266
über den Isthmus Hülfe leisten soll. Von dieser Fazenda aus fahrt man auf
dem seichten Flüsschen Camapuäo mit halber Last abwärts, bis man in den
tieferen Rio Cochim kommt. Auf letzterem, welcher sich zwischen einem
Bette von steilen Klippen und Felsen hindurchwindet, haben die Reisenden
abermals zwei und zwanzig Strömungen und Fälle zu bestehen, von denen
einige das gänzliche Ausladen des Bootes, andere die Erleichterung um die
Hälfte nöthig machen. Aus dem Cochim gelangt man in den Tacoary, einen
bedeutenden Fluss, der gewöhnlich siebenzig Klafter Breite und nur zwei
Fälle hat, von denen der untere, Relliago, der letzte von den hundert und
dreizehn ist, auf welche die Schiffer von Porto Feliz bis Cujabä stossen.
Dieser Fluss kommt unter beständigen Windungen zwischen anmuthigen
Grasfluren in die Niederungen gegen den Paraguay hinab, und ergiesst sich
mit vielen Mündungen in diesen Hauptstrom. Früher wurde er sehr häufig von
den amphibischen Payagoäs-Indiern heimgesucht, die aus dem untern Paraguay
heraufkamen, um die Reisenden zu überfallen. Um dergleichen Anfällen
sicheren Widerstand zu leisten, pflegen daher alle Canoen, die die
Reise gleichzeitig machen, in dem Hafen von Pouzo alcgre sich zu versammeln
, und solche unter der Leitung eines aus ihrer Mitte gewählten Admirals
fortzusetzen. Alle Reisenden stimmen in dem Lobe dieser Gegenden
zusammen, in welchen man durch eine Fülle neuerund merkwürdiger Gegenstände
überrascht werden soll. Den Erzählungen zufolge sind die Inseln und
Ufer des Flusses mit einer unzählbaren Menge von Vögeln bevölkert; die Masse
der Fische, welche, aus dem Paraguay* heraufkommend, den Fluss bewohnen,
ist unglaublich; seltsame Formen von Palmen stehen am Ufer und wechseln
mit einer lieblichen Vegetation aromatischer Gräser und Gebüsche ab. Noch
fremdartiger und schöner wird die Scene geschildert, wenn die Reisenden in
die Canäle zwischen den Pantanaes selbst gekommen sind; Tausende von Enten
und Wasserhühnern erheben sich vor den Schiffenden in die Luft; ungeheuere
Störche ziehen durch die unübersehbaren Sümpfe und theilen die Herrschaft
über das Gewässer mit den furchtbaren Crocodilen; stundenlang fährt man
zwischen dichten Feldern von Pteis, der sich hier von selbst angebaut hat,
dahin, und wird so in dieser einsamen, nur selten durch ein Canot fischender
Guaycurüs belebten Gegend gleichsam an europäische Pflanzung und Cultur
erinnert. Der Wechsel und die Grossartigkeit der Umgebung verkündigen
die Nähe eines grossen Stromes, und nach vier bis fünf Tagereisen erreichen
die Schiffenden den Paraguay, welcher hier selbst in der trockenen Jahreszeit
die Breite von fast einer Seemeile hat, während der Regen aber die
Pantanaes überfluthet und zu einem ausgedehnten Landsee von mehr als
hundert Quadratmellen anschwellt. Die Schiffahrt ist hier, obgleich stromaufwärts,
dennoch leicht, und meistentheils wird der. Weg bis zur Einmündung
des Rio de S. Lourenzo oder dos Porrudos in acht Tagen
zurückgelegt; von ihm gelangt man endlich in den Rio Cujabä, auf
welchem man bis zur Villa de Cujabä in zehn. Tagen hinauffahrt. Die
ganze Reise dauert vier bis fünf Monate. Als der Handel auf dem Tiete noch
blühte, gingen Waffen, Tuch, Kattune und weisse Baumwollenzeuge, Glas-
und Töpferwaaren,. Salz und alle übrige europäische Artikel auf diesem
Wege nach Cujabä und Matto - Grosso. Die Rückladungen bestanden in
Copaivaöl, Pichurimbohnen, Tamarinden, Harzen, Wachs, Guaranä, Goldstaub
und Thierfellen, besonders von brasilianischen Fischottern und Onzen.
Die auf. so weiten und gefährlichen Wegen eingeführten Artikel waren
anfänglich ausserordentlich theuer; allmälig aber setzten sich die Preise
mit jenen an der Küste in Verhällniss, besonders nachdem der Landweg
die beiden Wasserstrassen von Porto Feliz aus auf dem Tiete und von
Parä aus auf dem Tocantins und dem Araguaya immer mehr entbehrlich
machte. Uebrigens ist die Villa de Cujabä, welche .wegen ihres
gesünderen Klima die Villa bella, jetzt Cidade de Matto - Grosso, an
Volksmenge und Wohlhabenheit übertrifft, und vom Gouverneur für die
Hälfte des Jahres zur Residenz gewählt wird, der Hauptort der Provinz
für. den Handel zu Lande sowohl als auf den Flüssen.
Die Indierhorden, welche anfänglich die Reisenden auf den Strömen
überfielen, haben sich nun meistentheils in entferntere Gegenden zurückgezogen,
oder friedlichere Gesinnungen angenommen und kommen nur von
Zeit zu Zeit an den Fluss, um mit den Vorüberschiffenden Handel zu
treiben. Sie bieten gegen die europäischen Tauschartikel Honig, Wachs,
Copal und die Früchte mehrerer Palmenarten an. Es sind vorzüglich
Cayapös, welche die Canoen auf ihrem Wege vom Tiete bis in den
Tacoary, und Guaycurüs, welche sie auf dem übrigen Theile der Reise