dass diese an den Küsten der nördlichen Meere so häufigen Thier- und
Fflanzenarten in der heissen Zone minder zahlreich, und namentlich in
Brasilien noch seltener als in Ostindien Vorkommen. Beinahe scheint es, dass
solche nächtliche und unvollkommere Organismen mehr den kälteren, und dagegen
höhere Bildungen den wärmeren Himmelsstrichen in grösserer Anzahl
zugetheilt seyen. Uebrigens mag auch die Tiefe des Oceans an den Küsten
von Brasilien, welche viel beträchtlicher als die des ostindischen Meeres ist,
eine seltenere Erscheinung der Meeresbewohner veranlassen. Die Pulverfabrik
und die Wohnung des S. Joäo Gomez Ab r eu, Obersten beim Geniecorps
, eines liebenswürdigen kenntnissreichen Brasilianers aus Minas Geraes,
der jener Fabrik und dem Pflanzengarten vorsteht, liegen auf der einen Seite
von waldigen Granithügeln, auf der andern von dem See des Roderich
Freitas, der etwa eine halbe Stunde im Durchmesser hat, umgeben in
einer engen Ruhe und Stille athmenden Gegend. Hinter den Häusern
ist der erwähnte botanische Garten angelegt. Mehrere schöne Alleen von
Brodbäumen aus der Südsee (Artocarpus inc isa), den dichtschattigen Ytd-
(Guarea trichilioides') und Manga-Bäumen führen durch die in regelmässige
Quadrate getheilte Anlage, deren wichtigster Culturgegenstand die chinesische
Theestaude ist. Bis jetzt sind sechstausend Stämmchen derselben, drei Schuhe
weit von einander entfernt, in Reihen gepflanzt. Das Klima scheint ihrem
Wachsthume günstig zu seyn; sie blühen in den Monaten Julius bis September
und ihre Saamen reifen vollkommen aus. Auch diese Erscheinung
bestätigt nebst anderen Culturversuchen mit asiatischen Pflanzen in America,
dass vorzüglich die Gleichheit der Breiten das Gedeihen der vegetabilischen
Zöglinge bedingt. Der Thee wird hier vollkommen auf dieselbe Weise wie
in China selbst gepflanzt, gepflückt und gedörrt. Die portugiesische Regierung
hat auf die Cultur dieses Gewächses, von dessen Product aus China nach
England jährlich um den Werth von zwanzig Millionen Thaler eingeführt
wird, ihre besondere Aufmerksamkeit gerichtet. Der vorige Minister,
Conde de L inhares , hat einige hundert chinesische Colonisten hicher berufen,
um durch sie die Vortheile des Baues und der Zubereitung des Thees
bekannter zu machen. Diese Chinesen waren angeblich nicht von jenen Küstenbewohnern
, welche sich aus Noth vom Vaterlande hinweg nach Java und
auf die benachbarten Inseln begeben und dort, wie die Galizier in Spanien
und Portugal, Arbeit suchen, sondern man hatte Leute aus dem Innern
dazu auserwählt, die mit der Cultur der Theepflanze vollkommen vertraut
waren. Die meisten dieser Chinesen wohnen jedoch gegenwärtig nicht
am botanischen Garten, sondern in der Nähe des königlichen Landgutes von
S. Cruz bis auf einige wenige, welche hier unter der Leitung des Colonels
Abreu zur Pflege der Theestaude und zur Einsammlung und Zubereitung der
Blätter verwendet werden. Man bricht die Blätter dreimal im Jahre, und
bringt sie auf gelind erhitzte Darröfen von Thon, worauf sie getrocknet und
gerollt werden. Der Vorstand der Anstalt gab uns Proben der verschiedenen
Arten, welche auch hier besonders nach der Zeit der Lese unterschieden
werden. Der Geschmack war kräftig, doch bei weitem nicht so ätherisch
und fein aromatisch, wie der von besseren chinesichen Sorten, sondern etwas
erdig und rauh. Diese unangenehme Eigenschaft darf aber bei keinem Zweige
der beginnenden Cultur entmuthigen, denn sie ist eine natürliche Folge der
noch nicht vollendeten Acclimatisation. Ausser der Theestaude zeigte man uns
noch mehrere ostindische Gewächse, den Zimmtbaum (L a u ru s Cinnamo-
m um ), den Gewürznelkenbaum (Ca ryo p h y llu s a romaticus), den Pfefferstrauch
(Piper nigrurri), denGneton (Gnemon Gneton), den Muskatnussbaum
(M y r is tic a moschata), den Carambol-Kirschhaum (Av e rrh o a Carambola),
dessen sauere Früchte in Suppen angenehm schmecken, u.a.m. Obgleich
zum Theil erst einige Jahre alt, hatten doch die meisten dieser Bäume schon
Früchte getragen. Eine fortgesetzte Pflege wird noch alle diese Gewächse
hier einheimisch machen, denn das neue Continent scheint von Natur geeignet
zu seyn, um die Producte aller Klimate in sich aufnehmen und
gleich dem ursprünglichen Vaterlande ausbilden zu können.
Die Pulverfabrik in der Nähe des botanischen Gartens ist nebst einer
kleinen Privatanstalt in Minas, welche sich ebenfalls das königl. Privilegium
verschafft hat, die einzige in Brasilien. Ihr Product kann sich jedoch jener
guten Mischung nicht rühmen, welche das aus Europa eingeführte, aber hier
beinahe verbotene Schiesspulver hat. Vermuthlich ist dieses theils in einem
dem hièsigen Klima nicht entsprechenden Verhältnisse des Salpeters, welcher
aus den portugiesischen Colonien von Ostindien und aus den Salpeterhöhlen
am Rio de Franscisco nach Rio gebracht wird, theils in der Natur der Kohle