gegenüber im Grunde des Hofes. Die
Geräthe dieser Häuser sind ebenfalls auf das Nothdürftigste beschränkt; oft
findet man nur einige hölzerne Bänke und Stühle, einen Tisch, eine grosse
Lade, ein Lager von einer Strohmatte oder einer Ochsenhaut auf den über
vier Pflöcke gelegten Brettern (Girdo). Statt der Betten bedienen sich
die Brasilianer fast allgemein der gewebten oder geflochtenen Hangmatten
{Maqueiras), die in den Provinzen von S. Paul und Minas am schönsten
und dauerhaftesten von weissen und gefärbten Baumwollenfaden verfertigt
werden. Eben so sieht der Reisende noch nirgends gegrabene Brunnen,
und er muss sich daher mit gesammeltem Regen-, Quell- oder Flusswasser
zu jedem Gebrauche behelfen. Die Einwohner von Taubate verrathen
übrigens mehr Wohlhabenheit und Bildung als die der kleinen Flecken,
welche wir früher durchreist hatten, was wohl von einem lebhafteren Handelsbetriebe
mit Rio de Janeiro und S. Paul herrührt. Man baut hier auch
einige Weinstöcke, deren Früchte eben jetzt reif und von angenehmem
Geschmacke waren.
Südlich von Taubate erhebt sich der Weg durch das Thal des
Paraiba über mehrere waldige und feuchte Hügel mit prächtigen Farnbäumen,
wasserliebenden Aroiden und Melastomen geschmückt. Die tiefe
Ebene desselben ist ebenfalls reich an den schönsten Pflanzen und Insecten;
unter anderen trafen wir hier den Cerambyx longimanus, von Vögeln
einen neuen, lang geschwänzten braunen Tyrannus und den Cuculus Guira
an. Nach zwei Tagereisen durch grünende, mit niedrigem Wald abwechselnde
Fluren, in welchen wir die Vendas von Campo grande, Sahida do
campo, Paranangaba und den kleinen Flecken S. Joze passirt hatten,
kamen wir zu der Villa von Jacarehy (Crocodillenfluss in der Lingua geral),
wo wir uns einige Erholung gönnten. Hier fanden wir den Paraiba wieder,
der «ine grosse Krümmung macht, und statt ferner nach Süden in seiner
ursprünglichen Richtung fortzulaufen, nach Norden umkehrt. Die Personen
wurden in einem Nachen übergesetzt, die Mäulthiere aber mussten schwimmen;
um ihnen die geeignete Richtung zu zeigen, wurde eines derselben an
einem Stricke vom Kahne aus geführt, und die übrigen durch lärmendes
Rufen von den begleitenden Kähnen aus immerwährend ermuntert. Der
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