so daß schließlich die Verbindung mit dem Schwänze abgeschnürt wurde. Im Moment der
Ablösung wirbelte der Schwanz gewöhnlich davon und schwamm noch kurze Zeit umher.
Die schwanzlosen Körper führten Bohrbewegungen aus, ganz ähnlich wie beim Eindringen
in das Fischgewebe. In ventralwärts gekrümmter Körperhaltung wurde der Kopfabschnitt
periodisch vorgestoßen und zurückgezogen. Manche Larven hefteten sich mit der Mundpartie
so fest an die Glasunterlage, daß sie ihren Halt auch dann nicht verloren, wenn
der frei abstehende Körper mit einer Nadel hin- und herbewegt wurde. Alle Kontroll-
Cercarien blieben bis zum Ende des Versuches im Besitze ihrer Schwänze und führten die
normale Schwimmbewegung aus.
Auch wenn ich sta tt Brachsenschleim Schleienschleim verwendete, tra t das gleiche
typische Verhalten ein, bestehend in einem Abwerfen des Schwanzes und der Ausführung
von Bohrbewegungen. Ich hoffte zunächst, eine „spezifische“ Reaktion vor mir zu haben,
eine Reaktion, die nur vom Schleime echter Wirte ausgelöst wird, und hierdurch dem
dunklen Problem der Wirtspezifität näherzukommen. Diese Erwartung ha t sich nicht
erfüllt. Eine Lösung von Aalschleim, also von einem falschen Wirte herrührend, hatte
den gleichen Effekt. Ja , sogar eine dünnflüssige Lösung von Traganth, eines pflanzlichen
Schleimes, hatte zur Folge, daß die Cercarien ihre Schwänze abwarfen und zum Teil zu
Bohrbewegungen übergingen. Es scheint also, daß es sich hierbei mehr um physikalische
als chemische Einwirkungen, vielleicht lediglich um einen Effekt der Viskosität des
Mediums handelt. Ich muß infolgedessen die Frage ungeklärt lassen, welche Reize letzten
Endes die Cercarien veranlassen, bei Berührung mit richtigen Wirten plötzlich Halt zu
fassen und einzudringen, bei Kontakt mit falschen Wirten dagegen nicht; ich möchte aber
trotz des bisher fehlenden Beweises vermuten, d a ß e s c h em i s c h e u n d v o n den
H a u t s e k r e t e n des F i s c h e s a u s g e h e n d e Re i z e s ind.
Am Schlüsse des Abschnittes seien noch einige Fragen angedeutet, denen ich bisher
aus Mangel an genügenden Mengen von Cercarien noch nicht nachgehen konnte, die ich
aber künftighin noch zu lösen hoffe. Hinterläßt die Opisthorchis-Invasion der Fische eine
e r w o r b e n e Immu n i t ä t , so daß Fische, die während eines Sommers infiziert worden
sind, in der nächstjährigen Cercarien-Saison nicht mehr befallen werden? Liegen also
ähnliche Verhältnisse vor wie bei der Kiemeninvasion der Fische mit Glochidien, p a ra sitisch
lebenden Muschellarven, die nach R e u l i n g (1919) eine ausgesprochene erworbene
Immunität zurückläßt? Ich habe in meinen bisherigen Versuchen nur mit Jungfischen
gearbeitet; es bleibt also auch noch die Frage der A l t e r s im m u n i t ä t zu prüfen. C i u r e a
meinte aus allgemein-parasitologischen Gründen, daß die Invasion mit Opisthor chiiden-
Larven bei j u n g e n Fischen stattfinde und möchte hiermit den auffallenden Befund
erklären, daß er in den von ihm ausschließlich untersuchten großen Fischen zu allen
Jahreszeiten stets nu r vollentwickelte Metacercarien, niemals aber frisch eingedrungene
Stadien angetroffen hat*). Eine Frage von rein theoretischem Interesse ist es schließlich
noch, ob man Opisthorchis-Larven in Fischen, die normalerweise nicht befallen werden,
künstlich dadurch zur vollen Entwicklung bringen kann, daß man die Cercarien ins Fischgewebe
injiziert, oder ob der „falsche Wirt“ in diesem Falle eine Weiterentwicklung verhindert.
Vielleicht dringen die Cercarien überhaupt nu r in solche Fische ein, in denen die
*) Die S. 46 (Anm.) erwähnte Untersuchung von P l o t n i k o w & S e r t s c h a n i n o w (1932) enthält eine Beobachtung, die
gegen das Vorhandensein einer Alters- als auch einer erworbenen Immunität zu sprechen scheint. Die Verfasser fanden,
daß in Sibirien der Parasitenindex bei den dortigen Fischwirten von Opisthorchis felineus mit dem Lebensalter der Fische
von 1,8% auf 89,3% ansteigt
Erreichung des Metacercarienstadiums möglich ist. Sollte das der Fall sein, dann erschiene
im Rahmen einer teleologischen Betrachtung die von der Cercarie getroffene Auswahl als
Maßnahme, um eine unnütze Vergeudung der Nachkommenschaft zu verhüten.
6. Entwicklung im Fisch,
a) E n c y s t i e r u n g u n d E n tw i c k l u n g z u r M e t a c e r c a r i e .
Während der Wanderung der Cercarie durch das Fischgewebe wird allmählich der
Inhalt der Bohrdrüsen entleert. Bei frisch eingedrungenen Larven nimmt das in den
Drüsen aufgespeicherte Sekret bei Schnittfärbung mit der HEiDENHAiNschen Azanmethode
einen blauen Ton an, aber bereits nach 24 Stunden ist im Innern dieser Zellen nur noch
ein gelblich gefärbtes plasmatisch es Gerüst mit großen Vakuolen übriggeblieben. Vielleicht
ist es der völlige Verbrauch des Bohrdrüsensekretes, der schließlich der Cercarien-Wande-
rung ein Ende setzt und gewissermaßen „das Signal“ zur Encystierung gibt.
E n c y s t i e r u n g : Wenn die Cercarie ihren endgültigen Sitz erreicht hat, kontrahiert
sie sich und nimmt eine ovale Form an, wobei der Kopf etwas nach der Ventralseite zu
gekrümmt ist. Zwischen der Larve und dem umliegenden Gewebe befindet sich ein spaltförmiger
Hohlraum, der mit Gewebsflüssigkeit gefüllt ist. In diesen Spalt wird nun der
Inhalt der Cystogendrüsen entleert. Wenn man 24 Stunden nach der Infektion die lebensfrische
Muskulatur eines Fisches untersucht, erkennt man um die Larve herum bereits ein
sehr dünnes durchsichtiges Häutchen, die erste Anlage der Cystenwand. Die Cystogen-
zellen enthalten noch zahlreiche Stäbchengranula, sind aber nicht mehr so dicht damit
ausgefüllt wie bei der freischwimmenden oder der im Gewebe wandernden Cercarie, ein
Zeichen, daß bereits ein Teil nach außen entleert sein muß. In der Tat erkennt man in
diesem Stadium zahlreiche winzige Stäbchen in der Form und Größe der intrazellulären
Granula frei zwischen der Haut der Cercarie und dem Cystenhäutchen. Die Ausscheidung
der Cystogensubstanz ist also offenbar gerade in vollem Gange. Währenddessen füh rt die
Larve beständig rotierende Bewegungen in ihrer Höhlung aus. Hierdurch werden die
ausgetretenen Cystogenstäbchen gleichmäßig um die Larve herum verteilt und verschmelzen
schließlich zur Cystenmembran. 2—3 Tage nach der Infektion ist die Cercarie bereits
zu einer festen, regelmäßig ovalen Hülle von homogener Beschaffenheit und 1,5—2|/. Dicke
umgeben. Cystogengranula sind jetzt nicht mehr erkennbar, weder innerhalb noch außerhalb
der Larve. Die Cystenbildung scheint also abgeschlossen zu sein; allerdings nimmt die
Dicke der Cystenwand späterhin noch etwas zu.
Die Sekretion der Cystogensubstanz läßt sich auch histologisch verfolgen, wenn man
Gewebsschnitte verschiedener Stadien nach der HEiDENHAiNschen Azanmethode behandelt.
Das Anilinblau färbt die Cystogengranula wie auch die fertige Cystenwand intensiv blau.
Solange die Cercarie noch im Gewebe wandert, nimmt der ganze In h a lt der Cystogenzellen
eine gleichmäßige dunkelblaue Farbe an, ohne daß bei der dichten Füllung der Zelle einzelne
Granula erkennbar sind. 24 Stunden nach der Infektion färbt sich der Drüseninhalt
infolge begonnener Entleerung nur noch fleckweise hellblau und läßt einzelne Granula
erkennen. Nach drei Tagen schließlich ist das Zellplasma ganz hell geworden und frei
von blauen Einschlüssen. Das Bohrdrüsensekret dürfte an der Cystenbildung kaum beteiligt
sein, da es wie schon gesagt, vorher entleert wird.
R e a k t i o n de s Wi r t s g ewe b e s : Das Gewebe, in dem sich die Cercarie niedergelassen
hat, zeigt n a c h 24 S t u n d e n auf Schnittbildern noch keine sichtbare Reaktion.