schafl immer mehr und mehr umgestaltet und der verschiedenartige Charakter
trat um so selbstständiger und reiner hervor, je mehr wir uns von
den dunklen Urwäldern der Serra do mar entfernten. Der Weg führte
uns von nun an in dem weiten Flussthale des Paraiba über» platte
Hügel, welche anfänglich mit allerlei niedrigem Gesträuche und einzelnen
Bäumen bewachsen w aren, weiterhin aber immer offener, freier wurden und
nur von Gräsern und Kräutern bekleidet, oder mit langen Zügen von
Ananas besetzt erschienen. Heerden von Maulthieren und Rindvieh weideten
in diesen gefälligen Gegenden. Der Brasilianer unterscheidet die
beiden physiognomischen Hauptformen des Pflanzenwuchses, Wald und
Flur, mit dem Namen Matto und Campo, die mannichfaltigen Verschiedenheiten
der letzteren aber, welche mehr oder weniger örtlich den Charakter
der Landschaft bestimmen, mit vielen anderen Namen. Der grösste Theil
des Thaies vom Paraiba ist mit eigentlichen Graswiesen {Campos) bedeckt
, welche sich von den Höhen herabziehen, und selten durch niedrige
Wälder unterbrochen werden. Wenn gleich diese Wiesen dem Auge nicht
jenes frische liebliche Grün unserer nordischen Grasfluren darbieten, so setzen
sie doch, durch die bunte Menge und die Neuheit ihrer Pflanzenformen den
Betrachter in Bewunderung. Auf dem meistens rothen, mit vielen Ouarztrüm-
mern vermengten harten Lehmboden stehen einzelne starke Büsche gräulich
grüner, behaarter Gräser bald näher bald entfernter von einander; zwischen
ihnen erhebt sich ein Heer der niedlichsten krautartigen Rubiaceen, Malpi-
ghien, Apocyneen und Compositae von grösster Verschiedenheit in Färbung
und eleganter Blumenbildung. (*) Wo zwischen diesen niedrigen Kindern der
Flora ein kräftigeres Wachsthum gedeihet, da treten einzeln stehend, selten
(*) Declieuxia satureoides, spergulaefolia, myricoides, oenanthoides , cordigera, mollis nob.
Hamelia, Rhexiae et Melastomae herbaceae et Banisteria sp. plur., Gaudichaudla tuberosa,
triphylla, marginata, Croton fulrum, antisiphiliticum, nob., Wedelia longifolia, sessilifolia,
cordifolia, Lippia bracteosa. Calystegia campestris. Bignonia micrantha. Cnemidostachys myr-
tilloides, herbacea (Tragia corniculata Vahl), Echites campestris, velutina. Oxypetalum flavum,
erectum. Bailleria graveolens. Vernonia grandiflora, rosmarinifolia nob. Kleinia Porophyllum W.
Molina sessiliflora Vahl. Bidens asperula. Eryngium Lingua Tucani. Celastrus cymosus. Hedera
tcrnata. Hydropbylax valerianoides. Sauvagesia ovata. Clitoria angustifolia. Mimosa hirsutis-
sima. Sweetia nitida nob.
über fünfzehn bis zwanzig Fuss hohe, dickrindige B ä u m e m i t weit abstehenden,
vielfach gekrümmten Aesten und trocknen mattgrünen Blättern auf,
einen lichten niedrigen Wald bildend, in welchem man leicht den Umriss
eines jeden einzelnen unterscheidet. Letztere Waldform nenntman in Brasilien
Tabuleiro und, wenn die Bäume so nahe beisammen wachsen, dass sie sich
mit ihren Aesten berühren, Tabuleiro coperto. Ausser den einzeln stehenden
Bäumen treten blüthenreiche Myrten, rankende Banisterien, dickbuschige
Erythroxylen, mehrere Arten der wohlschmeckenden Guabiroba {Psidium)
hie und da in dichtverschlungene Wäldchen (Carrasco, Feixado) zusammen,
aus denen sich nur selten ein grotesker Cactusstamm erhebt. Diese
letztere, America so sehr bezeichnende Form ist hier weniger häufig als
in den glühenden Steppen von Pernambuco, Searä und Caracas. Fast
Alles, was wir hier aus dem Gebiete der Flora sahen, war uns neu und
unsere Aufmerksamkeit blieb stets gespannt auf diese lieblichen Gestalten der
Campos, welche im scharfen Gegensätze mit den massigen saftreichen
Bildungen der Urwälder stehen, und vielmehr Aehnlichkeit mit den zarten
Sprösslingen nordischer Alpenwiesen haben.
Taubate, das wir am späten Abend erreichten, liegt auf einem
flachen Hügel drei Meilen südöstlich von Pendamhongaba. Man übersieht
von derHöhe aus einen grossen Theil der Flur, durch welche kleine Wäldchen
und Gebüsche zerstreut sind. Das Franciscanerkloster links am Wege,
mit einigen Reihen von majestätischen Palmen umgeben, macht einen sehr
angenehmen Eindruck und lässt einen bedeutenden Ort erwarten. Allerdings
ist Taubate, das aus einer weitauslaufenden, dicht mit Hütten zu beiden
Seiten besetzten Haupt- und einigen Nebengassen besteht, einer der wichtigsten
Flecken der ganzen Provinz. Er wetteifert im Alter mit der Hauptstadt.
In der Zeit, als der Hang nach Gold eine Menge Paulisten zu gefährlichen
und abentheuerlichen Streifereien durch Minas und Goyaz antrieb, zeichneten
(*) Die wichtigsten Bäume dieser Campos sind:*Laplacea parriflora nob. (Pao de S. Joz£),
Arten von Clusia, Havettia, Panax, Melastoma, Ithexia, Myrtus, Psidium, Schinus, Annona,
Gomphia, Malpighia, Spixia (Leandri), Ternstroeinia, Marcgrafia, Rapanea, Vochisia, Qualea,
Salvertia, Solanum, Byrsonima dasyanlha, macrophylla H., Erythroxylon havanense Jaccj.
Clethra tiuifolia Sw. u. s. w.