dem Grade von Missgestalt und Hässlichkeit, welchen sie im Ganzen jetzt
zeigen, als Folge eines Aufenthaltes von wenigen Jahrhunderten in der
Gemeinschaft mitweissen Menschen , zu den seltsameren Erscheinungen. Es
ist schwer anzunehmen, dass jene kriegerische und kräftige Nation in dem
kurzen Zeiträume eine so grosse Verminderung an Individuen erlitten haben
und in den Zustand einer solchen Verschlechterung und Unbedeutenheit ausgeartet
seyn sollte, der sie mehr zum Gegenstände des Mitleides als des
historischen Interesses macht. Dagegen ist es wahrscheinlicher, dass diese
Indier Ueberbleibsel der minder zahlreichen und schwächeren, den Goya-
nazes feindlichen Nation, der Cariös oder Guarüs, sind, von welchen auch
noch andere Reste zerstreut unter dem Namen der Sacurüs im Orgelgebirge
wohnen sollen. (*) Vielleicht haben sich mit jenen Cariös auch
noch einige Abkömmlinge der Tamojös, jener rohen und kriegerischen
Cannibalen, vermischt, von denen uns die Portugiesen, welche sich zuerst
in der Gegend von Rio de Janeiro, niederliessen, das schlimmste Bild entwarfen
und gegen die der Dr. A n t o n io S a l ema im Jahre 1572 den letzten
Vertilgungskrieg führte. (**) Die Völker des americanischen Continentes
haben in ihrer früheren Geschichte ähnliche Wanderungen aufzuweisen,
als diejenigen waren, durch welche die Bewohner des hohen Mittelasiens
nach Europa kamen. Dass die Richtung dieser Wanderungen im Allgemeinen
von Norden nach Süden ging, scheint durch die Untersuchungen eines berühmten
Reisenden ausser Zweifel gesetzt zu seyn. Auch wir werden im
Verlaufe dieser Erzählung Gelegenheit finden, mehrere Thatsachen anzufuh-
ren, welche jene Annahme bestätigen. Neben den grossen und allgemeinen
Völkerbewegungen aber haben noch viele partielle nach verschiedenen Richtungen
statt gefunden, und die Ankunft der Europäer an den Rüsten
Brasiliens hat wahrscheinlich mehrere der mächtigeren Stämme von den
Küsten tiefer landeinwärts gescheucht, so dass nur. die schwächeren Horden,
die sich durch Vereinigung und Niederlassung bei den Portugiesen
sicherer glaubten, in ihren früheren Wohnsitzen zurückblieben. Die mäch(*)
Padre Casal führt (Corograf. hras. 2. p. 4 6 ) an, dass der Name Guarü oder Gua-
rulho collectiv von mehreren Nationen gebraucht worden sey. Seine Angaben in Betreff der
Indierstämme sind aber höchst unzuverlässig. (**) Southbv Hist, of Braz. I. p. 3 1 2 .
tigste aller Nationen, die Tupinambazes, welche von den Europäern
an der Küste getroffen wurde, begründet diese Ansicht durch ihre ausgedehnte
Wanderschaft und ihr allmäliges Zurückweichen von den Küsten
von Bahia und Pernambuco nach Maranhäo, Para und längs dem Amazonenstrome
aufwärts bis an die Mündung des Madeiraflusses, wo wir den
letzten Rest, welchen ihre fortdauernden Kriege übrig gelassen haben, in
dem Flecken Tupinambaräna (jetzt P'illa nova) verschwinden sehen.
Wir übernachteten in Tarumä, einem einsamen Rancho auf einer mit
Wald umgrenzten Ebene, weil wir den Flecken M o g y das Cruces nicht
mehr erreichen konnten. In dieser Gegend bemerkten wir mehrere Familien
von sogenannten Cafasos, welche Mischlinge von Schwarzen und Indianern
sind. Ihr Aeusseres gehört zu dem auffallendsten, welches einem
Europäer begegnen kann. Sie sind schlank, breit und von kräftiger
Musculatur, besonders sind die Brust-, auch die Armmuskeln sehr stark,
die Füsse dagegen verhältnissmässig schwächer. Ihre Farbe ist ein dunkles
Kupfer - oder Kaffebraun. Die Gesichtszüge erinnern im Ganzen mehr
an die äthiopische als an die americanische Rage. Das Antlitz ist oval, die
Backenknochen sind stark hervorragend, doch weniger breit und abgesetzt
als bei den Indianern, die Nase breit und niedergedrückt, jedoch weder aufgeworfen
noch sehr gekrümmt, der Mund breit mit dicken, aber dabei gleichen
und eben so wie der Unterkiefer wenig vorspringenden Lippen, die schwarzen
Augen selbst offeneren und freieren Blicks als bei den Indianern, jedoch
noch etwas schief- wenn auch nicht so stark einwärts stehend als bei
diesen, dagegen nicht so nach aussen gerichtet wie bei den Aethiopiern. Was
aber diesen Mischlingen vorzüglich ein frappantes Aussehen giebt, ist das
übermässig lange Haupthaar, welches sich, besonders gegen das Ende hin halbgekräuselt,
von der Mittelstirne an auf einen bis anderthalb Fuss Höhe beinahe
lothrecht emporhebt, und so eine ungeheuere, sehr hässliche Frisur bildet.
Diese auffallende Haarbildung, welche beim ersten Anblicke mehr künstlich
als natürlich erscheint und fast an den Weichselzopf erinnert, ist keine
Krankheit, sondern lediglich Folge der vermischten Abkunft, und hält
das Mittel zwischen der Haarwolle des Negers und dem langen straffen
Haupthaare des Americaners. Oft ist diese natürliche Perücke so hoch,