Kopfe gepackt hatte, und damit spielend sie ihnen entgegentrug. Nichts
hätte , diesen Natursöhnen eine grössere Ehrfurcht vor uns einflössen können;
sie betrachteten uns von nun an mit derselben Scheu, welche sie
vor den Pajes (ihren Zauberern, Priestern und Aerzten) hegen, ein Gefühl,
das wir bei ihnen nicht ungerne unterhielten.
Gegen Abend vernahmen wir aus dem Walde den wiedertönenden
Schall des Ochsenhorns. Ällmälig schlichen sich die Gäste ganz leise
zur Hinterthüre herein, und in Kurzem füllte sich die Scheune, wohin
das Getränk gebracht worden war, mit einer Menge Indianer. Nach und
nach kamen auch die ferner Wohnenden in einzelnen Trupps, jeder mit
der ganzen Familie, und mit Sack und Pack gleichsam wie bei einer Auswanderung
an; die Männer, welche ihre Pfeile und Bögen noch nicht in
der Nähe des Waldes versteckt hatten, verbargen sie hier; die Weiber setzten
ihre Körbe nieder, nahmen die Kinder auf den Nacken, und suchten das
Trinkgefass {Cuja) hervor. Ohne unter sich oder mit anderen zu reden,
durchforschte jedes Glied der Familie mit einem unstäten Blicke die Umgebung;
die Männer näherten sich einander, und begrüssten ihre Nachbarn
höchstens durch Vorschiebung des Mundes und einen kaum vernehmbaren
Nasenlaut. In der Mitte der Anwesenden und dem Topfe zunächst stand der Anführer,
welcher durch Stärke , Schlauheit und Muth einige Herrschaft über
sie erlangt, und durch Marlier den Titel eines Capitao erhalten hatte. In seiner
Rechten hielt er die Maracä, die schon erwähnte Kastagnette, welche sie
Gringcrina *) nennen, und klapperte damit, indem er zugleich tactmässig
mit dem rechten Fusse stampfte. Mehr gehend als tanzend bewegte er sich
hierauf langsam, mit eingebogenen Knien und vorwärts geneigtem Leibe um
den Topf, wohin er stets die Augen gerichtet hatte. Der Tanz, welcher im
Rhythmus einen Dreischlag beobachtete, wurde von ihm mit einem leisen,
monotonen, und wenn er stampfte, stärker betonten Gesänge begleitet. Je
öfter sich der Gesang wiederholte, desto feierlicher und feuriger ward der
(*) Von den, in den Nachrichten früherer Reisenden erwähnten, Orakelsprüchen der Maracä
haben wir keine Spur bei diesen Indianern gefunden.
Ausdruck in Stimme und Minen. Alle Uebrigen standen unbeweglich um
den Topf her, gafften ihn schweigend an, und nur bisweilen, wenn die,
wie es schien, improvisirten Worte des Tänzers sie reizten, brachen sie in
ein urimässiges Schreien aus. Nach diesem abgemessenen Kreistanz, wodurch
wahrscheinlich eine Beschwörung und Abhaltung böser Geister bezweckt werden
sollte, näherte sich der Anführer dem Topfe, nahm dem Nachbar die
Trinkschaale, welche dieser bereit hielt, aus der Hand, schöpfte damit gravitätisch
aus dem Topfe und nippte davon. Das Klappern mit der Gringcrina und
der einförmige Gesang begannen von neuem; der Anführer trank hierauf die
Hälfte der Schaale aus und reichte sie den Anderen; nun schöpfte jeder beliebig
aus dem Topfe, und der Dreischlag und die monotone Musik wurden allgemein
und immer tumultuarischer, je länger die Schaalen die Runde machten.
Auch uns reichte man eine volle Cuja, und wir mussten, obgleich mit
Ekel erfüllt, doch dem Rathe unseres Geleitsmannes folgen, sie zu leeren,
um den Indianern keine Ursache zu Misstrauen zu geben. Das Getränke
ist an Geschmack unserem Malzbiere ähnlich und, in Menge genossen,
berauschend, welche Wirkung sich gegen das Ende des Trinkfestes auch
nur zu deutlich durch das wilde Springen, das tobende Singen von H y !
ha-ha! zu erkennen gab. Man hatte uns Hoffnung gemacht, bei dieser
Gelegenheit auch die Tänze der Coroados sehen zu können; allein gegen
Abend, nachdem der Kopf und Magen überfüllt waren, schlich sich ein
Trupp derselben nach dem andern davon, gleichsam als hätten sie Abrede
genommen.
Am Tage nach unserer Ankunft in Guidowald hatte sich hier auch
eine Horde von Puris blicken lassen, welche in diesen Gegenden umherzieht.
Sie schlichen scheu um die Häuser, fassten jedoch endlich den Muth
einzutreten, und schienen, nachdem wir ihnen einige kleine Geschenke
gemacht hatten, Zutrauen zu gewinnen, indem sie nicht ungerne bei uns
verweilten. Man konnte leicht bemerken, dass sie roher, aber deshalb auch
minder misstrauisch waren, als die schon längere Zeit von den Portugiesen
unterjochten Coroados. Während des Trinkfestes der letzteren hielten
sie sich im benachbarten Walde verborgen; als sie aber nach Beendigung
desselben von unserem Begleiter eingeladen wurden, kamen sie noch spät