Cicadinengruppen (z. B. die Cixiiden) am klarsten verkörpern. Die orthognathe Stellung
des Kopfs, die nur durch die Achsenneigung des Prothorax zur leicht hypognathen H a ltung
wird (s. unten), die typische Ausbildung der Laminae mandibulares und der in ihrem
verwickelten Bau stark an die Cieadinen anklingenden mandibularen Artikulationshebel,
der gerade Verlauf der 4gliedrigen, mit wohldifferenzierter Eigenmuskulatur versehenen
Steehhorstenscheide und die Tatsache, daß wenigstens e in Stechborstenretralctor, der m.
retr. max2, vom Kopfdach ausgeht, sind Merkmale, die an die relativ ursprünglichen Verhältnisse
hei den Zikaden (z. T. auch den Aphidinen) anklingen und sich sehr deutlich von
den abgeleiteten Bauverhältnissen der Psyllinen unterscheiden. An wichtigen Besonderheiten
zeigen die Aleurodinen zunächst den völligen Schwund der Frons als ahgegrenztes
Sklerit (im Zusammenhang damit Schwund des Frontalocellus) und damit die Vereinigung
von Vertex, Frons und Clypeus zu e i nem Sklerithand, den vollkommenen Anschluß
der Frontalseite des Vorderkopfs an das Epicranium, den wir ohne Zweifel als eine
sekundäre Erwerbung ansehen müssen. Außerdem ist, neben den Einzelheiten der Artikulation
und Muskelversorgung der Stechhorsten, die in Textabbildung 3 vergleichend dargestellt
sind, und den eigenartigen, Stark von den Cieadinen und nicht wenig von den P syllinen
abweichenden Bau- und Funktionsverhältnissen der Speichelpumpe (S. 8), als Besonderheit
die Umbildung der larvalen Crumena zu dem demLabium der Imago zukommenden,
mit Protraktoren versehenen innenskelettalen Stab zu nennen. In dieser Hinsicht ijggdie
Imago stärker abgeleitet als die Larve, während beide in den meisten Punkten des Kopfbaus
sich wenig unterscheiden und in manchen Merkmalen (Hypognäthie, kurze Stechborsten
scheide) die L arve stärker sekundär verändert ist als die Imago. Wenn sie. gerade in diesen
Punkten an die Psyllinen- und Coceidenlarve erinnert, so halte ich das fü r eine auf der
gleichartigen Ernährungsweise beruhende Konvergenzerseheinung. Mit den Aphidinen hat
die Aleurodinenimago zwar den einen oder anderen besonderen Zug gemein, z.B. das Fehlen
einer Grenznaht zwischen Frons und Vertex, im übrigen aber stimmen beide weniger überein
als die Aleurodinen und Cieadinen. Besonders deutlich zeigt sich das in den Punkten, wo
die Aphididen ein abgeleitetes Verhalten zeigen, z.B. im Bau der Mundknöpfe. In dieser H insicht
sind allerdings die Aphididen stärker abgeleitet als andere Aphidinengruppen, wie etwa
die Phylloxeriden, deren Mundknöpfe einfach und denen der Psyllinen und Aleurodinen
ähnlicher sind.
B. Der Thorax.
Der Aleurodinenthorax zeigt zwar manche Züge, die von anderen Homopterengruppen
her bekannt sind, ist aber im Ganzen doch in viel höherem Grad ein Gebilde eigener Art als
das beim Kopf der Fall ist, der zwar bestimmte Besonderheiten aufweist, aber insgesamt
doch dem Typus des Hemipterenkopfes so sehr angenähert ist, daß wir oben hinsichtlich seiner
Funktion und vieler Einzelheiten seines Baus auf das bereits Bekannte verweisen konnten.
Gerade wegen der Eigenart des Aleurodinenthorax machen sich die weiten Lücken, die
die Literatur über den Hemipterenthorax zeigt und die im wesentlichen die gleichen sind,
auf die ich schon 1929 hinwies*), höchst unangenehm bemerkbar. Eine Verbreiterung der
*) Hinzugekommen sind die Arbeiten von Marchal und de Fluiter über die Blutlaus, die sich aber au! das Skelett beschränken;
ferner die Angaben, die ich in meiner Hemipterenbiologie besonders über die Coccidenmännchen machte, und
Vergleichsgrundlage durch eingehende Untersuchung- des Thorax der verschiedenen Cicadinengruppen
und der Coccidenmännchen würde wahrscheinlich noch manche der im folgenden
aufsteigenden Fragen der Lösung zuführen können.
Eigenartig ist an den Aleurodinen schon die S t e l l u n g d e r L ä n g s a c h s e n d e r 3
T h o r a x s e gm e n t e zueinander. Die Achsen des Meso- und Metathorax (Pterothorax) bilden
zwar, wie das die Regel ist, e in e Gerade, die Achse des Prothorax ist dagegen so nach
vorn geneigt, daß sie gegen die beiden anderen fast im rechten Winkel geknickt erscheint
(Tafelabb. 6). Auf dieser Knickung beruht auch die schon erwähnte hypognathe Haltung des
Kopfes, denn dieser ha t im Verhältnis zum Prothorax durchaus orthognathe Stellung. Die
Ursache für dieses eigentümliche Verhalten haben wir ohne Frage in der postembryonalen
Entwicklung zu suchen. Innerhalb der Hülle des letzten Larvenstadiums nimmt nämlich
die werdende Imago, den beengten Raum Verhältnissen sich anpassend, eine Haltung ein, bei
der der Kopf stark nach der Ventralseite umgebogen und der dorsale Teil des Prothorax
über den Kopf weg gegen den Rand der Larvenhülle gedrückt wird, den er beim Schlüpfen
absprengt (W eber 1 9 3 1 ,1934). Werden dann beim Schlüpfen die Membranen des vorderen
Thoraxabschnitts, die zuvor in Falten lagen, durch Blutdruck gedehnt, so ergibt sich die aus
Tafelabbildung 6 ersichtliche Stellung des Prothorax und des Kopfes.
I. Die Halsregion. (Tafelabb. 6).
Die Halshaut, die sich dorsal und lateral an die Postoccipitalleiste, ventral an die Ränder
des Hypopharynx, die Laminae maxillares und die Basen der hinteren Tentoriumarme
(Doppellinie in Tafelabb. 2 b), im Ganzen also an das Hinterhauptsloch anschließt, ist dessen
Form entsprechend ein Schlauch, der zunächst eng ist und die Grenze zwischen
Kopf und Thorax als Einschnürung deutlich erkennen läßt, sich aber ziemlich rasch erweite
rt und so zum Prothorax überleitet. Auf der V entralseite ist in die H alshaut die Stechborstenscheide
eingegliedert, die das umgewandelte Extremitätenpaar des Labialsegments d arstellt.
Es zeigt sich also deutlich, daß dieses Segment am Aufbau der H alshaut stark beteiligt
ist (dasselbe wurde für die Dorsalseite schon oben gezeigt). Als einzige Sklerite liegen in der
Halshaut links und rechts unmittelbar neben der Wurzel der Stechborstenscheide ein Paar
von gebogenen Spangen (Cerv), die zu den Pleuralgelenkköpfen der Vorderbeine emporziehen.
Es handelt sich hier nicht, wie man bei oberflächlicher Betrachtung denken könnte, um
die Trochantini der Vorderbeine, sondern um L a t e r o c e r v i c a l i a , d. h. um Reste des
Labialsternums (s. Muskulatur).
II. Der Prothorax.
Der Prothorax ist bei weitem das kleinste der drei Brustsegmente, sowohl was die Höhe
und den Querdurchmesser als was die Länge betrifft. Sein Skelett zeigt eine Neigung zur
„Skleritdegeneration“ (Sn o d g r a s s , s. W e b er 1933, S. 189) neben einer Tendenz zur Verschmelzung
von Skleriten.
1. Das Pronotum(Ni) bildet ein quer über den Rücken laufendes Band, das vorn eine
niedere I n n e n l e i s t e (NL) trägt, hinten aber allmählich in die Membran übergeht, die
zum Mesothorax überleitet. Die Fläche des Notums ist konvex und bildet besonders an den
endlich die Arbeit von Malouf über die Baumwanze Nezara viridula, in der auch die Muskulatur und Mechanik des Thorax
ausführlich Berücksichtigung findet.