besichtigten wir die Stadt. Die Hauptstrasse zieht sich nahe an der Seeküste
hin,-die engen Seitengassen, aus kleinen, zum Theil alten und baufälligen
Häusern bestehend, steigen an dem Abhange des Berges hinauf. Ein offener
Platz mitten in der Stadt, der Kirche gegenüber, ist mit Reihen ausländischer
Bäume, mit Dracaena D raco, Jasminum azoricum und Datura arborea
geschmückt, welche letztere eben jetzt mit ihren herrlichen,^grossen Bliithen
prangte. Der Gouverneur der Insel, welcher auch das nfme Porto Santo
befehligt, wohnt in einem sehr geräumigen, schönen Castelle, ganz nahe
am Hafen. Dieses sowohl , als die nächsten Umgebungen der Hauptkirche
wurden in der Nacht, wo der Gouverneur der Gesellschaft ein glänzendes
Ballfest gab, feierlich beleuchtet. Die Damen Hessen sich in reichvergoldeten
Palankins und in kostbar verschleierten, an Stangen befestigten Netzen
nach dem Pallaste tragen, und zwar von Negern, deren bedeutende Anzahl
unter den übrigen Bewohnern uns um so mehr auffiel, als wir sogar
einige Geistliche von dieser Farbe wahrnahmen. Was im Allgemeinen den
physiognomischen Charakter des gemeinen Mannes auf Madeira betrifft, so
ist er mager, muskulös, von braunem Teint, schwarzen, vernachlässigten
Kopfhaaren, buschigen Augenbraunen und dunklen Augen. Er erregt in
der groben Matrosenkleidung mit seiner spitzigen rothen Mütze mehr Furcht,
als Zuneigung. Die nicht selten bis ins Schwärzlichbraune spielende Hautfarbe
erinnert an die sonst häufigere Vermischung der Weissen mit Negern,
welche ehemals in grosser Anzahl aus Guinea eingeführt wurden. Dass
Z arco , der Entdecker Madeira’s , keine Spur von menschlichen Bewohnern
hier vorfand, ist bekannt. Wie in den Ländern des südlichen Europa’s ,
ist auch hier der Esel das vorzüglichste Hausthier, auf welchem die Lasten
von einem Orte zum andern geschafft werden. Aeusserst selten erblickt
man daher in diesem Gebirgslande Lastwägen, die hier die Form von
Schlitten haben und mit vielen Ochsen bespannt werden, noch seltener
aber eine Chaise.
Die Naturforscher zogen dem Genüsse jenes Festes die Bekanntschaft
mit dem Innern der Insel vor. Wir Beide befanden uns mit Anbruche des
Tages schon auf dem Wege nach der Höhe, welche sich vom Hafen aus
amphitheatralisch erhebt, und von mehreren Thälem durchschnitten, klare
Bäche herabführt. Zwischen Gärten und Weinbergen liegt eine Menge kleiner
Landhäuser zerstreut, und überall begegnet dem Wanderer ein freundliches
Bild von dem beharrlichen Fleisse der Einwohner, welche selbst schroff
ansteigende Hügel urbar gemacht, mit Reben bepflanzt und durch weit
verbreitete Canäle bewässert haben. Längs einer solchen gemauerten und
vielfach verästelten Wasserleitung, die mehrere Quellen aus dem höchsten
Theile der Insel herabbringt, gelangten wir auf einen kuppelförmigen Hügel,
dem nordöstlichen Theile der Stadt gegenüber, von wo aus man eine reizende
Aussicht auf das tiefe Thal, die Stadt mit ihren frisch grünenden Umgebungen,
den Hafen und das Meer geniesst. Am Fusse des Berges prangen, einzeln
um die Landhäuser gepflanzt, die wogende Dattelpalme, der breitblättrige
Pisang, das saftige Zuckerrohr, die essbaren Injamen (*), Mais und Melonen;
höher am Berge erscheinen über Gitter gezogene W^einlauben, die von
Aloe und Cactus umzäunet, gleichsam einen grünen Teppich über die
schöne Insel ausbreiten; noch weiter am Berge aufwärts folgt ein schattenreicher
Wald von süssen Castanien und Lorbeerbäumen; die höchsten
Puncte endlich sind mit Heide, Ginster, Farrnkräutern und Gräsern besetzt.
Fasst maA das Ganze in einem Blicke zusammen, so glaubt man in diesen
tiefen Gebirgsschluchten, geschmückt mit dem saftigen Grün der Rebe.,
diesen steil ansteigenden Grasmatten, welche sich an erhabene Basaltwände
anlehnen, diesen herrlichen, schattenreichen Wäldern, belebt von mehreren
klaren, rauschend über die Felsen sich herabstürzenden Quellen, das Bild
einer europäischen Alpengegend vor sich zu haben, der alle Reize des
südlichen Himmels zur schönen Zugabe geworden sind. Die schwarzen
Basaltwände verleihen jedoch dieser Landschaft einen Zug von Melancholie,
welcher, wenigstens zur Zeit unserer Anwesenheit, durch die auffallend
geringe Anzahl von Thieren noch bemerkbarer wurde. Ausser einigen europäischen
Singvögeln, Bachstelzen, einigen Schmetterlingen und wenigen andern
Insecten (Brachycerus barbarus, Asida coriacea nobis), die das nahrungslose
Gestein bewohnen, fanden sich fast gar keine Thiere vor. Die Vögel
wandern vermuthlich zwischen den Inseln und dem europäischen und
(*) Phoenix dactylifera, Musa sapientum und paradisiaca, Saccharum officinarum, Cala-
dium esculentum.