föhlen zu erheben, welche eine so wundervolle Natur im Gemüthe des
Betrachters hervorruft. Ein zarter, durchsichtiger Nebelduft liegt über
der Gegend; der Mond steht hell leuchtend zwischen schweren, sonderbar
gruppirten Wolken; die von ihm bestrahlten Gegenstände treten mit
hellen und scharfen Umrissen hervor, während eine magische Dämmerung
die beschatteten dem Auge zu entfernen scheint. Kaum regt sich
ein Lüftchen und die nahen Mimosenbäume haben die Blätter zum Schlafe
zusammengefaltet und stehen ruhig neben den düsteren Kronen der Manga,
der Jaca und der ätherischen Jambos(*); oder ein plötzlicher Wind fällt
ein, und es rauschen die saftlosen Blätter des Acajd(*‘); die blüthen-
reichen Grumijama und Pitanga (*l ) lassen ein duftendes Schneefeld
niederfallen; die Wipfel der majestätischen Palmen wallen langsam über
dem Süllen Dache, welches sie, wie ein Symbol friedlicher und stiller Natur-
betrachtung, beschatten; helle Töne der Cicaden, Grillen und Laubfrösche
schwirren dabei beständig fort und versenken durch ihre Einförmigkeit in
süsse Melancholie. Fast unvernehmlich murmelt dazwischen ein Bach den
Berg hinab und der Macuc (*“) ruft mit seiner menschenähnlichen
Stimme gleichsam um Hülfe aus der Ferne. Mit jeder Viertelstunde wehen
andere balsamische Düfte, und stets abwechselnd öffnen andere Blüthen
der Nacht ihre Kelche und betäuben fast durch die Kraft ihres Wohlgeruches
; bald sind es die Lauben von Paullinien, bald der nahe Orangenhain,
bald die dichten Gebüsche von Eupatorien, bald plötzlich enthüllte Blumenbüschel
der Palmen (**), die ihre Blüthen aufschliessen, und so eine Ebbe
und Fluth von Wohlgerüchen unterhalten. Während die stille Pflanzenwelt,
von den hin - und herschwärmenden Leuchtkäfern (Elatcr phosphoreas,
noctilacns) wie von tausend beweglichen Sternen erhellt, durch ihre
p„l.,„m;«r.hen Ergüsse die Nacht verherrlicht, schimmern am Horizonte
(*) Mangifera indica, Artocarpus integrifolia und Eugenia Jambos L. (*a) Anacardium
occidentale L. (*b) Zwei liebliche Myrtenarten, Myrtus brasiliensis Lam. und M. peduncu-
lata L. (*•) Tinamus noctivagus, Perdix guyanensis.
(*a) Bei mehreren Palmen haben wir bemerkt, dass der Bliithenbüsöhel im Beginn der
erotischen Exstase ganz plötzlich die ihn umkleidende Hülle aufsprengt, und die Nachbarschaft
weithin mit Duft erfüllt. Besonders ,häufig sieht man dieses an der Macaüba - Palme,
Acrocomia sclerocarpa nob.
ohne Unterlass feurige Blitze und erheben das Gemüth in freudiger Bewunderung
zu den Gestirnen, welche, feierlich still am Firmamente über
Continent und Ocean prangend, es mit Ahnungen von Wundern höherer
Art bereichern. Im Genüsse solcher friedlichen, zauberhaft wirkenden
Nächte gedenkt der vor kurzem eingewanderte Europäer seiner. Heimath
mit Sehnsucht, bis ihm endlich die reiche Natur der Tropen ein zweites
Vaterland geworden ist.
Man kann in Rio de Janeiro diese schönen Nächte ohne Besorgniss vor
jenen Krankheiten gemessen, welche in manchen tropischen Gegenden, wie
z. B. in Guinea, fast unausbleibliche Folge der Einwirkung des Abendthaues,
oder der dann eintretenden Landwinde sind $ jedoch ist es auch hier rathsam,
jene Momente, wo nach Sonnenuntergang eine plötzliche Abkühlung der
Atmosphäre eintritt und der erste Nebel fällt, nicht im Freien zuzubringen.
Der frühe Morgen scheint übrigens auf den Körper immer weniger nachtheilig
zu wirken, als der Abend, weil mit der wiederkehrenden Sonne die
unterdrückte Transspiration sich sogleich wieder herstellt. Rio de Janeiro
ist zwar im Allgemeinen als eine der ungesunderen Städte Brasiliens, doch
wohl mit Unrecht verrufen. Das Klima ist heiss und feucht, was grösstentheils
von der Lage abhängt, indem ein hohes, mit dichter Waldung bedecktes
Gebirge, der enge Eingang und die vielen Inseln der Bai den freien Wechsel
der Winde hindern; jedoch treten sehr schnelle, der Gesundheit so schädliche
Abwechslungen der Temperatur hier nicht ein. Feuchte, kalte Winde,
welche leichte Rheumatismen veranlassen, sind indessen nicht selten. Obgleich
die sumpfigen Niederungen am Meere zur Zeit der Ebbe desselben einen
unerträglichen Uebelgeruch verbreiten, so bleiben sie, zum Glücke für die
benachbarten Bewohner, doch nicht lange genug vom Wasser unbedeckt,
um durch ihre faulenden Ausdünstungen endemische Fieber hervorzubringen.
Auch giebt die Nahrung der niedrigen Volksklassen wenig Veranlassung
zu Krankheiten. Das Mandiocca- (Cassava-), das Mais-Mehl und die schwarzen
Bohnen, welche meistentheils mit Speck und gesalzenem, an der Sonne
getrocknetem Rindfleisch gekocht werden, sind die hauptsächlichen Bestandte
ile seiner, obgleich rohen und schwer verdaulichen, doch, bei starker
Bewegung und dem Genüsse von portugiesischem Weine oder Zucker