Genüsse einer freigebigen reichen Natur, beschränkt auf die Mittheilung weni-.
ger entfernter Nachbarn, äusserst geringen Antheil an den Ereignissen in der
politischen Welt, und ist zufrieden, alle Jahre einmal durch die Führer der
Karavanen, welche von der Küste zurückkehren, die Hauptbegebenheiten
zu erfahren. Uebrigens sind es, so wie in den Seestädten, auch im Innern,
mehr die Handelsbeziehungen, als ein weltbürgerliches Interesse, wodurch
die Theilnahme an grossen. politischen Ereignissen bestimmt wird. An
schnellen und genauen Nachrichten von Europa fehlt es demungeachtet nicht,
weil durch die eingewanderten Portugiesen die Lissahoner und durch die
Engländer die englischen Zeitungen verbreitet werden.
Für die Erziehung der Jugend ist in der Hauptstadt durch mehrere pri-
vilegirte Lehranstalten gesorgt. Wohlhabende lassen ihre Kinder durch Privatlehrer
auf den Besuch der Universität von Coimbra vorbereiten, was, wegen
Seltenheit tauglicher Lehrer, hier sehr kostspielig ist. In dem Seminario
de S. Joaquim werden die Anfangsgründe des Lateins und des Kirchengesangs
(Canto chäo) gelehrt. Die beste Lehranstalt aber ist das Lyceum
oder Seminario de S. Jozé, worin nebst der lateinischen, griechischen,
französischen und englischen Sprache, der Rhetorik, Geographie und Mathematik,
auch Philosophie und Theologie vorgetragen werden. Die meisten Lehrer
gehören der Geistlichkeit an, welche jedoch gegenwärtig einen bei weitem
geringeren Einfluss auf die Erziehung des Volkes übt, wie ehemals und
besonders zur Zeit der Jesuiten. Eine sehr nützliche Schöpfung der neuen
Zeit ist die Schule der Chirurgie {Aula de Cirurgia) , welche, in einem
ähnlichen Geiste wie die landärztlichen Schulen im Königreiche Baiern,
in dem ehemaligen Jesuitencollegium errichtet wurde, um practische Aerzte
zu bilden, an denen es im Innern ganz fehlt. Nach einem fünfjährigen
Studium können die jungen Aerzte hier zu Magistern der Chirurgie
gemacht werden. Man befolgt hierin strenge Ordnung (*) und sorgt für
die Erwerbung positiver Kenntnisse durch die Klinik in dem benachbarten
(*) Nach der gesetzmässigen Folge studiert man im ersten Jahre Anatomie, Chemie,
Pharmacie; im zweiten dieselben Fächer nebst Physiologie} im dritten Hygieine, Aetiologie,
Pathologie, Therapie} im vierten Chirurgie und Entbindungskunst} im fünften werden die
Kliniken besucht.
k. Mflitärliospital. Die meisten Lehrer dieser Anstalt sind zugleich practische
Aerzte in der Stadt und folgen theils den französischen, theils den
Cullen’schen Lehrbüchern in ihren Vorträgen. Naturgeschichte, besonders
aber Botanik, wird den Schülern von Frey L eandro do S acramento , einem
gelehrten Carmeliten aus Pernambuco und Zögling des ehrwürdigen Bro-
tero , vorgetragen. Er benützt bei den Vorlesungen eine kleine Anpflanzung
merkwürdiger Gewächse in d£m Passeio publico, weil der
eigentliche botanische Garten zu weit von der Stadt entfernt ist. Das
mineralogische Cabinet, unter der Oberaufsicht unseres Landsmannes, des
Hrn, Obristlieutenants v. E schwege, ist, weil sich derselbe meistentheils
nicht in Rio de Janeiro aufhält, in keinem vorteilhaften Zustande. Es
besteht aus der Ohainischen, von W e r n e r (*) beschriebenen Sammlung,
zu welcher, ausser einer schönen, von da Camara überschickten Diamantensuite
, und einigen andern mineralogischen Merkwürdigkeiten
Brasiliens, nicht viel Erhebliches hinzugekommen ist. In dem Locale dieser
Sammlung wird auch ein höchst unbedeutender Anfang eines zoologischen
Cabinets aufbewahrti, der in einigen wenigen ausgestopften Vögeln und einigen
mit bunten Schmetterlingen ausgeschmückten Kästen besteht. Die im J. 1810
gegründete Militärakademie (Academia militar Real) hat wissenschaftliche
Ausbildung jener zum Zwecke, welche sich von Jugend auf dem Kriegsdienste
widmen wollen 5 obgleich aber mit guten Lehrern ausgestattet und vom
Könige besonders begünstigt, hat sie dennoch fast keine Wirksamkeit, da
es ihr an Schülern fehlt. Um so thätiger hingegen werden in der neuerrichteten
Aula do Commercio die auf den Handel Bezug habenden
Gegenstände und auch Chemie vorgetragen.
Gleich bei der Ankunft des Königs war es Absicht gewesen, der neuen
Monarchie eine Universität zu geben. Man war jedoch noch unentschieden ,
ob Rio de Janeiro oder das, in einem gemässigteren Klima liegende,
«S. Paulo der Sitz derselben werden sollte. J. Garcia S tockler, Sohn
(*) W ernek Beschreibung einer Mineraliensammlung u. s. w. Lüneb. 179 1 . 8.
(**) Diese Diamanten hat v. Eschwege im zweiten Hefte seines Journals über Brasilien
S. 49» beschrieben.