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V i e r t e s B u c h .
Er s t e s Kapitel .
Aufenthalt in der Stadt Villa Rica.
J^illa Rica, die Hauptstadt der Provinz Minus Geraes, Residenz des Generalgouverneurs
und Sitz des Ouvidors der Comarca Oiro preto, ist auf zwei
Hügeln des östlichen Abhanges des Berges gleiches Namens an dem Ribeiräo
do Oiro Preto, späterhin do Carmo genannt, welcher die Scheidegrenze des
hohen Itacolumi und des Morro de P'illa Rica: macht, erbaut. Die Strassen^
die von dem im Thale do Oiro Preto liegenden Theile der Stadt zu dem
auf den Hügeln gelegenen führen, sind sämmtlich gepflastert, mit vierzehn
Röhrbronnen versehen, und durch vier steinerne Brücken, unter welchen
die neue vom Herrn v. E schwege im Thale errichtete sich auszeichnet,
verbunden 5 die Hauptstrasse läuft eine halbe Stunde längs dem Abhange
des Morro hin. Die Häuser sind von Steinen erbaut, zwei Stockwerke
hoch, mit Ziegeln gedeckt, grösstentheils weiss angestrichen, und wenn
auch nicht äusserlich von gutem Ansehen, doch bequem und der hohen
Lage der Stadt angemessen. Unter den öffentlichen Gebäuden zeichnen
sich zehn Capellen, zwei ansehnliche Pfarrkirchen, die Schatzkammer,
das mit herumziehenden Schauspielern besetzte Theater, die lateinische
Schule, das Stadthaus nebst dein Gefängnisse, welches grösstentheils durch
Raub oder Liebeshändel verführte Mörder verwahrt, besonders aber das
mit einigen Kanonen versehene und von dem Gouverneur bewohnte Castell,
welches auf dem höchsten Vorsprunge des Hügels liegt, einen Theil der
Stadt und den Marktplatz beherrscht und die schönste Aussicht über die
ganze Gegend darbietet. Obgleich in einer engen Gebirgsschlucht verborgen
und ringsum von Bergen und unfruchtbaren, steinigen, an Schönheit
aber künstlichen Gärten gleichenden Campos umgeben, war doch dieser
Ort von jeher das Ziel, wohin nicht nur Paulisten, sondern selbst auch
Portugiesen häufig einwanderten. Man giebt jetzt die Völkerzahl von ganz
Minas Geraes auf eine halbe Million, die der Stadt auf achttausend fünfhundert
an. Letztere zählt verhältnissmässig viele Portugiesen aus Europa, und besonders
viele Mulatten und Schwarze; der waffenfähige Theil ist in zwei Regimenter
de Cavalleria auxiliar (Milizen), vierzehn Ordonnanzcompagnien von
Weissen, sieben von Mulatten und vier von freien Schwarzen eingetheilt. (l)
Beinahe alle Handwerke werden hier ausgeübt; unter diesen zeichnen sich besonders
die Sattler, Blech- und Hufschmiede aus; auch giebt es eine Pulver-,
Filzhut- und Töpferwaarenfabrik. Von allen Städten im Innern Brasiliens
hat keine einen so lebhaften Handel wie P'illa Rica. Es gehen von hier
Strassen über S. Joäo. d’El Rey nach S. Paul, über Minas Novas nach
Bahia, über S. Romäo, Tejuco, Malhada nach Paracatü, Goyaz und Matto-
Grosso; keine aber ist mit hin- und herziehenden Trupps so sehr besetzt,
als die, welche nach der siebenzig Meilen entfernten Residenzstadt Rio de
Janeiro führt. Beinahe in jeder Woche, oder in jedem Monate des Jahres
gehen grosse Züge mit Producten des Landes: Baumwolle, Thierhäuten,
Marmelade, Käse, Edelsteinen, Goldstangen u. s. w. beladen nach der Hauptstadt,
und kehren mit Salz, Wein, Kattun, Tüchern, Schinken, Spiegeln,
Eisenwaaren, mit neuen Negersclaven zum Betriebe der Goldwäschereien
u. s. w. wieder zurück. Der Handel in das entferntere Binnenland ist zwar nicht
so ausgedehnt, wie der in S. Paulo und Bahia, welcher sich bis nach Goyaz
und Matto-Grosso erstreckt, er verbreitet sich jedoch selbst über den Rio de
S. Francisco hinaus, beinahe über die ganze Capitanie, und versieht solche
picht "nur mit den in Rio de Janeiro angekauften, europäischen Waaren,
sondern auch mit den Producten der Umgegend, z. B. mit hier verfertigten
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