theil für sie ist, wenn dabei die Landwirtschaft nicht vernachlässigt wird.
Längs dem Wege von S. Gonzalo nach der Villa da Campanha begegnet
man überall den Spuren der Hauptbeschäftigung mit Goldwäschen, besonders
sind die Gräben, - durch welche das nöthige Wasser aus den höchsten Theilen
der Gegend herabgeleitet wird, oft von ausserordentlicher Ausdehnung und
laufen Stunden weit um die Abhänge der Gebirge herum. Die Berge bestehen
auch hier aus Granit, der nicht sèlten in Gneiss übergeht, und dessen Feldspath
vorzüglich stark zu Thon verwittert ist. Oft sieht man daher grosse Strecken
in Letten von weisser oder hellvioleter Farbe ganz aufgelöst, denn die
erstere Farbe hat der Feldspath als der grösste Bestandtheil des hiesigen Gesteins
im Allgemeinen, und die letztere erhält er allmälig durch Verwitterung.
Der Glimmer ist silberfarbig oder grünlich; die Masse des Quarzes
st hiebei verhältnissmässig geringe; hie und da setzen Quarzgänge in den
verschiedensten Richtungen durch das Gebirge, und diese sind dann immer
reich an eingesprengtem Golde. Doch werden sie von den Mineiros nur
da aufgesucht und verfolgt, wo das umgebende Gestein selbst schon verwittert
und so sehr aufgelöst ist, dass es auch ohne eigentlich bergmännische
Bearbeitung die gewünschte Ausbeute giebt.
Die Villa de Campanha oder eigentlich Villa da Princesa da Beira,
welche wir, da sie nur vier Legoas nordwestlich von S. Gonzalo entfernt
auf einem hohen Hügel liegt, frühe am Tage erreichten, ist nach der Villa
de S. Joao d’El Rey der wichtigste und volkreichste Flecken in der Co-
marca do Rio das Mortes. Die Goldminen, welche in der Nachbarschaft
zum Theil erst seit wenigen Jahren eröffnet worden sind, gehören mit
unter die reichsten , welche jetzt im Betriebe stehen, und haben sehr
grosse Wohlhabenheit bei den Einwohnern, unter welchen Wir als Capitäo
mor unseren Landsmann, den Bruder des Hrn. Stockler, Gouverneurs von
den azorischen Inseln, kennen lernten, verbreitet. Man sieht hier mehrere
freundliche Häuser von zwei Stockwerken, die mit Glasfenstern, einer der
kostbarsten Hauseinrichtungen im Innern Brasiliens, versehen sind. Mit diesem
Reichthume und dem Handel schien uns aber auch der Luxus und das Verderb-
niss der Sitten gleichen Schritt zu halten. Als Aerzte hatten wir vorzüglich
Gelegenheit die unglaubliche Verbreitung der Syphilis und ihre unberechenbar
unseligen Folgen auf das physische und moralische Wohl der Einwohner zu
bemerken. Nicht genug , dass die Allgemeinheit der Seuche sehr wesentlich
die Bevölkerung überhaupt verringert, so zerstört auch die schamlose Oeffent-
lichkeit, mit der man von ihr spricht, das sittliche Gefühl, und verletzt vorzüglich
die Rechte .des weiblichen Geschlechtes, dem gar kein Einfluss auf
die Sinnesart der Männer und auf die Begründung glücklicher Ehen gestattet
ist. Dieses traurige Verhältniss, welches die dunkelste Schattenseite im Gemälde
des brasilianischeil Charakters ist, wird noch verschlimmert durch die
Häufigkeit eingeführter Negersclaven und der Concubinen (mulheres da cama),
zu denen sich besonders die Mischlinge beider Ra$en herabwürdigen. (*) Da
die Handarbeit bei der Goldwäscherei lediglich von schwarzen Sclaven verrichtet
w ird, so hat die Verkehrtheit der Weissen auch jede ähnliche, selbst
die des Ackerbaues und der Viehzucht, als entehrend von sich gewiesen;
der Müssiggänger sind daher -so viele, dass man sie mit dem Namen der
Vadios als eigene Raste zu bezeichnen pflegt. Der Reisende sieht also
hier neben dem Glanze des grössten Reichthumes auch alle Bilder des menschlichen
Elendes, der Armuth und Verworfenheit vor sich. Die Einwohner,:
deren Bedürfnisse selbst der reiche und fruchtbare Boden noch unbefriedigt
lässt, stellen deswegen immer unzufriedene Vergleichung ihrer Gegenden
mit den nördlichen Comarken von Minas an und verweisen den Fremden
dorthin als in das wahre Eldorado, wo sich mit dem Genüsse grosser
Reichthümer auch schon europäische Sitte, Bildung und Lebensgenüsse
eingefunden hätten, und wogegen sie weit zurückstehen müssten.
Wir verliessen die Villa de Campanha am andern Morgen, nachdem
wir den uns lästigen Flüchtling, um der Gefahr ihn zu verlieren nicht
nochmals ausgesetzt zu seyn, an den Juiz de Fora abgetreten hatten, der
eben durch einen Bergfall in seinen Minen mehrere Neger eingebüsst
hatte. Die Regenzeit schien von jetzt (dem 14. Februar) an in dieser
Breite fast ganz vorüber zu seyn. Dieses und die Tüchtigkeit unseres wackeren
Führers, eines Paulisten aus Jundiahy, der uns aller Sorge für die Lastthiere,
die Herbeischaffung der Vorräthe und die zweckmässige Verpackung unserer
Kisten entledigte, vermehrte die Anmuth der Reise durch Gegenden, welche
(*) In dieser Hinsicht hört man ziemlich allgemein in Brasilien das Sprichwort: as Brancas
säo para casar, as Mulattas paraf...., as Negras para servir.