wird, dem des wilden vor. Die Milch desselben ist bei der Gute der
Weide vortrefflich; eine Kuh liefert aber nur ein Drittheil der Quantität,
welche gute europäische Milchkühe geben. Die Haut ist immer der kostbarste
Theil des Schlachtviehes; sie wird abgezogen, am Boden mittelst
kurzer Pflöcke ausgespannt, gelinde eingesalzen und an der Sonne getrocknet.
Das Fleisch in dünne Streifen zerschnitten, mit Salz eingerieben und an
der Luft getrocknet, ist ein wichtiger Handelsartikel in den Häfen von
S. Paul und Rio grande do Sul nach den Städten im Norden, vorzüglich
nach Rio de Janeiro, Bahia, Pernambuco und Maranhäo, wo es unter
dem Namen der Carne seca do Sertäo, Passoca oder Carne char-
tjueda einen wesentlichen Theil der Nahrung aller Brasilianer, besonders
der Negersclaven, ausmacht.
Neben der Rindviehzucht beschäftigt auch die von Pferden und Maul-
thieren mehrere Landwirthe in der Capitanie von S. Paulo, wird jedoch
in Rio grande do Sul bei weitem mehr ins Grosse getrieben; denn man darf
annehmen, dass von dort jährlich vierzig- bis fünfzigtausend Pferde und.
Maulthiere nach dem Norden von Brasilien ausgeführt werden. Die Pferde von
S. Paulo sind von mittlerer Grösse, schlankem Bau, erlangen, wenn sie mit
Sorgfalt gepflegt werden, eine feine undangenehme Haltung, und werden vortreffliche
Renner. Während unserer Anwesenheit kam ein Pferdehändler aus
Curitiba nach Kpanema, aus dessen Heerde täglich mehrere Pferde gefangen
und nach Landessitte gezähmt wurden. Gewöhnlich laufen zwanzig bis dreis-
sig solcher ungezähmter Thiere zusammen, und trennen sich fast nie von
einander. Es dauerte einige Stunden, bis die Piöes einen Rudel in einen
Winkel treiben und mittelst Schlingen einige aus den übrigen Haufen
herausfangen konnten. Die gefangenen Thiere suchten nun, bald zitternd
vor Furcht, bald voll brausender Wuth, durch die seltsamsten Verdrehungen
und die ausgelassensten Sprünge gegen die Bereiter sich zu vertheidigen.
Gelingt es diesen endlich, ein Thier bei den Ohren und Lippen mit Zangen festzuhalten
, ihm einen Kappzaum anzulegen, und ihm auf dem Rücken statt des
Sattels ein Schaffell zu befestigen, so schwingt sich Einer der Piöes hinauf und
sucht die Halsstarrigkeit des Pferdes durch die Knute zu bezwingen. Nach
vielen widerspänstigen Bewegungen und Sprüngen wird das Thier so weit
gebracht, dass es mit seinem Reiter wie im Koller davon rennt, und erst nach
einem langen Laufe ermüdet der Gewalt des Zaumes einigermassen gehorcht.
Nach dieser Demüthigung bleibt es traurig mit gehängtem Kopfe stehen, wobei
alle übrige sich von ihm absondern. Am folgenden Tage wird dasselbe
Manövre wiederholt; nach wenigen ähnlichen ist das Pferd gezähmt und
zum Reiten tauglich. Die gemeinen Paulisten und vorzüglich die Piöes
bedienen sich eines sehr kleinen flachen Sattels von Holz, der oft nicht
einmal mit Leder überzogen ist (Sellirn)\ ihre Steigbügel sind so klein,
dass sie nur die grosse Zehe aufnehmen können. Die Spornen werden an
der nakten Ferse befestigt. Ueberdiess besteht die Kleidung des Piäo aus
einer kurzen Jacke (Gibäo) , engen Beinkleidern (Perneiras) ynd einem
tellerförmigen, mit einem Riemen am Halse befestigten Hut, sämmtlich
von braunem Leder aus Hirsch- oder Capivarahäuten, und schützt ihn sehr
zweckmässig gegen die Dornenhecken, welche er bei Verfolgung der Thiere
durchbrechen muss. Die Pferde werden eben so wie das Rindvieh von Zeit
zu Zeit zusammengetrieben, theils um den Pächtern der Zehnten (Con-
tractadores) den jährlichen Zuwachs der Heerde darzuthun, theils um die
Thiere im ersten Jahre mit der Marke des Besitzers zu bezeichnen, und
die im zweiten zu verschneiden. Die wilden Pferde sind am häufigsten
von brauner, am seltensten von weisser oder getigerter Farbe, und ver-
rathen im Allgemeinen durch den unverhältnissmässig kleinen und dicken
Kopf und durch die mittelmässige Statur ihre aussereuropäische Abart. Die
körperliche Beschaffenheit der Maulthiere ist hier zu Lande schöner als die
der Pferde; gewöhnlich kommen sie an Grösse unseren europäischen Pferden
gleich; von Farbe sind sie schwarz, braun, fahl oder auch zebraartig
gebändert. Sie haben besonders auf langen Reisen den Vorzug vor den
Pferden, weil sie Hunger und Durst leichter erdulden, und grössere Lasten $
im Durchschnitt acht Arroben, mit mehr Sicherheit tragen. Man passirt
auch in dieser Gegend keine Fazenda, wo nicht einige gewöhnliche Esel
zur Beschälung gehalten würden, doch wird dieser Zweig der Viehzucht
hier noch mit bei weitem weniger Vorliebe getrieben, als in der Capitanie
von Rio grande do Sul und in Buenos - Ayres, wesshalb wir auch nicht
Gelegenheit hatten, sie genauer zu beobachten und daher die Schilderung
.derselben Reisenden in jenen Ländern überlassen müssen.