Merlera und Corfa südöstlich von uns in grauem Nebel, näher aber den
Gebirgsrücken der Insel Fano und die, Montagne di Cimara auf der Küste
von Albanien, welche sich an die höhere Kette von Pegola anschliessen,
liegen sahen, erhielt sich die Temperatur den ganzen Tag über höher, als
wir sie bisher bemerkt hatten. Der Thermometer zeigte am Mbrgen in der
Luft 9,50° R., im Wasser 10° 5 Mittags in der Luft 11,7 5°; Abends in der Luft
10°; im Wasser 11,75°. Die Nacht , während welcher wir uns im Golf von
Tarento befanden, brachte jedoch von Neuem auffallende Kälte. Der Horizont
umlagerte sich zugleich mit schwarzen Wolken, und häufige Blitze,
denen langnachhallende Donner folgten, zeigten sich fast die ganze Nacht
durch. Das Meer ist im Busen von Tarento oft stürmisch und besonders
für kleine Küstenfahrzeuge sehr gefährlich. In der Nacht vom
25. auf den 26. umsegelten wir Capo Spartivento, das südlichste Vor-
gebirg Italiens, und gingen mit einem frischen Ost-Süd-Ostwind auf Malta
zu. Die Fahrt war so durch den adriatischen Golf glücklich geendigt,
und wir entfernten uns von jenen Ländern, in denen vorzugsweise sich
die alte und neue Geschichte berühren.
Bald erschien der furchtbar erhabene Aetna vor unseren Blicken;
seine beschneiten Gipfel waren in dichte Nebel gehüllt. An der sicilianischen
Küste stand etwas später, im Norden etwa zehn Seemeilen entfernt, das
gepriesene S y ra k u s , die Vaterstadt Theokrits und Archimedes, vor unseren
Augen. W ir unterschieden mit Hülfe der Fernrohre die Mauern und
Thürme auf der Ostseite der Stadt und die Dächer mehrerer Hauptgebäude,
an welchen freilich wenig von der Pracht jenes reichen S y ra k u s , das Cicero
als eine der schönsten Stpdte des Alterthum9 schildert, erhalten zu seyn
schien. Erinnerungen an den freisinnigen Timoleon, an den Tyrannen Dionysius,
an die Grösse und den Glanz, womit sich S y ra k u s , nach der
Besiegung des wetteifernden Agrigents, geschmückt hatte, gehen hier an
dem Geiste des Betrachters vorüber.
Das Meer hat in dieser Breite, wie im Busen von Tarent, eine
schöne hellgrüne Farbe, welche vorzüglich von geringerer Tiefe herrührt.
Da die Beleuchtung der Sonne diese Färbung verändert, so ist es nicht
wohl möglich, die verschiedenen Grade der blauen, grünen und grauen Farbe
durch den Farbenmesser genau zu bestimmen; das Meer zeigt nämlich an demselben
Orte eine viel hellere Farbe, wenn es grell von der Sonne erleuchtet
wird, als wenn der Himmel mit schweren Wolken bedeckt ist. In dieser Gegend
war es auch, wo wir die ersten Spuren einer Phosphorescenz des Meeres
erblickten. Sie war indessen viel matter und zerstreuter, als wir sie
später an den spanischen Küsten, bei Gibraltar und auf dem hohen Ocean
beobachteten, und schien vorzüglich von kleinen infusoriellen Mollusken herzurühren.
Das ungestüme Wetter hatte vielerlei Vögel von der siciliani-
Schen Küste hergetrieben, welche auf der Fregatte auszusuhen kamen. Man
fing mehrere Turteltauben, einen kleinen Sperber, Ziegenmelker, Seeschwalben
und Fliegenschnäpper, sämmtlich Vögel, die dem südeuropäischen
Continente eigen sind, und zum Theil von hier aus ihre jährlichen Wanderungen
über das Meer anstellen. Vermuthlich wird auch aus diesem
Grunde das benachbarte Vorgebirg von Sicilien Capo Passaro genannt.
Der Aberglaube der venezianischen Seeleute sah in den Tauben ein Zeichen
sicherer Fahrt; der Ziegenmelker dagegen wurde von ihnen als
Unglücksvogel verfolgt, und fand kein sicheres Asyl auf den Segelstangen.
Am folgenden Morgen befanden wir uns schon vierzig Seemeilen
westlich von Malta, als plötzlich der Wind sich in N. N. W. festsetzte.
Bald nahm er so an Gewalt zu, dass sich hohe Wellen erhoben und es
unmöglich ward, das Schiff in der Richtung von S. W. zu halten. Die
rollende Bewegung der Fregatte war hiebei so heftig, dass in kurzer Zeit
das Tauwerk der schwankenden Masten locker wurde, alles Bewegliche im
Schiffsraum hin und her fiel, und es gefährlich schien, das Schiff dem heftigen
Wögendrange länger auszusetzen. Da überdies dieser W^ind anzuhalten drohte
und man, belehrt von ähnlichen Erfahrungen in dieser Gegend, durch
Widerhalten nur Verzögerung voraussah, so beschloss der Commandant,
nach Malta zurückzufahren, um dort einen bessern Wind abzuwarten.
Es wurde daher, nachdem uns der Sturm einige Stunden lang sehr heftig hin
und her geworfen hatte, die Richtung verändert, und wir gelangten, von
dem für die Rückfahrt günstigen Wmde getrieben, mit grosser Schnelligkeit
auf die Höhe von Malta, umschifften die kleine und grosse Gozzo, und