dieser Gegenströmung möchte die grössere specifische Schwere des mittelländischen
Meerwassers anzunehmen seyn. Dass dieser Gewichtsunterschied
wirklich statt finde, darin stimmen die Reiseberichte überein, und auch
unsere Beobachtungen bestätigen dieses, da wir das specifische Gewicht des
Mittelmeeres zu 1,03384, des atlantischen Oceans nahe an der Strasse zu
1,02944 fanden. (*) Zwar haben die Untersuchungen Marcet’s keine
grössere Schwere des Meerwassers aus der Tiefe der Meerenge, als desjenigen
von der Oberfläche nachgewiesen; diese Verschiedenheit betreffend,
können auch wir, wegen der Schnelligkeit der Fahrt und aus Mangel
schicklicher Gelegenheit, um Wasser aus der Tiefe zu schöpfen, nichts Bestimmtes
angeben; jedoch dürfte die Gewissheit der grösseren Schwere des
Wassers im Mittelmeere zur Erklärung hinreichen, während dieAechtheit des
Resultates in dem von Marcet erwähnten Versuche, wegen der Schwierigkeit,
Meerwasser aus der gewünschten Tiefe zu gewinnen, bezweifelt werden kann.
Wenn aber ein Unterschied in dem specifischen Gewichte beider Meerwasser
obwaltet, so muss die Gegenströmung wirklich so eintreten, wie man sie annimmt,
indem bei dem Zusammenstosse zwei er Flüssigkeiten von verschiedener
Schwere die schwerere natürlich unter der leichteren hinströmt. Nebst der
angegebenen wichtigsten Ursache der Strömung in der Strasse können'wohl
auch noch mehrere andere wirken. So dürfte die Achsendrehung unseres
Planeten, welche dem Meere jene allgemeine Bewegung von Osten nach
Westen mittheilt , auch hier in der Tiefe des Meeres ihre Wirkung
äussern. Eben so mag in dem Drucke , welchen die vielen, zum Theil
mächtigen, in das Mittelmeer fallenden Ströme und das von Osten eindringende
schwarze Meer auf dessen Wassermasse üben, eine Ursache der untern
Strömung nach Westen liegen. Dieser Druck kann sich nur an der einzigen,
verhältnissmässig sehr engen Ausmündung des Mittelmeeres äussern, und
(*) Die von L alande (Voyage eii Italie) gemachte Beobachtung, dass das Wasser an den
Küsten Frankreichs leichter sey, als das aus der Mitte des Meeres, indem es n u r % 4 bis l/w ,
nicht aber ^ 7 bis Sptjjgl seines Gewichtes Salz mit sich führe, widerspricht jener Annahme n icht'
weil das Wasser, welches bei Gibraltar ausfliesst, n u r aus einer beträchtlichen Tiefe und daher
aus der Mitte des Meeres kommen kann.
(**) Philos. Trans, a. a. O.
überwindet hier leicht den Gegendruck des Oceans, dessen Kraft an
den Küsten der beiden begrenzenden Continente gebrochen wird. Endlich
muss man sich bei Betrachtung der Ursachen dieser Wasserbewegung an
die Möglichkeit einer Verdämmung erinnern, welche, als sich einst die
beiden Meere nach Durchbrechung der trennenden Landenge vereinigten,
übrig blieb, und noch jetzt gewisse Richtungen im Zuge der Gewässer
bedingt. Die unbedeutenden Seitenströmungen an der Oberfläche der Meerenge
nach Westen, welche To find und früher schon Andere bemerkt haben, sind
vielleicht als Nebenwirkung der Hauptströmungen, wie solche auch an den
Ufern grosser Flüsse beobachtet wird, und, da sie besonders im Voll - und
Neumonde erscheinen, zum Theil als Wirkungen, des Mondes zu betrachten.
Unter den spanischen Fischern ist die Meinung allgemein, dass sich die
Strasse allmählig erweitere, und sie stimmt mit den historischen Ueber-
lieferungen über die Breite der Strasse vollkommen überein. (*) Diese
Vergrösserung des Canales dürfte in Verbindung zu bringen seyn mit der
Abnahme der Oberfläche des mittelländischen Wasserbeckens im Allgemeinen
einer Erscheinung, für welche sich mehr historische und physische Zeugnisse
auffinden lassen, als für die entgegengesetzte der, vielleicht mehr von localen
Umständen abhängenden, Zunahme desselben durclj Verschlingung des Landes
an einigen Orten. Die Versandung vieler Häfen, das Ansetzen bedeutender Landstriche
an denKüsten und die Vereinigung früherhin ringsum vom Meere umgebener
Inseln und Felsen mit dem festen Lande, auch da, wo keine zuführenden
Flusse, wie der Nil, wirken konnten, zeigt sich an den verschiedensten Puncten
des Ufers. (”•••) Eine ganz gleiche Erscheinung bieten das schwarze und das
C ) Die früheste Angabe des Skylzx von Caryanda setzt die Breite der Strasse der des
thracischen Bosporus gleich, also n u r auf das Viertel einer geographischen Meüe. Die
Bestimmungen von der Breite nehmen, je näher sie auf unsere Zeit röchen, an Grösse zu. So
wird solche später, als von S z v ia x , zu drei Millien (% geograph. MeiL), noch später zu
fimf Millien ( l g .M . ) , von Stzzbo zu sechszig Stadien (1 ‘A g .M . ) , von P u ru u s zu sieben '
en (fast 1% g. M .) angegeben. Gegenwärtig misst die engste Stelle fast zwei geographische
Meilen. M. vergl. v. H o rr a. a. 0 . S. 15 0;,: ■.
(**) Die Thatsachen finden sich mit grossem Fleisse zusammengestellt in v. Hopr’s oben
erwähntem Werke.