Eine neue, jedoch wenig verbürgte Angabe, deren Mittheilung wir dem Hm. Marschall
F elisberto Caldeira Brant P ontes von Bahia verdanken, zählt in Minas Geraes im Jahre
1820: 456,675 Freie, und 105,210 Sclaven, im Ganzen 621,885 Einwohner. Die Co-
marca von Oiro Preto oder Villa Rica besass nach Hm. v. Eschwege (a. a. 0.) im Jahre 1815
72,209 Einwohner, obgleich sie nach einer von ihm angeführten Volksliste im Jahre 1776
schon 78,618, also 6,409 “ ehr, hatte. Mit Recht hält Hr. v.E schwege die Verminderung der
Goldwäschereien, und somit den Nachlass in der Einführung-der Negersclaven für die Ursache
dieser Erscheinung, welche jedoch nicht auf ganz Minas Geraes bezogen werden darf, da gerade
die Comarca de j Oiro Preto die reichste an Goldminen, aber die ärmste an fruchtbaren Ländereien
ist, und daher von vielen Landbauern verlassen wurde. Bei doppelt so grosser Bevölkerung
hat Minas drei und einhalbmal so viel schwarze Sclaven, und neunmal so viel freie Neger,
als S. Paul.
(2) Der erste Entdecker von Minas Geraes scheint SebastiaS T ourinho von Porto Seguro
gewesen zu seyn, welcher im J. 15 73 den Rio Doce hinaufschiffte, und auf dem Jequetin
honha wieder an die Küste zurückkehrte. Ihm folgten, in der Absicht, den von jenem bemerkten
Smaragden und Saphiren (Aquamarinen, grünen Turmalinen und blauen Topasen ?) nachzuspüren;
Ant. Dias Adorno und Marcos d’Azevedo. Genauer und schneller ward aber diese Gegend
durch die Reisen zu Lande bekannt, welche in den letzten Decennien des siebenzehnten
Jahrhunderts von den Paulistas, nicht mehr um Indier als Sclaven wegzuführen, sondern um
Gold zu sammeln, unternommen wurden. Ant.R odriguez von Taubatö durchstreifte ( 1693) den
östlichen Theil der Provinz, Bueno, Miguel d’Almeida ( 1694) und Manoel Garcia ( 1695)
die Gegenden von S. J0S0 d’El Rey, Sahara und Villa Rica. Vielleicht zwanzig Jahre früher
ward der Serro frio von Arzao und Antonio Soares entdeckt. Der Goldreichthum, welchen
diese Abentheurer in ihre Heimath brachten, veranlasste zahlreiche Auswanderungen von einge-
homen Brasilianern, wie von Portugiesen in das neue Eldorado. Das Land bevölkerte sich schnell,
Villa Rica und Mariana wurden im J. 1711, S. Joäo d’El Rey und Sabarä im J. 1712 und Villa
do Principe im J. 1714 zu Villas erklärt. Vom Jahre 1720 an ward Minas eine selbstständige,
von S. Paulo, dem es zugehört hatte, unabhängige Capitanie, und in demselben Jahre erhielt es
einen Oberaufseher der Goldwäschereien. Der erste Generalgouverneur , L0UREN90 d’Almeida ,
fand das Land schon etwas bevölkert und in vier'Comärcas eingetheilt. Im J. 1818 wurde Villa
Rica für Minas , wie Villa Boa für Goyaz und Villa Bella für Matto- Grosso, in den Rang einer
Provinzial - Hauptstadt (Cidade) erhoben. Man vergleiche Corografia brasilica. I. p. 356. und
Southev Hist, of Braz. 1. p. 312.
(3) jHr. v. Eschwege bemerkt (Geognost. Gemälde von Brasilien 1822. S. 15): »Wenn
ich nicht einige Sandsteinköpfe dahin zählen will, so fehlt die Flötzbildung im Innern Brasiliens
ganz; dahingegen spielt eine wichtige Rolle die Bildung der aufgeschwemmten Gebirgsarten, die
theils in fester, theils in loser Substanz nicht sowohl hohe Gebirge überziehen, als Ausfüllung
von Thälern' bewirken. Zu ersteren gehören das für die alte Welt ganz unbekannte Eisenslein-
Conglomerat, für das ich den dort eingeführten Namen Tapanho - acanga beibehalte.« Hierüber
müssen wir bemerken, dass die aus diesem Flötzgebilde vorliegenden, zahlreichen und mannich-
faltigen Fossilien bis zur Evidenz beweisen, dass die Tapanho-acanga ein Eisensteinjlötz sey,
welches der Quadersandsteinformation angehört, und das in der alten Welt jedem Geognosten
bekannt ist. ln dem Regen- und dem Obermainkreise des Königreichs Baiern kommt diese Eisensteinformation
in Meilen langen und breiten Erstreckungen , bald aufUr- bald auf Flötzgebirgen
aufliegend, vor. In der Umgegend von A“ b erg besteht die Hauptflötzmasse theils in grauem
und gelblichem, theils in durch Eisenocker mehr oder weniger rothgefärbtem Thone, in Gelberde,
in knolligen Stücken verhärteten Steinmarkes, in buntem Thone u. s. w., worin unförmliche
, meist knollige Stücke von Thon - und von dichtem und faserigem Brauneisenstein, selten
von Schwarzeisenstein mit Graubraunsteinerz, und am seltensten zwischen Thoneisenstein, Wa-
wellit Vorkommen. Das Hangende ist Quadersandstein, der in verschiedenen Richtungen von
sogenanntem Sandeisenstein durchsetzt wird; das Liegende ist eben dieser Sandstein, gewöhnlich
aber der Jura - oder vielmehr der Muschelkalk, den wir für das letzte Glied der ersteren Formation
halten, Ur-thonschiefer und Kalkstein. Zu Bo den wehr ist ein mächtiges Thonflötz die
Hauptmasse, worin mehr Thon - als Brauneisenstein vorkommt. Am Liegenden, welches hier
wie das Hangende Quadersandstein ist, findet sich theils eingesprengt, theils in nierigen Stücken,
in einer mit Grünerde gemengten Abänderung eines Thoneisensteins, auch Magneteisenstein.
Auf der S c h in d e llo h bei P u lle n'reuth am-östlichen Fusse des Fichtelberges vertritt die
Stelle des Thones nicht selten der sogenannte erdige Talk von graulich rweisser, gelber und rother
Farbe, je nach seiner Verbindung mit Eisenoxyd. Hier kommt in den hohlen Eisennieren auf
dem braunen Glaskopfe graulich - weisser Amethyst, der oft in Chalcedon übergeht, vor; auch
bemerkt man zuweilen grüne Eisenerde auf knolligem Hornstein; Wer erkennt hier nicht die
Identität des Eisensteinflötzes in Baiern mit dem in Brasilien, wenn auch in dem ersteren keine
Topase, kein, Gold und keine Eisenglanzstücke Vorkommen, und die Gelberde, die Knollen des
verhärteten Steinmarkes und der bunte Thon so wie der sogenannte erdige Talk die Stelle des
in Brasilien so häufigen und so vielfach modificirten Steinmarkes vertreten "i Noch mehr gewinnt
die Parallele dieser beiden Bildungen durch die Entdeckung von Wawellit in dem Eisen-
steinflötze bei Villa Rica (v. Eschwege’s Gemälde. S. 31), welche uns durch die mündlichen
Berichte des Hm. Dr. P ohl bestätigt worden ist.
(4) Eben so wenig als die Tapanho-acanga halten wir des Hm. v. Eschwege Eisenglimmerschiefer
für eine selbstständige Gebirgsart. ln Baiern kommt in mehreren Gegenden, z. B. am
F ic h te lb e rg und zu Floss Granit vor, in welchem der Eisenglimmer die Stelle des gemeinen-
Glimmers vertritt, ohne dass irgend ein Geognost ihn für eine eigene Gebirgsart gehalten hätte.
Er bildet Lager und zum Theil auch Stückgebirge, welche dem gewöhnlichen Granite angehören,
und als m demselben untergeordnet zu betrachten sind. Eine gleiche Modification des
Granits tritt auch in Brasilien, und zwar in der Serra do mar der Provinz von S. Paulo (nach
Varnhagens Beobachtungen in Eschwege’s Journal II. S. 241) und in der Capitanie von Bahia
an mehreren Orten hervor.