Pardo und Mio Paraiba ausgenommen, die Oberherrschaft der Portugiesen
noch nicht anerkennen, sind zahlreicher, wahrscheinlich gegen viertausend
Köpfe stark Sie bewohnen den östlichen Abhang der Serra da
Onga und die Wälder nördlich vom Rio Paraiba, und dehnen ihre Streifereien
bis zu dem Rio Doce aus, wo sie bisweilen mit den dort wohnenden,
menschenfressenden Botocudos in Fehde gerathen.
Obgleich wir in kurzer Zeit das Vertrauen der uns umgebenden
Coroados erlangt hatten, und ohne Furcht unter ihnen verweilen konnten,
ward doch in uns der Wunsch allmälig lebhafter, den düsteren
Aufenthalt zu verlassen, wo wir uns gleichsam wie von Wahnsinnigen
umgeben fühlten. Unsere Sammlungen waren schon mit den Seltenheiten
der Umgegend bereichert, und durch die Gefälligkeit des Directors erhielten
wir auch das Skelet eines vor nicht langer Zeit im Kampfe erschlagenen
Coroado, das wir als ein wichtiges Document mit grosser Sorgfalt vor
den abergläubischen Wilden verbargen. Da die Directoren bisweilen einige
Indianer in die volkreicheren Orte schicken, um durch ihre Aussagen bei
der Rückkehr auf ihre Landsleute günstig zu wirken, so machte uns derselbe
im Presidio deh Antrag, einige Indianer als Begleiter nach Villa Rica mitzunehmen.
Am Abend vor der Abreise brachte er daher zwei junge Coroados in
unsere Wohnung, und ermunterte sie zur Abreise mit uns durch Brantwein und
durch die Hoffnung, als Capitao mit einer bunten Kleidung zurückzukehren.
Es war hiebei lächerlich anzusehen, welche Wirkung eine glänzende Uniform
auf diese Naturmenschen machte. Man zog sie Einem derselben an,
setzte ihm einen Dressenhut auf, und hielt ihm den Spiegel vor. Betroffen
und stolz begaffte er bald sich bald sein Bild, und befühlte die neue Kleidung
und den Spiegel von allen Seiten; obgleich er sich das zauberhafte Bild
nicht erklären konnte, so schien doch ein wohlgefälliges stolzes Gefühl
über alle seine Zweifel die Oberhand zu behaupten. Von diesem Augenblick
an war sein Entschluss gefasst, und er freute sich uns zu folgen.
Er gewöhnte sich bald an uns, begleitete uns auf einem grossen Theile der
Reise, und erhielt von uns wegen seiner Anhänglichkeit den Namen Custo-
dio. Im Atlas ist er unter der Bezeichnung „Coroado“ abgebildet. Am
17. April verliessen wir Guidowald. Die Furcht, dass die Indianer Kunde
von dem Skelete, welches wir mit uns führten, haben, und uns feindlich
überfallen könnten, beschleunigte unseren Entschluss und unsere Schritte,
um aus diesen nächtlichen Urwäldern in die freundlichen Campos zurückzukehren.
Schon hatten wir das Presidio de S. Joäo Baptistä eine gute
Strecke hinter uns, als wir in der dichtesten Waldung plötzlich vor einem
Zuge von dreissig bis vierzig Indianern standen, welche familienweise
in einzelnen Trupps, Männer, Weiber und Kinder, mit Sack und Pack,
alle nackt einherzogen, um, wie wir später erfuhren, einem Trinkfeste
einige Stunden seitwärts von hier beizuwohnen. Kaum hatten sie
uns wahrgenommen, so machten sie sogleich Halt, beobachteten uns un-
entschlüssig mit unsicheren Blicken, und versteckten sich dann, die Männer
mit Pfeil und Bogen in der Hand, einzeln hinter Bäume. Erschreckt
durch diese plötzliche Erscheinung befürchteten wir Anfangs, dass es auf
einen Ueberfall abgesehen wäre 5 nachdem sie aber zögerten, uns anzugreifen,
legten wir unsere Waffen bei Seite auf den Boden nieder, und gingen
ihnen mit freundlichen Mienen und unter dem pantomimischen Ausdrucke,
dass wir dort die Waffen niedergelegt hätten und ihnen nichts zu Leide thun
würden, entgegen. Sobald wir uns dem Ersten des vordersten Haufens
näherten, klopften wir ihm auf die Schultern, zeigten nochmals auf die fern
liegenden Schi essgewehre, Hessen ihnen unsere Ausbeute an Thieren und
Pflanzen sehen, und bedeuteten ihnen, dass wir uns nur hiemit beschäftigten,
und sie daher ruhig fortwandern könnten. Einer derselben, der uns schon
früher in der Fazenda Guidowald gesehen hatte, wurde hierauf etwas
freundlicher gegen uns, schien durch einige Worte seinen Kameraden unsere
Aussage zu bestätigen, und so schieden wir denn beiderseits in Frieden.
Ein anderes Abentheuer begegnete uns, noch ehe die Serra de S. Geraldo,
oder de S. Jozé erreicht war. In einem dichten Gehäge zogen wir an
einer indianischen Hütte vorüber, aus der ein altes, nacktes Mütterchen,
und, wie Custodio uns später sagte, seine Verwandte, ihm einige Worte
zurief. Sie fragte ihn nämlich besorgt, wohin er ginge, und ob man
ihn vielleicht mit Gewalt wegführe? als er aber fröhlich antwortete: er
ginge den grossen Capitao zu sehen, und würde bald selbst als Capitäo
zurückkommen, rümpfte sie den Mund und entliess ihn. Wir überstiegen
hierauf eiligst das Gebirge, und gelangten in der Richtung von N. W.
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