Hr. Muller verschaffte uns als Tropeiro einen Paulisten, welche als Führer
der Karavanen ip gutem Rufe stehen. So ausgerüstet verliessen w ir, nachdem
die Lastthiere von der Weide, wohin man sie während unserer
Anwesenheit dahier zur Erholung getrieben hatte, nach S. Paulo zurückgeführt
waren, am Ç). Januar 1818 diese Stadt, die uns durch die herzliche
Offenheit und Gastfreundschaft ihrer Bewohner sehr werth geworden war.
Der Weg nach JKpanema zieht sich über hügeliges, zumTheil angebautes
Land nach S. S. W. Zur Rechten hatten wir den Berg von Jaragiiä,
Besitzthum des Generals da F ranca e H orta in Rio, welcher uns eingeladen
hatte, daselbst einige-Tage zuzubringen, um die Formation und die ehemaligen
, von ihm wieder in Betrieb gesetzten Goldwäschereien zu untersuchen.
Dieser Berg bildet einen der südlichsten Strahlen der Serra de Mantiqueira,
die sich nach einer Ausdehnung von mehr als fünfzig Meilen gegen Norden
in dieser Breite verliert. Die dortigen Goldwäschereien bearbeiten ein eisenschüssiges
Sandstein-Conglomérat, worin das Metall bald in Körnern, bald
in kleinen Schüppchen vorkommt. Man steigt von Jacarehy, einem kleinen
Oertchen, allmälig bergan. Das Land zeigt anmuthig gruppirte Hügel, die
mit engen Thälern abwechseln. Die Erhöhungen sind mit graugrünem, hohem
Grase bewachsen, zwischen denen zerstreut Gebüsche von Myrten,
Melastomen, Rhexien u. s. w. sich erheben ; die frischeren Niederungen dagegen
sind von niedriger Waldung besetzt. In Cutia, einem Kirchspiele
fünf Legoas von S. Paulo, verliessen wir unsern Trupp und eilten voraus,
um Kpanema sobald als möglich zu erreichen. Fast hätten wir Ursache
gehabt, diesen Schritt zu bereuen, indem, wie wir später erfuhren, einige
unserer Leute die Absicht geäussert haben sollen, unsere Koffer zu öffnen
und mit dem Raube zu entwischen. Wir erkannten hierin eine Warnung,
uns in diesem Lande niemals mehr von dem Trupp zu entfernen. Das
Gebiet, durch welches wir hinritten, wurde immer bergiger und häufiger
mit Waldung bedeckt; die Strasse war -zwar breit und durch die vielen,
oft tausend Stück zählenden Heerden von Maulthieren, welche aus der
Provinz von Rio grande do Sul hier durchziehen, ziemlich gebahnt, doch
befanden wir uns einmal plötzlich ausser derselben und verloren uns in
dem Dickicht. Die Stille dieser Waldung, welche nur bisweilen von den
klingenden Tönen der Uraponga unterbrochen wird, macht einen sehr
traurigen Eindruck auf den Verirrten, welcher sich mit jedem Schritte
weiter von seiner Richtung zu entfernen fürchtet. Nachdem wir einige Stunden
lang im Walde umhergeritten waren, stiessen wir endlich auf einem
Nebenwege zu einem freundlichen Mann, der uns mit grosser Bereitwilligkeit
zu der entlegenen Strasse zurückführte. Es war der Pfarrer von
S. Roque, dem Ort unserer heutigen Bestimmung, welcher noch am Abend
sein Landgut besuchte. In der Tracht eines Paulisten, einem weiten Regenmantel
(Ponchy), breiten weissen Filzhut und mit dem Säbel an dér Seite
würde man in anderen Ländern den friedlichen Verkündiger des Evangeliums
nicht vermuthen. . Hier zu Lande ist es jedoch nöthig so zu reisen,
weil man. auf den einsamen Wegen durch die Wälder bisweilen einer Onze,
einer giftigen Schlange, oder wohl auch einem entlaufenen räuberischen
Sclaven begegnet. .,
In 5. Roque, einem unbedeutenden Dörfchen, sorgte der Cabo das
Ordénonças, als die erste Person des Ortes, uns sogleich in einer kleinen
baufälligen Hütte unterzubringen, bewirthete uns mit einem frugalen Mahle,
und wies uns endlich ein von Latten zusammengebundenes Gerüste (Giräo)
zur Lagerstätte an. Die Gebirgsart ist in dieser Gegend ein gelblicher,
grobkörniger Sandstein, der hie und da mit Schichten von Brauneisenstein
abwechselt. Auf der Strasse kommen nicht selten Findlinge von Rotheisenstein
vor. Ueberhaupt ist das ausgebreitete Vorkommen von Eisen, wenn auch
nur in Trümmern, um so auffallender, je weiter man aus der Granit- in die
Sandsteinformation tritt; an Abhängen findet man bisweilen ganz lose octa-
ëdrische Eisensteinkrystalle. Am folgenden Tage hatten wir abermals mehrere
niedrige, jedoch dichte Wälder zu passiren, in welchen wir den kleinen
Atlas ( A . Aurora) und eine neue Käfer- Art von Lamprima mit sehr gebogenen,
nach vornen zweigabeligen Mandibeln erbeuteten. Gegen Abend
traten wir aus der Waldung heraus, und gelangten über hohe, mit einer
üppigen Grasvegetation bedeckte Campos nach der Villa de Sorocaba.
Dieser freundliche Flecken liegt an dem nicht beträchtlichen, westlich davon
in den Tieté fallenden Fluss gleichen Namens, über welchen eine hölzerne
Brücke führt. Man erwartete hier seit längerer Zeit deutsche Arbeiter
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