röhren zu Wasser gesendet hatten. Die physikalischen Wissenschaften haben
selbst in den Hauptstädten Brasiliens bis jetzt nur wenig Pflege gefunden,
die Barometer und andere Instrumente, welche man noch hie und da
vorfindet, werden daher von den Wenigen, die sich mit meteorologischen
Beobachtungen beschäftigen, als die kostbarsten Werkzeuge angesehen.
Am Fusse des Gebirges, welches wir nun zu übersteigen hatten,
befand sich das Haus eines holländischen Pflanzers. Während man in den
Wald schickte ihn zu holen, und unsere Karavane vorausging, hatten wir
Gelegenheit einen Reichthum von Pflanzen und den schönsten Insecten, besonders
Cetonien, einzusammeln. Hr. Dufles, so heisst dieser Pflanzer, betreibt
mit grossem Erfolge den Zucker- und Kaffebau, welcher durch die Feuchtigkeit
des Thaies und die sonnige Lage des Gebirges äusserst begünstigt wird.
Glücklicher Weise*verweilten wir hier nicht lange und erreichten bald unsere
Lastthiere, die sich auf dem lettigen, zu tiefen Löchern ausgerissenen Boden
in gänzlicher Unordnung befanden. Die meisten hatten ihre Last abgeworfen
oder waren in den Gruben stecken geblieben. Es mussten daher sogleich Faschinen
gemacht werden, um diese auszufüllen und den Thieren festen Fuss zu
verschaffen. Nach anstrengender Arbeit war endlich der Gipfel des Berges
erreicht, wo uns eine weite Fernsicht auf die Ebenen von S. Cruz die Mühe
vergessen liess. Unter mancherlei Gefühlen nahmen wir hier den letzten Abschied
von der Seeküste und schlugen den Weg ins Innere ein. Das Gebirge
besteht aus Granit von ziemlich feinem Korn und röthlicher Farbe, der bis-
2 weilen in Gneiss übergeht, und mit dichtem Urwald bedeckt ist. Der steile
Weg wendet sich im Gebirge von S. nach W. und führt durch mehrere
angenehm bewässerte, aber einsame und wegen Mangels an Cultur traurige
Thäler zu einem ärmlichen Dorfe mitten im Gebirge , das den reizendsten.
Aufenthalt für einen Naturforscher gewähren könnte, weil seine Umgebungen
eine Fülle der reichhaltigsten Vegetation und der mannichfaltigsten Thiere zur
Schau tragen. Myrten, Rubiaceen, Scitamineen und Orchideen machen die
Hauptzüge in der Physiognomie dieser Waldungen aus, welche sich, wie
die von der Serra de Estrella, in einer Höhe von zweitausend fünfhundert
bis dreitausend Fuss über der Meeresfläche befinden. Ehe wir zu
unserem Nachtlager, der Fazenda S. Rosa, gelangten, passirten wir einen
königlichen Meierhof, welcher von dem in S. Cruz abhängig ist und vorzüglich
zum Fällen edler Holzarten (Madeiras reaes oder de ley) mittelst
königlicher SclaVen benützt wird. Die Fortsetzung des Weges wird wegen
der Steilheit des Gebirges, der häufigen Hügel und lehmigen Abgründe,
welche grosse Windungen nöthig machen, immer unbequemer
und gefährlicher. Auf allen Seiten schliessen sich die engen, mit dunkler
Urwaldung besetzten Thäler, durch welche bisweilen ein kühler klarer
Bach herabkommt. Die tiefste Einsamkeit herrscht hier, und ausser einigen
elenden Lehmhütten oder neuen Holzschlägen begegnet dem Wanderer
kaum etwas, das ihn an menschliche Einwirkungen auf diese majestätisch
wilde Natur erinnert. Als wir von der steilen Anhöhe herab aus dem
ernsten Dunkel des Urwaldes hervortraten, erblickten wir den kleinen
Flecken f^illa de S. Joäo Marcos, und später eine einsame aber stattliche
Fazenda im Thale. Die neuen Schläge der Wälder bedecken sich
vorzüglich auf sonnigen lichten Anhöhen in kurzer Zeit mit einem unglaublich
dichten Kleide von einer Art Saumfarn (Pteris caudata) , welche
wegen der Verbreitung ihrer zähen Wurzeln in dem Grunde, ähnlich
unserem Adlerfarn, zu einem verderblichen Unkraute wird und nur mit
Mühe auszurotten ist. Die Neigung dieser Pflanze, sich immer nur auf
eben erst urbar gemachtem Lande niederzulassen , ist beachtungswerth für
die Geschichte der Pflanzenverbreitung. In den Breiten, welche wir jetzt
durchreisten, bemerkten wir noch mehrere andere Pflanzen unmittelbar
nach dem Abtriebe der Wälder entstehen; dahin gehören Phytolacca de-
candra und icosandra, Scoparia dulcis, Solanum decurrens und noch
einige Arten derselben Gattung, Gronovia scandens, Phiomis ojficinalis
nob. und mehrere Hyptisarten. In Nordamerica werden die dichten Gehäge
der Farnkräuter wegen ihres grossen Gehaltes an Kali zu Pottasche verwendet;
in Brasilien hat man aber noch nicht versucht, die Farnkräuter
und jene ungeheueren Holzmassen, welche jährlich gefallt werden, darauf
zu benützen, da man die nach dem Abbrennen der Waldung zurückgebliebene
Asche zur Düngung des Bodens für nothwendig hält.
In Retiro,. einer ärmlichen Fazenda seitwärts von 5. Marcos, in
einem ringsum von waldigen Bergen eingeschlossenen sumpfigen Thale