des Corcovado empfahl. Unsere Bücher, Instrumente und andere Effecten
würden auf den Schultern der Schwarzen dahingekracht. Das Zollamt
(Alfandega) machte nicht die geringsten Schwierigkeiten, sobald es erfuhr,
dass wir mit der Fregatte Austria und unter dem Schutze Sr. M. des Kaisers
von Oesterreich angekommen seyen. Ueberhaupt schien sich Vieles zu
vereinigen, um uns Neulingen die ersten Geschäfte einer häuslichen Einrichtung
auf americanischem Boden zu erleichtern. Wir trafen bald zu unserem
grossen Vergnügen den äusserst gefälligen, durch seine Weltumseglung
mit Cap. v. Krusenstern bekannten, kais. russischen Staatsrath und General-
Consul v. L angsdorff , welcher uns mit Herzlichkeit empfing. Auch mehrere
deutsche Landsleute, die sich in merkantilischen Geschäften zu Rio de Janeiro
niedergelassen hatten, suchten uns, wo immer möglich, nützlich zu seyn.
Nebst dem gemeinschaftlichen Vaterlande waren wir mit ihnen auch durch das
Interesse verbunden, welches sie für eine ihnen neue, fremdartige Und reiche
Natur hegten. Wir sind es unserem Gefühle schuldig, hier die Namen unserer
wackeren Landsleute, der Herren Scheiner , Hindriks , Schimmelbusch , Deus-
sen, F rölich, Dürming mit Dankbarkeit auszusprechen. Auch die Herren
v. E schwege und F eldner, Obristlieutenants in k. portug. Diensten bei dem
Ingenieurcorps, deren Ersterer sich gerade damals auf Besuch, von seiner
Garnison zu Villa Rica, in Rio de Janeiro befand, Beide durch mehrjährigen
Aufenthalt in Brasilien sehr gut von dem Innern des Landes unterrichtet,
waren uns bei der Anordnung unserer Einrichtungen mit freundschaftlichem
Rathe behülflich. Auf Veranlassung des österr. Ministers, Freih.
v. N eveu , welcher sich mit der thätigsten Theilnahme und in ächt literärischem
Sinne für unsere Unternehmung verwendete, erhielten war alsbald einen
königlichen Geleitsbrief {Portarid), welcher uns freie Bereisung und Untersuchung
der Provinz von Rio de Janeiro erlaubte, und uns in jedem vorkommenden
Bedürfnisse der Hülfe der Autoritäten auf das kräftigste empfahl. (i)
Wer mit dem Gedanken an den neuen, erst seit drei Jahrhunderten
bekannten Welttheil jenen einer durchaus und überall noch rohen, gewalttätigen
und unbesiegten Natur verbindet, möchte sich wenigstens hier in
der Hauptstadt Brasiliens, fast ausser demselben wähnen; so sehr haben die
Einflüsse der Cultur und Civilisation des alten, gebildeten Europa’s den
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Charakter americanischer Wildniss von diesem Puncte der Colonie verdrängt,
und demselben das Gepräge höherer Bildung ertheilt. Sprache, Sitte, Bauart
und Zusammenfluss der Industrieproducte aus allen Weltteilen geben dem
Platze von Rio de Janeiro eine europäische Aussenseite. Was jedoch den
Reisenden alsbald erinnert, dass er sich in einem fremden Welttheile befinde,
ist vor Allem das bunte Gewühl von schwarzen und farbigen Menschen,
die ihm, als die arbeitende Classe, überall und sogleich begegnen, wenn er
den Fuss ans Land setzt. Uebrigens war dieser Anblick uns weniger angenehm
, als überraschend. Die niedrige, rohe Natur dieser halbnackten, zudringlichen
Menschen verletzt das Gefühl des Europäers, der sich so eben aus
dem Vaterlande feiner Sitte und gefälliger Formen hierher versetzt sieht.
Rio de Janeiro, oder eigentlich 5. Sebastiäo, gewöhnlich nur Rio genannt
, liegt am Ufer der grossen Bai, welche sich von der Stadt aus noch
dreimal so tief nach Norden in das Continent erstreckt, als man bis zum
Ankerplätze rechnet. Es nimmt den nordöstlichsten Theil einer unregelmässig
viereckigen, an dem westlichen Ufer gelegenen Erdzunge ein, welche
sich nach Norden erstreckt und gegen Süden mit dem Continente zusammenhängt.
Die östlichste Spitze der Landzunge ist die Punta do Calabougo;
die nördlichste, welcher die kleine Ilha das Cobras gegenüber liegt, die
des Armazem do Sal. Zwischen beiden Puncten ist der älteste und wichtigste
Theil der Stadt längs dem Ufer, in der Richtung von N. W. nach S. O.
und in der Gestalt eines länglichen Viereckes erbaut. Das Terrain ist
grösstentheils eben, am nördlichsten Ende aber erheben sich fünf längliche
Hügel so nahe am Meere, dass sie nur für eine einzige Strasse am Ufer
Raum lassen; gegen S. und S. O. wird die Stadt durch mehrere Hügel,
die letzten Vorgebirge des Corcovado, eines waldigen Gebirges, beherrscht.
Der ältere, nordöstlichste Theil der Stadt ist von acht geraden, ziemlich engen,
parallelen Strassen durchschnitten, und durch viele rechtwinklige Querstrassen
in Quadrate abgetheilt. Ein grosser Platz im Westen der Altstadt,
Campo de S . A n n a , trennt diese von der Neustadt. Letztere, meisten-
theils erst seit der Ankunft des Hofes entstanden, hängt mittels der, über
den Meeresarm des Sacco d?Alferes führenden, Brücke de S. Diogo
mit dem südwestlichen Viertel, oder dem Bairro de Mato-porcos, und