Opisthorchiasis selbst, wird dieser Faktor für die Ausbreitung des Parasiten weniger maßgeblich
sein als der erste.
3. D ie Mö g l i c h k e i t , d a ß d i e s e F i s c h e v on Me n s c h u n d T i e r i n r o h em
o d e r h a l b r o h em Z u s t a n d e g e n o s s e n we r d e n . In Gebieten, wo der Mensch solche
Fischnahrung meidet, kann Opisthorchis lediglich auf die Tiere beschränkt bleiben, wie
z. B. in Holland und Rumänien. Am größten sind die Infektionsmöglichkeiten naturgemäß
in Gegenden, wo viel F i s c h e r e i betrieben wird, und wo Fische einen wesentlichen Bestandteil
der Nahrung bilden. Hier wird auch Katzen und Hunden reichlich Gelegenheit
geboten sein, Fischabfälle aufzunehmen.
4. D ie Mögl i c h k e i t , d a ß di e E n t l e e r u n g e n d e r 0 p i s t h o r c h i s -lünd-
wi r t e u n d d ami t di e E i e r des P a r a s i t e n in di e v om S c h n e c k e n w i r te b e wo
h n t e n G e w ä s s e r g e l a n g e n . Begünstigend für die Ausbreitung des Parasiten ist
offenbar das enge Beieinander menschlicher Siedelungen und größerer und kleinerer
Wasserarme, wie es gerade in Flußniederungen und Deltagebieten häufig ist. Im Ostpreußischen
Opisthorchis-Herde liegen z. B. die befallenen Dörfer unmittelbar an den
Mündungsarmen des Memeldeltas und sind von einem Netz von Kanälen und Wassergräben
umgeben, die bis an die Häuser heranführen. Die Latrinen der Anwohner sind
hier öfters über den Gräben selbst angelegt, so daß menschliche Fäkalien unmittelbar ins
Wasser gelangen. Von den Tieren kommen wahrscheinlich Hunde eher für die Ausbreitung
der Eier in Frage als Katzen. Während der Hund seinen Kot wahllos absetzt, meidet die
Katze gewöhnlich feuchte Stellen und ha t außerdem die Angewohnheit, ihre Entleerungen
in der Erde zu vergraben, so daß es schwer vorstellbar ist, wie Opisthorchis-Eier der
Katze in Wassergräben gelangen können, es sei denn durch Überschwemmungen.
Gerade in den F l u ß n i e d e r u n g e n und D e l t a g e b i e t e n finden sich gewöhnlich
alle begünstigenden Momente für die Ausbreitung der Opisthorchiasis vereint vor: Reichtum
an Bithynien und Fischen, Fischnahrung der Bevölkerung und Haustiere und enges
Beieinander von Siedelungen und Zwischenwirten. So erklärt sich offenbar die Bevorzugung
solcher Gebiete durch den Parasiten.
VI. Zusammenfassung der Hauptergebnisse.
Der e r s t e Zw i s c h e nw i r t fü r Opisthorchis felineus ist die Wasserschnecke Bi-
thynia leachi S h e p p ., die experimentell bis zu 73%' infiziert werden konnte. 10 andere
Schneckenarten, darunter Bithynia tentaculata, sowie 4 Muschelarten erwiesen sich als
unempfänglich.
Das O p i s t h o r c h i s - F i enthält bei seiner Ablage bereits ein vollentwickeltes M i r a-
c i d i um, dessen Morphologie geschildert wird. Ein Ausschlüpfen in freiem Wasser findet
nicht statt, dagegen wird die Wimperlarve im Darmkanale verschiedener Schneckenarten
frei. Das Opisthörcbis-Miracidium ist an den osmotischen Druck der Körpersäfte von
Schnecken angepaßt, dagegen zu einem freien Dasein im Wasser, in dem es binnen einiger
Minuten abstirbt, überhaupt nicht befähigt.
Die Mu t t e r s p o r o c y s t e n entwickeln sich in der unmittelbaren Nachbarschaft des
Enddarmes von B. leachi, wo sie im Laufe von 25 bis 30 Tagen zu 1,2 bis 1,85 mm langen
Schläuchen heranwachsen. Etwa 1 Monat nach der Infektion beginnen die jungen R e -
d i en auszutreten und nach der Verdauungsdrüse zu wandern. Die Redien sind farblos
und ohne Fuß-Stummel. Ih r Verdauungssystem besteht aus einem kräftigen Pharynx,
einem kleinen Darmblindsack und einer Gruppe einzelliger Drüsen, die in den Pharynx
einmünden.
Die C e r c a r i e n verlassen die Redie in einem unreifen Stadium und vollenden ihre
Entwicklung frei im Gewebe zwischen den Läppchen der Mitteldarmdrüse. Etwa 2 Monate
nach der Infektion beginnen die Cercarien aus der Schnecke auszuschwärmen. Der Austr
itt erfolgt zwischen 6 und 20 Uhr mit einem Maximum von 12 bis 16 Uhr. Die Morphologie
und das Verhalten der freischwimmenden Cercarie werden eingehend geschildert.
Die Cercarie zeigt eine p o s i t i v e P h o t o - u n d G e o t a x i s und sucht, da letztere
die stärkere ist, aktiv die B o d e n z o n e der Gewässer auf. Die S c hwimmb ewe g u n g
erfolgt intermittierend. Auf eine kurze Bewegungsphase, die die Cercarie gewöhnlich
ein kleines Stück über den Boden emporführt, folgt eine Ruhepause, in der die Larve in
charakteristischer Schwebestellung („Tabakspfeifenform“) abwärtssinkt oder vorübergehend
am Boden ruht. Durch künstliche E r s c h ü t t e r u n g e n des W^assers, sowie
plötzlichen Wechsel der Lichtintensität werden am Boden ruhende oder abwärtsschwebende
Cercarien zu raschem Aufwärts wirbeln angeregt. Voraussichtlich lösen Wasser er schütte-
rungen durch Fische, die dicht über dem Boden schwimmen, vielleicht auch Fischschatten,
die gleiche Reaktion aus und bringen die Cercarien in engen Kontakt mit ihrem z w e i t e n
Zwi s c h e n w i r t e . Eine gerichtete Bewegung der Cercarien auf den Fisch zu findet nicht
statt, vielmehr „erwartet“ der Pa ra sit seinen Wirt in der Bodenzone des Wassers, die auch
von nahrungsuchenden Cypriniden bevorzugt wird. Erst die unmittelbare Berührung mit
geeigneten Fisch wirten ändert das Verhalten der Cercarie und veranlaßt diese zum Anheften
und Eindringen. Junge Grün- und Goldschleien (Tinea tinca vulgaris und var. chrysitis)
sowie Goldorfen (Idus melanotus var.orfus) ließen sich experimentell leicht mit Opisthorchis
infizieren, nicht hingegen 6 andere Fischarten, die von den Cercarien von vornherein nicht
befallen wurden. Die Cercarien sind also imstande, eine A u sw a h l unter verschiedenen
Fischarten zu treffen, sei es, daß sie auf Berührung mit richtigen Wirten positiv reagieren
oder daß sie von falschen Wirten abgestoßen werden. Die hierbei maßgeblichen Reize
gehen wahrscheinlich von den Hautsekreten der Fische aus.
Unmittelbar nach der F e s t h e f t u n g an der Fischhaut wird der Cercarienschwanz
abgeworfen. Derselbe Vorgang läßt sich experimentell auch durch dünne Schleimlösungen
(Fischleim richtiger und falscher Wirte, aber auch Traganth) hervorrufen. Bis zum völligen
E in tritt des Cercarienkörpers ins Gewebe verstreichen gewöhnlich nur ca. 15 Minuten.
Die W a n d e r u n g der Larven zum endgültigen Sitz erfolgt im Gewebe, nicht in den
Blutgefäßen und ist im allgemeinen sehr begrenzt. In die Flossen eingedrungene Cercarien
siedeln gewöhnlich innerhalb von 12 bis 24 Stunden nach dem Fischkörper über und
finden sich deshalb in Nähe der Flossenansätze besonders zahlreich. Die Kopf- und
Kiemenregion experimentell infizierter junger Schleien enthält allein die Hälfte sämtlicher
eingedrungener Cercarien, weil hier neben der Perkutaninfektion eine I n v a s i o n von
d e r Mu n d - u n d K i eme n h ö h l e a u s durch mit dem Atemwasser eingesaugte
Cercarien stattfindet. Der endgültige Sitz im Rumpf ist vorwiegend die Muskulatur, im
Kopfe mehr das Bindegewebe.
24 Stunden nach der Infektion ha t die E n c y s t i e r u n g schon begonnen. Aus den
Cystogenzellen der Cercarie werden Stäbchengranula ausgeschieden, die zur Cystenmembran
verschmelzen. Nach 2 bis 3 Tagen sind die Cystogenzellen leer und die Encystierung
vonseiten des Parasiten scheint abgeschlossen zu sein. Nach 3 Tagen ist die Para-
Zoologica, Heft 86. j g